Wenn du einen Weg gehst, der dich geballt mit einem bestimmten Thema auseinander setzen lässt, dann geh davon aus, es ist Dein zentrales Lebensthema. Meines auch, wenn ich es anstößig finde. Übe Dich darin und schließe Frieden mit Dir und bitte auch mit mir. Ich weiß es doch auch nicht besser.
Würde ich Frauen lieben, wäre sicher alles einfacher. Sie sind genau wie ich, Frau eben, aber wahrscheinlich würde ich mich mit den absoluten Zicken einlassen – gleich und gleich gesellt sich halt gern. Sorry Mädels, aber ich liebe Männer. Aber was nicht ist kann ja noch werden. Selber schuld? Weiß nicht, ist einfach so. Und wir entwickeln uns ja weiter, hoffentlich.
Entwicklung heißt ja nicht, dass ich zwingend alles über Bord werfen muss, was mich bisher ausgemacht hat. Es bedeutet mich selbst wahrzunehmen mit dem was ich bin und das Beste daraus zu machen. Und das beurteile ich ganz alleine für mich. Du hast mir hier gar nichts zu sagen. Vor allem nicht, wie ich zu leben und wen ich zu lieben habe, was ich tun oder lassen sollte, was von allem was in mir steckt ich ausleben darf oder nicht. Ich bin verantwortlich, oder wischst Du hinterher den Dreck weg, den ich gemacht habe? Und am besten muss ich Deinen Müll dann auch entsorgen. Sehe ich gar nicht ein. Ist das erwachsen sein oder einfach nur dumm? Und ist das die Grundlage für gute Sexualität? Man munkelt ja, denn es steckt eine gehörige Portion Aggression und Widerstand dahinter und das wird oft als reizvoll empfunden – der Eroberungsdrang! Das ganze Gegenteil von Offenheit und Nähe, aber klar erkennbar ist das starke Bedürfnis danach und rechtfertigt diese Spielchen.
Haben Fetische einen Sinn und wenn ja welchen? Warum fragen sich so viele, woher das kommt und kennen die Antwort nicht? Würden sie die Antwort kennen, könnten sie es dann noch leben oder hätte sich die Neigung im gleichen Atemzug erledigt? Und was ist diese besondere Abgrenzung anderes als sich nur mit Menschen auseinanderzusetzen, die sich intensiv über weite Strecken ihres gesamten Lebenswegs diesem Thema widmen wollen?
Beide Geschlechter lieben zu können, das wäre es doch. Das ist die ultimative Offenheit! Ein Hoch auf die 70er. Eine riesige Spielwiese! Was ist daran schon Verwerfliches zu leben und zu lieben was in mir steckt, oder in dir. Ich finde es noch nicht mal wichtig das alles selbst zu erleben, sondern vielmehr die Gedanken offen und öffentlich schweifen lassen zu dürfen – das ist meine Form von Offenheit.
Meine Priorität liegt eben woanders – in diesem Buch zum Beispiel. Was ist dagegen schon Sexualität. Schreiben macht irrsinnig viel Spaß! Und ich werde sogar dafür bezahlt durch jedes verkaufte Buch. Nicht, dass es das in der Sexualität nicht gäbe – im professionellen Bereich ist es sogar zwingend erforderlich die Sexualität ausschließlich auf der körperlichen Ebene stattfinden zu lassen. Professionell eben!
