Im Anfange des Jahres 1739 aber schloss Österreich mit Frankreich einen Traktat, demzufolge die von Friedrich Wilhelm in Anspruch genommenen und ihm durch die früheren Verträge zugesicherten Rechte auf Jülich und Berg auf den damaligen Prinzen von Pfalz-Sulzbach übergehen sollten. Der Antrag zu diesem Traktate war von Österreich ausgegangen und es wurde ausdrücklich die Garantie desselben von Seiten Frankreichs gegen Preußen ausbedungen.
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Elftes Kapitel – Der Aufenthalt in Rheinsberg
Elftes Kapitel – Der Aufenthalt in Rheinsberg
In der schweren Krankheit des Königs, welche auf die Rhein-Kampagne vom Jahr 1734 gefolgt war, rief Friedrich einst mit Tränen in den Augen aus: „Ich möchte gern einen Arm hingeben, um das Leben des Königs um zwanzig Jahre zu verlängern, wollte auch er nur mich nach meiner Neigung leben lassen!“ Es bedurfte des Opfers nicht, um endlich eine anmutigere Gestaltung seines Lebens zu erreichen. Der König gewährte ihm fortan vollkommene Freiheit, und es folgte bis zu Friedrichs Thronbesteigung eine Reihe so glückselig heiterer Jahre, wie solche sein späteres Leben, welches viel mehr dem Wohle seines Volkes, als dem eigenen gewidmet war, nicht wieder gesehen hat.
Rheinsberg, jene anmutige Besitzung in der Nähe von Ruppin, mit welcher der Kronprinz nach seiner Vermählung beschenkt worden war, bildete nun den Mittelpunkt seiner Freuden. Hier wurde seine Hofhaltung, fürstlich, aber ohne übertriebenen Glanz, eingerichtet; hier sammelten sich um ihn die Männer, die ihm vor allen wert waren; hier widmete er die Tage, die nicht durch Dienstgeschäfte in Anspruch genommen wurden, dem ungestörten Genuss der Wissenschaften und Künste. Das Verhältnis zu seiner Gemahlin hatte sich auf eine sehr erfreuliche Weise gestaltet; ihr Äußeres hatte die zarteste Anmut gewonnen, ihre Schüchternheit hatte sich zur reinsten weiblichen Milde entfaltet, ihre vollkommene Hingebung an den Gemahl erwarb ihr von dessen Seite eine herzliche Zuneigung; ohne im Mindesten danach zu streben, war sie in dieser glücklichen Zeit selbst nicht ohne Einfluss auf seine Entschließungen. Leider nur war die Ehe durch keine Kinder beglückt.
Friedrich – 1736
Unter Friedrichs Freunden sind vornehmlich anzuführen: Baron Keyserling, ein heiterer, lebensfroher Mensch, der ihm schon in früherer Zeit vom Könige zum Gesellschafter gegeben war und mit dem sich jetzt das innigste Verhältnis entwickelte; Knobelsdorff, dem Kronprinzen seit der Zeit des Küstriner Aufenthalts wert, damals Hauptmann, jetzt aber dem militärischen Treiben abgetan und nur den bildenden Künsten, namentlich der Architektur, lebend, für die er ein hochachtbares Talent auszubilden wusste; Jordan, früher Prediger, jetzt mit dem Studium der schönen Wissenschaften beschäftigt und durch gesellige Talente ausgezeichnet, u. a. m.
Hofmaler Antoine Pesne
Sodann eine Reihe ehrenwerter Offiziere, älterer und jüngerer; Künstler, unter denen besonders der Hofmaler Pesne von höherer Bedeutung ist; Musiker, wie z. B. der bekannte Kapellmeister Graun; und manche Andere, die nur vorübergehend in Rheinsberg einsprachen. Mit entfernten Freunden endlich wurde das Band durch einen eifrig fortgesetzten Briefwechsel festgehalten.
Jacob Friedrich Freiherr von Bielfeld – 1717 – 1770
In den Briefen eines Zeitgenossen, des Baron Bielfeld, der im letzten Jahre ebenfalls unter die Zahl der Rheinsberger Freunde aufgenommen wurde, ist uns das anschaulichste Bild von Rheinsberg, von der Anmut des Ortes, von der Heiterkeit des dortigen Lebens aufbehalten. Wir können die Schilderung desselben nicht besser wiedergeben, als indem wir seine eigenen Worte benutzen:
„Die Lage des Schlosses (so schreibt Bielfeld im Oktober 1739) ist schön. Ein großer See bespült fast seine Mauern, und jenseits desselben zieht sich amphitheatralisch ein schöner Wald von Eichen und Buchen hin. Das ehemalige Schloss bestand nur aus dem Hauptgebäude mit einem Flügel, an dessen Ende sich ein alter Turm befand.
