In Your Arms. Isabella Kniest. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Isabella Kniest
Издательство: Bookwire
Серия: In Your Arms
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752923728
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soll mich nicht falsch verstehen: Ich habe nichts gegen Blogs oder Facebook-Accounts. Ein jeder Mensch hat das Recht, sich künstlerisch und/oder persönlich zu entfalten, ihre Jugend auszukosten und sich für Minderheiten und Tier- und Naturschutz stark zu machen.

      Allerdings hängt es sehr stark vom »Wie« ab.

      Was sagen Protz-Fotos (Urlaub, Neuwagen, Diamanteheringe, et cetera), Statusmeldungen (»der beste Ehemann, Liebhaber und Vater der Welt hat mich heute zum Essen ausgeführt, mir Rosen geschenkt und gesagt, dass ich die Schönste bin.« / »Heute habe ich wieder gelernt, wie blöd meine Arbeitskollegen sind. Der Idiot hat wieder denselben Fehler gemacht. Seht euch den Screenshot an! … Ich bin von Dummheit umzingelt. *Facepalm*«) oder Twitter-Shitstorms (#OwnVoice, #MeeToo, #DescribeYourselfLikeAMaleAuthorWould, et cetera) über die Gesellschaft im Allgemeinen und die Personen im Speziellen aus?

      Muss ein jedes »Übel« breitgetreten werden, ein jeder schöne Moment mit der gesamten Welt geteilt, mit persönlichen Schicksalen Geld gemacht werden?

      Neben der Dekadenz der Gesellschaft haben speziell das Thema #OwnVoice und #MeToo in mir Brechreiz evoziert.

      Warum?

      Wenn Leser oder Autoren sich über schlecht recherchierte Wesenszüge eines fiktiven Charakters beschweren (Schwule, Lesben, Dunkelhäutige, Frauen, Männer, Geisteskranke, Behinderte, yada, yada), dann frage ich mich allmählich, ob solche Suderer keine anderen Probleme haben.

      Selbstverständlich wird z.B. ein jeder Autist, Zuckerkranker, Depressionskranker oder Schwuler glücklich sein, wenn ein fiktiver Charakter mit ähnlich realistischen Problemen wie den seinigen kämpft oder dieselben realistisch dargestellten, klischeefreien Neigungen oder Krankheiten aufweist.

      Deshalb jedoch Autoren (ob nun namentlich genannt oder nicht), welche derlei »Auffälligkeiten« oder »Krankheiten« in ihren Büchern nicht exakt und realitätsnah genug wiedergeben, in diversen sozialen Netzwerken in der Luft zu zerreißen, kann meines Erachtens nicht die richtige Vorgehensweise sein.

      Fakt ist: Es gibt Männer, welchen man ihre Homosexualität nicht ansieht. Ebenso existieren Schwule, die an leuchtende Reklametafeln erinnern.

      Fakt ist: Es gibt Depressionskranke mit einer bipolaren Störung und Hang zur Fremdverletzung. Ebenso wandeln Menschen auf dieser Welt, die nicht einmal depressiv sind, dennoch fest davon überzeugt sind, in einer tiefen Depression zu stecken. Darüber hinaus existieren Depressionsformen, die sich lediglich durch körperliche Gebrechen auswirken – aber dies bloß am Rande erwähnt.

      Ob ein Autor nun einen Depressionskranken als typisches selbstmordgefährdetes Individuum darstellen, oder seinem Charakter subtilere Merkmale verpasst: Who cares?!

      Dürfen ab nun ausschließlich Autoren über Probleme schreiben, die sie selbst betreffen, da sie ansonsten Klischees bedienen würden?

      Wenn dies tatsächlich der Fall ist, möchte ich gerne wissen, was mit all den Fernsehsoaps passieren soll …

      Und die wichtigste Frage: Weshalb fühlen Frauen sich gekränkt, wenn Männer weibliche Charaktere gerne als männermordende Vamps darstellen?

      Was sagen solche Reaktionen über derlei Frauen aus? Dass es ihnen zu gut geht, sie empfindlich sind?

      Ich selbst bin hochsensibel. Mir wurde oft genug vorgeworfen, empfindlich zu reagieren. Jedoch über solcherlei Irrsinnigkeiten könnte ich mich nicht einmal aufregen, wenn ich vor meiner Periode stehe.

      Nächste Debatte: #MeToo

      Der Gedanke daran, als Sexual-Opfer aufzustehen und sich gegen die Täter zu behaupten sowie aufzuzeigen, dass es falsch ist, die Schuld allzeit bei sich selbst zu suchen, war ein erster Schritt in die längst überfällige richtige Richtung.

