hebt sich auf
sie stirbt an überdehnung ins unendliche
man nimmt ihr und ihm
damit die sammelnde kraft
die epizentrischen punkte
werden gezwungen
zu wählen zwischen
sich selbst als mitte
oder in einem herrenlosen spiel
in dezentrierten ereignisströmen zu leben
letzteres wird zeitgenössisch
alles sorgt sich um sich:
individuen statt familien
organisationen
wirtschaftsunternehmen
alles heilige egoisten
ihre askese ist selbstbezug
eine vergleichgültigung des raumes
die anhäufung selbstbezüglicher
exzentrischer punkte
mitsamt ihrer umwelten
in mittelpunktlosen strukturen
das wird sloterdijk
schäume
nennen
man wird sehen
wie menschliche immunität
in der zweiten ökomene
- dem integral aller isoliertheiten-
gewonnen werden kann
Einleitung: Geometrie im Ungeheuren: metaphysischen Globalisierung
Das Zeitalter (ab dem 4./3. Jhdt. v.Ch.) der Metaphysik (Was sind die letzten Ursachen und Prinzipien der Welt?) d.h. die Suche nach der einen Antwort auf die eine Frage, dem „Einen“, archimedischen Punkt der alles hält, er- und umfasst, löst ein Zeitalter der Geschichten der Werdenszappelei zu Gunsten der Wesensruhe ab.
Sterbliche entspannt euch: Nicht Vieles sondern ein Rundes ist Alles. Rund der Himmel Rund die Erde. Man könnte ergänzen: Rund war auch Eure erste Herberge.
Wir erinnern uns: in den Philosophengarten sollten nur Geometer und Liebesaffären-bereite eintreten. Für das Größte und Beste waren nur diese Talente gut genug. Im Garten selber ging es nun um Seminare zu Konstruktions-, Bau- und Tragekunst der „Kugel im Ungeheuren“. Hier zu denken wurde Olympische Disziplin. Schon früh übte man sich darin, das dass wenige für viele taten: Eine nur durch eine Schule definierte Last, auf unbefragte Schultern zu legen. Eine Idee so in Szene zu setzen das sie wie eine Epidemie durch Europa wandert. „Die Eroberung der Welt als Bild“ wird Heidegger das später umschreiben. Wer konnte das wagen?
Im Globus besitzen Macht und Geist ihr gemeinsames Zeichen. Die mathematische Globalisierung geht der terrestrischen um zweieinhalbtausend Jahre voraus.
Die Kugel erweist sich als die dynamische, wahre Ikone des Seienden: denn indem sie den Betrachter informiert und umgreift, beginnt sie als wirkende Idee in ihm zu leben.
Sie bringt das menschliche Auge in die exzentrische Position die scheinbar nur einem abgetrennten Gott eigen sein könnte. Folglich vergöttlicht sie den menschlichen Intellekt, der die Regel der Kugelerzeugung erfasst hat. Dies leitet den Übergang von der sinnlichen Anschauung zum intellektualen Vorstellen ein und vollendet ihn.
I. Der Atlas
Diejenigen die den Sterblichen ihre schicksalhafte Definition „aufzwangen“: kugel-schaffende und kugelbewohnende Tiere zu sein. Mit diesem Herzstück der griechischen theoria nimmt die Frage nach der Stellung des Menschen in der Natur eine radikal technische Bedeutung an. Mensch und Weltganzes können ein intelligibles, (erkennen ohne Objekt) formales und konstruktives Verhältnis eingehen.
Globalisierung und Sphäropoiese im Größten ist das Grundereignis des europäischen Denkens, das seit zweieinhalbtausend Jahren nicht aufhört, Umwälzungen in den Denk- und Lebensverhältnissen der Menschen zu provozieren.
Die Repräsentation des Weltganzen durch die Kugel, ist die entscheidende Tat der früheuropäischen Aufklärung. Wo Umgebung war soll die Kugel werden, ein Seelensprung ins Ganze. Die Sterblichen werden eingeladen, vom Trog der Sorge aufzublicken in den großen befreundeten Raum, in dem alles gleichzeitig, ausgeleuchtet und offen ist.
Die Kugel gelangt auf Münzen, in die Hände von römischen Kaisern, Sphäre und Herrscherportrait wurde Voraussetzung für Machtdemonstrationen, das Kreuz auf der Kugel verschafft sakramentale Überhöhung. Der Fuß des heiligen Franz von Assisi, aufgestützt auf einer Erdkugel ist nur eines von vielen. Auch Geld und Globus gehören zusammen: wer den Kreislauf beherrscht bringt das Ganze an sich. Nicht die Erde läuft um die Sonne, vielmehr das Geld umrundet die Erde.
Aber das Bild der Kugel ruft die Frage nach der Lage in der Mitte, nach Identität und Residenz des Gesamtherrschers hervor, andererseits auch, ob die allesumfassende Kugel ihrerseits auf eine Stütze oder einen Grund gestellt werden kann. Auf welchem Sockel müsste sie zum Stehen gebracht, in welcher Hülle oder Umfassung wäre sie einzubetten? Wer soll tragen, was alles trägt. Oder kann man schon zulassen, dass sie im Leeren schwebt?
Diese Rolle konnte nur von einem titanischen Kandidaten übernommen werden.
Athlet und Denker in einem: Atlas wurde das Symbol für diese gigantische Aufgabe. Wer kennt ihn nicht?
Die Spekulationen um diese Figur gehen uns alle an. Waren sie doch die Geschichten und Denkvorlagen die der Mythos schrieb und schreibt.
Sein Körper ganz auf Anstrengung spezialisiert, bezeugt eine Kultur, die im letzten über nichts anderes spricht, als über die Pflicht, stark zu sein in einer Welt, in der es für die Mächtigen keine Erleichterung und für die Schwachen keine Nachsicht gibt.
Das größte Gewicht kann nur von dem größten Gedanken getragen werden.
Der wahre Himmel will in umfassenden Reflexionen gehalten werden.
Sein Träger oder sein Gestell ist das Denken selbst.
Der Logos ist zum Komplizen, zum fundamentum des Umfassenden geworden.
Die Liebe zur Weisheit und die Liebe zur Schwere des Einen, Ganzen, kommt auf eines hinaus.
II. Parmenideischer Augenblick
In der Kugel verbirgt sich eine monumentale Zweideutigkeit: sieht sich der menschliche Geist in sie selbst eingefügt oder platziert er sich außerhalb von ihr? Die Gefahr dabei: der Betrachter sieht von seinem wirklichen Ort im Dasein ab und flüchtet in ein fiktives Zuschauerleben jenseits der Welt.
Was Heidegger Seinsvergessenheit nennt, beginnt schon mit der antiken Anweisung zum seligen Sehen der Kugel von außen.
Metaphysische Globalisierung: die Einladung zu einem erster Verrat am existentiellen Ort des Menschen?
Atlas selbst - brutal ausgeschlossen von dem Ganzen das er trägt- steht in seiner angestrengten Blindheit unter der Last, weltbildlos da. Er philosophiert mit zusammengepresster Seele. Er kann zu seiner Zeit noch nicht freihändig auftreten, weil er zum Prinzip Entlastung noch nicht durchgedrungen ist. Noch ist man Dulder von Verhängnissen, kein Überwinder von Zuständen. Weisheit ist noch nicht unter das Diktat der Wissenschaftskultur geraten.
Parmenides setzt hier eine erste Ausnahme. Für ihn ist die Kugel kein zu betrachtendes Außen sondern bietet freie Umsicht im Inneren eines offenen, von sich selbst her Aufschluss über sich gebendes Seienden.
Denken