Dies Gebäude und seine Lage waren geeignet, das Genie und den Geschmack des Kronprinzen und das Talent Knobelsdorffs zu zeigen, welcher Aufseher über die Bauten ist. (Die erste Anlage des Umbaus war indes nicht Knobelsdorffs Werk.) Das Hauptgebäude wurde ausgebessert und durch Bogenfenster, Statuen und allerhand Verzierungen verschönert. Man baute von der anderen Seite ebenfalls einen Flügel mit einem Turme und vereinigte diese beiden Türme durch eine doppelte Säulenreihe, mit Vasen und Gruppen geschmückt. Durch diese Einrichtung gewann das Ganze die Gestalt eines Vierecks. Am Eingange ist eine Brücke, mit Statuen besetzt, die als Laternenträger dienen. In den Hof gelangt man durch ein schönes Portal, über welches Knobelsdorff die Worte: „Friderico tranquillitatem colenti“ gesetzt hat. – Das Innere des Schlosses ist höchst prächtig und geschmackvoll. Überall sieht man vergoldete Bildhauerarbeit, doch ohne Überladung, vereint mit richtigem Urteil. Der Prinz liebt blos bescheidene Farben, deshalb sind Nobel und Vorhänge hellviolet, himmelblau, hellgrün und fleischfarben, mit Silber eingefasst. Ein Saal, welcher der Hauptschmuck des Schlosses sein wird, ist noch nicht fertig; er soll mit Marmor bekleidet und mit großen Spiegeln und Goldbronze verziert werden. Der berühmte Pesne arbeitet am Plafond-Gemälde, das den Aufgang der Sonne vorstellt. Auf einer Seite sieht man die Nacht, in dichte Schleier gehüllt, von ihren traurigen Vögeln und den Horen begleitet. Sie scheint sich zu entfernen, um der Morgenröte Platz zu machen, an deren Seite der Morgenstern in der Gestalt der Venus erscheint. Man sieht die weißen Pferde des Sonnenwagens und den Apoll, der die ersten Strahlen sendet. Ich halte dies Bild für symbolisch und auf einen Zeitpunkt deutend, der vielleicht nicht mehr fern ist. – Die Gärten in Rheinsberg haben ihre Vollendung noch nicht erreicht, denn sie sind erst seit zwei Jahren angelegt. Der Plan ist großartig, die Ausführung aber wird von der Zeit abhängen. Die Hauptallee schließt mit einem Obelisken in ägyptischem Geschmacke, mit Hieroglyphen. Überall sind Baumgruppen, Lauben und schattige Sitze. Zwei Lustschiffe, die der Prinz erbauen ließ, schwimmen auf dem See und bringen den Wanderer, welcher die Wasserfahrt liebt, an das Waldufer.“
Hierauf geht der Verfasser zur Schilderung der hervorragendsten Personen über, welche die Gesellschaft von Rheinsberg ausmachten und von denen ein jeder, durch das Festhalten seiner charakteristischen Eigentümlichkeit, wesentlich zu der Lebendigkeit und Unbefangenheit des Verkehres beitrug. Dann fährt er fort:
„Alle, die auf dem Schlosse wohnen, genießen die ungezwungenste Freiheit. Sie sehen den Kronprinzen und dessen Gemahlin nur bei der Tafel, beim Spiel, auf dem Ball, im Konzert oder bei anderen Festen, an denen sie teilnehmen können. Jeder denkt, liest, zeichnet, schreibt, spielt ein Instrument, ergötzt oder beschäftigt sich in seinem Zimmer bis zur Tafel. Dann kleidet man sich sauber, doch ohne Pracht und Verschwendung an und begibt sich in den Speisesaal. Alle Beschäftigungen und Vergnügungen des Kronprinzen Verraten den Mann von Geist. Sein Gespräch bei der Tafel ist unvergleichlich; er spricht viel und gut. Es scheint, als wäre ihm kein Gegenstand fremd oder zu hoch; über jeden findet er eine Menge neuer und richtiger Bemerkungen. Sein Witz gleicht dem nie verlöschenden Feuer der Vesta. Er duldet den Widerspruch und versteht die Kunst, die guten Einfälle Anderer zu Tage zu fördern, indem er die Gelegenheit, ein sinniges Wort anzubringen, herbeiführt. Er scherzt und neckt zuweilen, doch ohne Bitterkeit und ohne eine witzige Erwiderung übel aufzunehmen.“
„Die Bibliothek des Prinzen ist allerliebst; sie ist in einem der Türme, die ich erwähnte, aufgestellt und hat die Aussicht auf den See und Garten. Sie enthält eine nicht zahlreiche, aber wohlgewählte Sammlung der besten französischen Bücher in Glasschränken, die mit Gold und Schnitzwerk verziert sind. Volatiles lebensgroßes Bild ist darin aufgehängt. Er ist der Liebling des Kronprinzen, der überhaupt alle guten französischen Dichter und Prosaiker hoch hält.“
„Nach