Die das alles und so vor 2500 Jahren denken wollten, wählten eine „Intensive
Idylle". Einen Garten vor der Stadt, einen "lieblichen" Rückzugsort. Kein Seminarhotel, keine moderierten Groß-Lerngruppen in Stadien. Lieber eine Akademie aus erlesenen Teilnehmern, vor der Stadt. Fern vom üblichen "Geschwätz des Marktes".
Denn es sollte kein zufälliges intuitives Kunstprojekt, keine schnelle Skizze werden, sondern eine strenges, logisches "for ever". Rund aber vermessen. Gestuft mit einem funktionalen Oben, einer Herz-Mitte, einem beschirmten Unten, aber alles in einem umfassenden Runden, alle einbindend. Die Platzanweiser exklusiv-inklusive. Eine Geometrie im Ungeheuren, die erste metaphysische Globalisierung.
Und sie wurde erotisch für erotisierbare Seelen: das Schönste, das Größte, das Rundeste, komplett beleuchtet vom Sonnenlicht-Sein: Gott und Welt und Volk in einem "hellen Parlament". So sicher, dass keiner aus seinen Rollen und aus dem Rahmen fallen würde, fallen durfte. Wer wollte da zurückbleiben. Angesichts einer solchen Immunität, durch Sicherheit im Größten.
Sokrates war der Sohn einer Hebamme und „Mitglied“ im Projektteam der ersten metaphysischen Globalisierung.
Wer Beherbergen will, muss Unwahrscheinliches-Übergroßes bieten.
Ihr besonders Markenzeichen: Kugeln, Globen, Kreuze. Kreuze auf Kugeln um den Kompromiss der gültigen Hierarchie zu zeigen. Kreuze auf Kugeln in Gottesdienerhände, Kugeln in Regentenhände eingesetzt vom Höchsten. Wahlweise Kugeln unter den Füßen von Regenten und Fromme.
Im gelungenen Pathos trägt Atlas die Himmelskugel auf seinen Schultern. Er präsentiert das Prinzip: Entlastung! So entlastet waren wir im fötalen Frühling.
Das überzeugt jeden: "blind". Ab da weiß es jeder: Da-sein heißt größte Lasten tragen. Nur große Gedanken können große Lasten tragen.
Bald wird die Kugel auch ein Globus, auf den "sehen" die Eroberer was sie haben und was noch fehlt. Ständig erweitert sich die Umsicht. Nun getragen vom Logos der das Schwere-All in Schwebe hält.
"Die Kugel erweist sich als die dynamische wahre Ikone des Seienden: denn indem sie den Betrachter informiert und umgreift, beginnt sie als wirkende Idee in ihm zu leben. Sie bringt das menschliche Auge in die exzentrische Position, die eigentlich nur einem abgetrennten Gott eigen sein könnte: folglich vergöttlicht sie den menschlichen Intellekt, der die Regel der Kugelerzeugung erfasst hat". (Sloterdijk)
Was braucht das kleine, zitternde Wesen im Angesicht des unglaublichen Raumes:
Die Allmacht-Kraft "eines Gottes". Wer mich als "sein Ebenbild" erschafft, dem kann ich nachfolgen, den kann ich auch bald "überwinden= töten".
Was folgt: die Mechanisierung der Mütterlichkeit in der nach-theologischen Zivilisation.
Für Parmenides wird Denken und Sein identisch. Denken in einer freien Umsicht im offenen. Durch einen plötzlichen Augenaufschlag der Blick in das gelichtete Ungeheure der Philosophen. Überall dasselbe Sein. Wohin Du auch gehst oder blickst. Du bist überall dabei. Selbst im nicht-zitternden Herz der Wahrheit.
So wurde das Gute, Runde, Schöne willkommene Blaupause für Religion und weltliche Regenten. Strenge, Befehl, Gehorsam und Disziplin: ein platonischer Nachhall des "Einhegens"? Alles "Züchtigen-Zurichten" ein gut gemeintes "Umsorgen", ein "vom Sein" (=Gott?) gedachtes, also auch für mich?
