Ohne eigene Neigung zur Jagd, berichtete er von dem Wildstande, den er in den verschiedenen Gegenden vorgefunden, von den seltenen Tieren, die er bemerkt, von der Anzahl Sauen, die er selbst erlegt habe, usw. Auch ließ er, gewiss nicht ohne Absicht, in seinen Briefen manche Bemerkungen über soldatische Angelegenheiten einfließen, denn immer noch entbehrte er des höchsten Beweises der väterlichen Verzeihung, der militärischen Uniform. Endlich fehlte es auch nicht an erfahrenen Freundesstimmen, die durch klugen Rat dahin einwirkten, dass der Kronprinz sein persönliches Betragen in der Gesellschaft, namentlich in seinem Verhältnis zum Könige, immer mehr dem Wunsche und der Neigung des Letzteren gemäß einrichtete. Unter diesen Ratgebern ist besonders Grumbkow, in dieser Beziehung nur ehrenvoll, zu erwähnen.
In Berlin, in der königlichen Familie selbst, hatten unterdessen die Verhältnisse ebenfalls eine Gestalt gewonnen, welche Beruhigung nach so vielen Kümmernissen erwarten ließ. Die Prinzessin Wilhelmine hatte sich, obgleich die Mutter noch immer, wenigstens in Bezug auf sie, die Verbindung mit England unterhielt, endlich entschlossen, einem der Prinzen, welche ihr vom Vater vorgeschlagen wurden, ihre Hand zu geben.
Markgraf Friedrich, Erbprinz von Bayreuth
Unter drei Freiwerbern wählte sie, weil ihr die beiden anderen bekannt und widerwärtig waren, den einen, den sie nicht kannte, den Erbprinzen von Bayreuth, und sie hatte sich in Wahrheit über das Los, welches sie gezogen, nicht zu beklagen. Am 1. Juni war die Verlobung geschehen; die Vermählung erfolgte am 20. November desselben Jahres. Es ist zu bemerken, dass am Tage der Verlobung und am Tage der Vermählung, beide Male aber zu spät, ein englischer Kurier in Berlin angekommen war, der dem Könige sehr annehmliche Anträge über eine Verbindung der Prinzessin Wilhelmine mit einem englischen Prinzen gebracht hatte. Dass der Kurier beide Male zu spät kam, ließ indes an der Aufrichtigkeit Englands zweifeln.
Der König hatte seiner Tochter zum Dank für ihr Eingehen in seine Wünsche versprochen, dass die gänzliche Befreiung des Kronprinzen unmittelbar nach ihrer Hochzeit stattfinden solle. Der vierte Tag der Hochzeitsfeierlichkeiten wurde von dem König durch einen großen Ball in den Prunkzimmern des Schlosses gefeiert, und es wurde eben ein Menuett getanzt, als der Kronprinz eintrat. Nicht bloß sein Benehmen, auch seine körperliche Erscheinung hatte sich in der langen Zeit seiner Abwesenheit geändert; er war größer und stärker geworden; in dem schlichten hechtgrauen Kleide, welches er auch jetzt noch trug, mischte er sich unbemerkt unter die Hofbedienten, die in der Nähe der Tür standen. Niemand außer dem König wusste um seine Anwesenheit; es währte geraume Zeit, ehe er erkannt wurde. Endlich ward die Königin, die beim Spiele saß, durch die Oberhofmeisterin von seiner Anwesenheit benachrichtigt; sie legte die Karten weg, ging ihm entgegen und schloss ihn in ihre Arme. Die Prinzessin Wilhelmine war außer sich vor Freude, als sie durch Grumbkow, mit dem sie gerade im Tanze begriffen war, die Ankunft des Bruders vernahm; aber auch sie suchte lange mit den Augen, ehe sie ihn erkannte. Nachdem sie ihn mit der innigsten Zärtlichkeit bewillkommnet, warf sie sich dem Vater zu Füßen und drückte diesem die Gefühle ihrer Dankbarkeit so lebhaft aus, dass er den Tränen nicht zu widerstehen vermochte. Auffallend gegen solche Zärtlichkeit war das kühle Betragen des Bruders, so dass er selbst einer vorübergehenden Missbilligung von Seiten des Königs nicht entging. Der Grund dieses Betragens lag einesteils wohl darin, dass Friedrich eben aus Rücksicht auf den Vater den Entschluss gefasst haben mochte, die Vertraulichkeit mit der Schwester, die früher zu so vielen Anschuldigungen Anlass gegeben hatte, öffentlich nicht mehr in gleichem Maße fortzusetzen; sodann aber war er in der Tat inzwischen ein Anderer geworden, und seine Gedanken waren nicht mehr, wie in den früheren Zusammenkünften mit der Schwester allein auf Spiele und Scherze gerichtet. Die Prinzessin empfand die Entfremdung mit Kümmernis, doch kehrte die alte Innigkeit zwischen Beiden bald zurück.