      Doch dann rutschte es abermals – wundert es jemanden? – ins Lächerliche ab.

      Ist es tatsächlich nötig, sich als Frau aufzuspielen und zu sagen: Ja, auch ich wurde sexuell belästigt, weil irgendein besoffener Kerl mir vor zehn Jahren einmal an den Hintern gefasst hat?

      Ist es tatsächlich nötig, Männer im Allgemeinen als triebgesteuerte Tiere hinzustellen?

      Ist es tatsächlich nötig, Männern solche Komplexe einzureden, infolgedessen sie sich nicht einmal mehr trauen, eine Frau anzusprechen, geschweige denn sie zu einem Drink einzuladen?

      Ist es tatsächlich nötig, seine Opferrolle dazu zu missbrauchen, um Aufmerksamkeit und sogar Berühmtheit und Erfolg zu erlangen? (Und hat das in weiterer Folge nicht Ähnlichkeiten mit Prostitution?)

      Dies bringt mich wiederum an dem Punkt des »Verwirkliche deine Träume um jeden Preis!« zurück. Seien wir uns ehrlich: Wie viele Frauen haben nicht ihre Körper angeboten, um erfolgreich zu werden?

      Unzählige.

      Dann sich jedoch als Opfer darzustellen, um eine im Tiefflug befindliche Karriere neuen Schwung zu verleihen, ist freundlich gesagt, unter aller Sau.

      Durch derartige hinterfotzige, verwöhnte, frustrierte wie berechnende Weiber wird die gänzliche Botschaft dieser Bewegung für nichtig erklärt – insbesondere werden derlei fürchterliche Taten wie sexuelle Nötigung und Vergewaltigungen bagatellisiert.

      Speziell, da auf der männlichen Seite nun zwei Geisteshaltungen vorherrschen:

      1. »Weiber übertreiben«

      2. »Sämtliche-Frauen-wollen-mir-etwas-Böses«

      Ich bin mir sicher, als man einst aufstand, um gegen Diskriminierung, Rassenhass und Antisemitismus auf die Straße zu gehen, hatte bestimmt niemand mit solchen Abgründen und krankhaften Auswüchsen gerechnet, wie es seit den 2000er-Jahren der Fall ist.

      Vormalige gute Taten werden durch Egoismus und verzerrte Kleinkariertheit vergiftet – und echte Opfer werden abermals nicht ernst genommen oder als Lügner dargestellt.

      Ein weiterer Punkt, der diese Gesellschaft untragbar macht, ist das permanente »Anders-sein-Wollen«.

      Ob durch eine Krankheit, eine sexuelle Orientierung oder eine Wesensart – jeder möchte besonders, einzigartig und ausgefallen sein.

      Vor allem beim Thema Hochsensibilität fällt mir dieser Drang extrem auf. Da werden HSP’s ständig als hochbegabt oder einzigartig hingestellt.

      Anfangs hatte ich gedacht, Hochsensible wären freundlicher, einfühlsamer und verständnisvoller als der Durchschnitt. Fatalerweise trifft weder das Einfühlungsvermögen zu, geschweige denn eine Art Besonderssein.

      Die meisten von sich selbst überzeugten HSP’s sind nicht einmal hochsensibel!

      Sie wären es bloß gerne.

      Und viele tatsächliche HSP’s sind ebenso egoistisch und selbstverliebt, wie der klägliche Rest dieser abartigen, gewinnorientierten Gesellschaft.

      Was ich, neben Beleidigungen, damit ausdrücken will?

      Jeder ist anders – gleichgültig irgendwelcher Makel, Haut- oder Haarfarben, Krankheiten oder Einstellungen.

      Einen jeden Menschen gibt es nur ein einziges Mal – reicht das nicht, um endlich zu kapieren, dass wir ohnehin allesamt einzigartig sind?

      Ich könnte noch viele weitere Seiten füllen mit Aufzählungen diverser hirnverbrannter Reaktionen unserer Zeit, ich halte mich jedoch davon ab und beende meinen Text mit einer eindringlichen Bitte:

      Wenn Sie, geneigter Leser, diese Welt zu einem besseren Ort machen möchten, dann auf eine Weise, die keine anderen Menschen diskriminiert. Erst recht nicht auf eine Weise, wie in den sozialen Medien.

      Verwenden Sie Ihren Verstand – dafür haben Sie ihn. Er ist kostenlos und verbraucht verdammt viele Kalorien.

      Akzeptieren Sie Ihre Mitmenschen, zeigen Sie Verständnis, seien Sie freundlich und respektieren Sie andere Meinungen.

      Seien Sie dankbar – insbesondere dann, wenn Sie sich Urlaube und einen neuen Wagen leisten können und gesund sind.

      Und