Angesichts dieser "Kugel" als der einzigen die gilt, wird das "kleine Wesen" zum Optimismus verdammt. Es trainiert sich im exakten Optimismus: Das eine Sein ist der Reichtum schlechthin. Platon hatte es vorgemacht: Entspannung in der Apokalypse des Raums. Wer sich umschaut entdeckt eine Welt voller Kugelsymbole. Auch heute noch und heute wieder besonders.
Doch den Einwohnern wird bald deutlich: Es ist "die letzte Kugel". Seit der terrestrischen Globalisierung -durch Kartografen und Seefahrer, später Klimatologen, Wirtschaftspolitiker, Ökologen zeigt sie sich nicht nur als das Schönste, Rundeste, Beste, sondern ebenso als Halbschön bis Hässlich.
Immerhin war sie 2500 Jahre "gültig". Alles erobernde, ergreifende, strenge, hierarchische, ein Oben und Unten denken, in Vorgaben und Folgen, in Befehl und Gehorsam waren Ihr Nachhall bis in die 1950iger/60iger Jahre das letzte Jahrhundert. In manchen Angelegenheiten ist sie es bis heute. In vielen Rückwärtsbesinnungen klingt sie durch: die Trauer um die vergangenen guten alten Zeiten, als alles noch an seinem Platz gestanden haben soll.
Der Band 2 führt uns in den Band 3. Dort erwarten uns keine harten, feste Brocken, keine neuen Felsen, sondern "Schaum". Das "kleine Wesen" zeigt sich als Blasen und Kugeln vergessenes Wesen. Es wandert in die "Moderne" und findet sich im "Schaum". Der neue Machthaber hat nicht nur seine Geburtlichkeit, sein Aufgehoben-sein -wollen vergessen, sondern auch seine Endlichkeit. Das Feste, logische, zweiwertig, ein real-aufgeklärt objektiv vor uns liegendes, findet eine Ablösung durch flüchtiges, mehrwertiges. Kontingenz wird die neue Zeit-Marke.
In der "Neuzeit", die manche die Moderne nennen, geraten wir in das unglaubliche Experiment, die "Zwei" zu leugnen und den Individualismus in den Mittelpunkt zu stellen. Das große Runde, Schöne, Göttliche, diese allumfassenden Geschichten, sie verblassen. Auch sie hat die Entropie nicht verschont. Nun steht eine andere Zeit, eine andere "Gesellschaft", eine anders geprägte, alles umprägende Kultur auf dem Wanderplan. Verdammt zur Sorglosigkeit nach den Jahrtausenden der Sorge.
poetischer prolog
lernziel: wie eine philosophische schule entsteht
womit und wie sie die (alt europäische) welt in ein einheitsdenken nimmt
das kugeldenken als philosophie wird die vorschule der theologie
warum man etwas absolut rundem, umgreifenden, attraktiven, tragendes, die gefolgschaft nicht verweigern kann (konnte)
wir lernen außerdem, das die entropie auch vor dieser kugel-macht nicht still steht
ideen über das ganze
über eine kugel
machen vor 2500 jahren
die runde
philosophische theoriespiele
spalten die nachfolgenden
gesellschaften endogen
ein anfall von unvermeidlicher
dringlichkeit
eine weltergreifende idee
startet ihren flug
ein ausnahmezustand des denkens
etwas noch nie gedachtes gesagtes
ein fruchtbarer augenblick
kühne gedanken
umkreisen
eine allmächtige kugel
ein heiligenbild
ein denkaltar
ein totalitätssymbol
verehrende forschung
vor dem emblem
des göttlich seienden
symbol des alles
physisch und geistig
umgreifenden
eine die den nachdenklich sterblichen
kein entrinnen lässt
die kugel ein götterbild der denkenden
eines das zu denken gibt
noch nicht zum beten
aber zur analyse
messung
und beweis
präzise erwägungen