Einige Tage darauf erbaten die sämtlichen höheren Offiziere, die in Berlin anwesend waren, unter Anführung des Fürsten von Dessau, die Wiederaufnahme des Kronprinzen in den Militärdienst. Am 30. November erhielt er die Uniform eines Infanterie-Regimentes, zu dessen künftigem Befehlshaber er ernannt wurde. Für den Winter indes musste er die Uniform noch einmal mit seinem bürgerlichen Kleide vertauschen und in den Kreis seiner bisherigen Tätigkeit nach Küstrin zurückkehren. Mit erneutem Eifer und zur stets wachsenden Zufriedenheit des Vaters ging er hier auf die ihm übertragenen Beschäftigungen ein. Die Inspektionsreisen wurden ausgedehnter; vornehmlich waren es jetzt die in jener Gegend vorhandenen Glashütten und deren Betrieb, was ihm Gelegenheit zur Bereicherung seiner Kenntnisse darbot. Er benutzte dies sorgfältig und wusste den Ertrag, den die Glashütten brachten, ungleich vorteilhafter als bisher zu gestalten. Er entwarf auch einen Plan, wie diese Verbesserungen in der Verwaltung der Glashütten auf den sämtlichen Domänen des Landes durchzuführen seien, und der König, dem jede Vermehrung des Einkommens sehr genehm war, befahl, dass nach dem Plane des Kronprinzen in allen Provinzen verfahren werden solle. Aber auch jetzt wurden die militärischen Angelegenheiten nicht versäumt; als besondere Gnade bat sich Friedrich vom Könige, das Exerzier-Reglement aus und suchte sich durch eifriges Studium desselben auch für den kriegerischen Dienst geschickt zu machen. Nachdem ein Fieber, welches ihn gegen das Ende des Januar 1732 befiel, dem Könige noch besondere Gelegenheit gegeben hatte, durch sorgfältige Anordnungen für die Gesundheit des Sohnes seine zurückgekehrte väterliche Liebe zu bezeugen, wurde dieser endlich im Februar nach Berlin zurückgerufen, zum Obersten und Befehlshaber des von der Goltzischen Regimentes ernannt, und ihm die Stadt Ruppin zu seinem Standquartiere angewiesen. Als Friedrich in Küstrin von dem Präsidenten von Münchow Abschied nahm und dieser ihn bei der letzten vertraulichen Unterredung fragte, was wohl dereinst, nach seiner Thronbesteigung, diejenigen von ihm zu erwarten haben würden, die sich in der Zeit des Zwiespaltes mit dem Könige feindselig gegen ihn benommen hatten, erwiderte er: „Ich werde feurige Kohlen auf ihr Haupt sammeln!“
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Neuntes Kapitel – Die Vermählung
Neuntes Kapitel – Die Vermählung
Der Friede zwischen dem Könige und seinem Sohne war nunmehr geschlossen. Aber ebenso wie der Kronprinz war auch der Vater bemüht, die Gelegenheiten zu neuem Bruche zu vermeiden. Und weil er wohl erkannt hatte, dass die Natur dem Charakter seines Sohnes eine andere Richtung als dem seinigen gegeben hatte und dass es unmöglich sein würde, ihn ganz zu seinem Ebenbilde umzugestalten, so hielt er fortan eine Trennung des gewöhnlichen Aufenthaltes, wie solche schon im verflossenen Jahre so vorteilhaft gewirkt hatte, für notwendig. Dies war der Grund, weshalb dem Kronprinzen das neun Meilen entfernte Ruppin zum künftigen Wohnorte angewiesen war. Hier musste ihm natürlich eine größere Freiheit in seinem Tun und Treiben gestattet sein, vorausgesetzt, dass er im Übrigen die Anordnung seines Vaters, namentlich seine Ausbildung für den Soldatendienst, die ihm jetzt als wichtigste Pflicht oblag, befolgte. Diese weise Maßregel bewährte sich in solchem Maß, dass von jetzt an das Vertrauen zwischen Sohn und Vater nur im Zunehmen begriffen blieb, und dass augenblickliche Missverhältnisse, die allerdings bei so verschiedenen Charakteren und bei der feststehenden Geistesrichtung des Königs nicht ganz ausbleiben konnten, doch ohne weitere Folgen vorübergingen. Zunächst hatte freilich der Sohn, um seine vollkommene Unterwerfung unter den Willen des Vaters zu bezeugen, noch einen sehr schmerzlichen Kampf zu bestehen. Um einen der wichtigsten Anlässe zu weiterer Misshelligkeit zu beseitigen, dachte der Vater sehr ernstlich auf die Verheiratung des Kronprinzen. Schon während sich der Letztere in Küstrin aufhielt, waren die ersten Einleitungen dazu getroffen. Die österreichische Partei, die den König noch immer ausschließlich beherrschte und die mit aller Macht den noch immer nicht ganz besiegten englischen Einflüssen entgegen zu arbeiten suchte, wusste es dahin zu bringen, dass eine Nichte der Kaiserin, Elisabeth Christine, eine Prinzessin von Braunschweig-Bevern, in Vorschlag gebracht wurde. Friedrich Wilhelm ging hierauf umso freudiger ein, als ihm der Vater der Prinzessin