Die Verpflichtung ihres Gottes, auch die noch so weit entfernten liebend zu halten, zu umhüllen, ist in der Theologensphäre die ontologische Allianzfigur.
So wird die Schalenbesessenheit der Europäer nachvollziehbar. Sie dienen der Weltabdichtung im Sinne einer Universal-Immunologie. Von acht, zehn, zwölf, vierzehn kosmischen Wällen und Gräben umschlossen, genoss die Menschenwelt auf der Erde das demütigende Privileg, in der inneren Burg des Seins zu verweilen.
Was Oben die Schalen, sind auf Erden die Stadt- und Burgmauern.
Gott sichert die Grenzen gegen das Nichts, das Außen und die Unendlichkeit. Nur solange konnte er sich in Kraft halten, wie er in einer zwar riesenhaften aber endlichen Kugel seine schützenden Hände für jeden denk-bar ausstreckte.
Doch sobald die Theologen das Attribut Unendlich ins Denken einwarfen, zerstörten sie die Immunitätskraft ihres Gottes. In einer unendlichen Kugel der metaphysisch brisante und immunologisch bedeutende Unterschied zwischen innen und außen verlorengeht.
Es waren die klügsten Theologen die Gott getötet haben, als sie anfingen ihn unendlich zu denken.
Sobald der Kugel das Prädikat unendlich zugesprochen wird, stirbt sie an Überdehnung ins Unanschauliche. Ihr wurde die sammelnde Kraft genommen, damit vom Interesse der Lebendigen getrennt und somit das Größte heillos gemacht.
Die vormals epizentrischen Punkte werden gezwungen entweder sich selbst als Mitte aller Beziehungen zu wählen, oder sich jenseits der Mitte in ein herrenloses Spiel der dezentrierten Ereignisströme fallen zu lassen.
Aus der ersten Option erwachsen die Systemtheorien aus der zweiten die nach-monossphärischen Philosophien.
Jetzt ist es nicht das (metaphysische) Wesen sondern das Ereignis das den Lauf bestimmt.
Folglich musste das Kernthema der Moderne: Selbstbezüglichkeit, als eine
wie auch immer verspätete und unterdrückte, doch unvermeidliche Konsequenz ins Denken einbrechen.
Die letzte verbleibende Zentrierungschance in der infinitisierten Zeit ist der
Egoismus der Punkte.
Alles, was ein Selbst oder ein System ist, hat sich deswegen um sich selbst zu sorgen, ob Individuen, Staaten, Familien oder Wirtschaftsunternehmen. Sie alle sind heilige Egoisten; ihre Askese heißt Selbstbezug.
Die göttliche Kugel endet in der Vergleichgültigung des Raumes. Kontinente und Ozeane sind von aktuellen Verkehrs- und Kommunikationssystemen erschlossen;
potentiell jeder Punkt im neutralisierten Raum ist ein Standort geworden – das heißt ein Relais für durchkommendes Geld auf der umrundeten Erdoberfläche. Keiner der Punkte kann sich für andere nicht erreichbar machen.
Die Anhäufung selbstbezüglicher exzentrischer Punkte mitsamt ihrer Umwelten in mittelpunktlosen Strukturen wird Sloterdijk in Band III die Schäume nennen.
Eine neue Konfiguration menschlicher Immunitäten in der Zweiten Ökumene, die ein Integral aller Isoliertheiten ist, kann nur in einem Denken gelingen, das sich vom Einen-und-Allen absetzt.
poetisch zugang zum anthropisches klima
lernziel: das alles um homo sapiens herum sphäre, raum, klima wird und ist
das er nur in starken beziehungen lebt, webt und ist
warum das atmosphärengefühl ursprünglicher als geschmäcker ist
auch wenn das Umfeld wächst: von nest, zimmer, höhle, hütte, haus, herd, halle, dorf, paar, familie, stamm, stadt und mehr, immer wächst die sphäre als bergende hülle mit, auch mit wachstumsschmerzen, aber wird auch trotz zerstörung wieder-errichtet
homom sapiens lebt und ist eine unaufhörliche sphärenschaffende regung, unruhige bewegung ohne rast sein bestechendes merkmal
herzlich willkommen in den
wandlosen treibhäusern
der menschlichen nähe-beziehungen
ausgestellt wurden:
von zwei-raum-teilung bis zur welt-gemeinde
menschliche beseelungsverhältnisse
zwischen weinrauschenden festen
und blumenbindender delirien
verwöhnt-geschmeichelten seelen
und blutrünstigen gelagen
kreuz-errichtende komplizenschaft
waffenschmiedendend-grämende herzen
der kurator? anonymos
die sondierungen bisher haben gezeigt:
menschenwesen können nirgendwo
anders sein als in den wandlosen
treibhäusern ihrer nähe-beziehungen
ihrem verhalten im gemeinsamen raum
d.h. proxemische anthropologie
mit dem kern der starken-beziehungen
sie formen autogene gefäße
der primärsolidaritäten
für sie gilt:
sie sind „ihr eigener ort“
als geschöpfe auf das
fördernde mikroklima ihrer frühen binnenwelten angewiesen
dieser fundus setzt alle übertragungen in gang
wir sind zuerst und vor allem
mit einer urteilskraft
über das atmosphärengefühl
ausgestattet
ursprünglicher als geschmäcker
in atmosphären sind wir eingetaucht
über sie spricht das offenbare
zu uns: der raum
als atmosphäre ist sie
die amme des werdens
klima-stimmung-atmosphäre
die dreifaltigkeit des umgreifenden
weil sie nicht-gegenständlich ist
wurde sie bisher beiseite gelassen
aber
wenn die saite der existenz
in einem individuum sich spannt
schwingt sie in den klangfarben
einer stimmung oder eines
prägenden klimas
atmosphären bilden sich nur
als geteilte zwischen mehreren
die nähe-räume für einander durchtönen
einräumen-leben-weben-und sind-
wir sind mikrosphärisch
klimaaktive lebewesen
mit aktionen aufeinander
und leiden aneinander
nähe ist gelebte redundanz
fülle des offenkundigen
in dem die synchronisierten schwingen
wir sind wettermacher
für unwetter und aufklaren
beziehungswetter
bleibt wichtiger und wirklicher
als große politik und hochkultur