Genau wie eine Prostituierte verlagere ich sozusagen meine Lust und Leidenschaft auf andere Bereiche als Beziehung. Was für den einen der Freier, das ist für mich der Leser. So kann ich wundervoll die intensive Kraft nutzen die mangels Wahrnehmung der Möglichkeiten gerade nicht ausgelebt wird. Und du hast auch was davon. Partizipieren – spannen sozusagen. Was ist ein Leser anderes als ein Voyeur? Zusehen hat dieselbe Wirkung wie Lesen nur auf einer anderen Ebene – ich partizipiere von dem was ein anderer getan hat, beschreibt oder phantasiert. Was ich dann selber nicht mehr tun muss, obwohl es mich interessiert und mir eventuell sogar gefällt oder Spaß bereitet. Das kann jeder, denn das Geheimnis ist jetzt gelüftet. Das Kanalisieren und Verlagern der sozusagen freien nicht genutzten oder nicht ausgelebten Energie ist das Geheimnis der Kreativität. Irgendwo muss sie ja herkommen. Und Sexualität kann äußerst kreativ sein. Einen Lustgewinn erziele ich auch, wenn Du dieses Buch liest. Ob ich Deine Seele mit meinen Worten berühre oder mit meinen Händen ist letztlich dasselbe – die richtigen Worte können mehr Nähe herstellen als eine Berührung es vermag. Was für ein Wortwitz.
Spaß beiseite - eine falsche Berührung hingegen kann Dich für Jahrzehnte verschließen. Eine Herausforderung, die nicht wirklich witzig ist, jedoch Freude bereiten kann, wenn wir das Thema erlöst haben.
Jede körperliche Thematik, das Gewicht, Aussehen und das Alter eingeschlossen, ist immer sehr nah dran an unseren Emotionen, weil es Themen sind die uns direkt berühren, die im außen sichtbar sind, oftmals schwer zu ändern, unaufhaltsam bis hin zur Unabänderlichkeit. Damit muss man erst mal klarkommen. Und doch sind meine großen Ohren oder Dein Übergewicht oftmals Stein des Anstoßes, die viele Menschen bis ins Erwachsenenalter belustigend finden. Ich altere ob ich will oder nicht. Und Du auch. Darüber lacht dann keiner, denn jeder muss lernen damit zu leben. Warum lachen wir eigentlich nicht über unsere Falten oder Fettpölsterchen? Was daran ist so tragisch, dass hierfür sogar Tränen vergossen werden? Wir leben doch, oder etwa nicht. Was mehr können wir vom Leben erwarten – ich von mir selber schon. Nämlich, dass ich es endlich sein lasse mich selber zu kasteien. Ich sollte mich einfach weiterhin gehen lassen – dann kann ich mich in Talkshows setzen und mich einreihen in die Riege derjenigen, die ohne permanentes Gemecker nicht können. Bin ich besser als die, die das öffentlich tun? Ich tue es doch auch im kleinen Kreise und durch meine eigene Ausstrahlung eigentlich permanent, im Supermarkt und überall, wo es mich schließlich gibt. Nein, ich bin genau wie Du und das ist ja mein Problem. Ich will eben nicht sein wie Du, wie sollte ich auch, ich will ja noch nicht einmal ich sein. So wie ich bin.
Ich glaube, ich spinne. Geht’s noch? Ich bin ich und ich kriege schließlich niemand anderes, keinen anderen Körper oder Charakter, nichts von dem was nicht in mir ist. Wie, Du entdeckst in Dir schlummernde nicht gekannte Eigenschaften? Raus damit, lebe sie. Das ist die einzige Form der Veränderung, die Dir gegönnt ist. Ansonsten finde Dich damit ab – Du bist fett oder dumm – irgendetwas musst ja schließlich auch DU sein. So ein Nichts zu sein, das ist ja auch nichts. Aber genau da entwickle ich mich ja hin, wenn ich alles an Erfahrungen meines Lebens für bare Münze nehme und mich damit identifiziere und ausschließlich versuche aus meinen Erfahrungen zu lernen. Was ich aus Erfahrungen lernen kann? Nichts, rein gar nichts, denn dazu sind sie fehlgeleitet gar nicht gemacht worden. Wir sollen auch gar nichts aus ihnen lernen, wir sollen sie nur machen, um ein Thema komplett zu begreifen. Das Thema zu sehen, zu leben und zu verstehen, das ist die Herausforderung und nicht das dünner werden oder „extrem schön“ zu sein. Die Dünnen und Schönen sind auch nicht glücklicher als ich. Und wer sagt eigentlich, dass ich es nicht bin?
Jung ist schon mal schön, alt nicht, oder was? Und was macht das mit unserer Sexualität – kannst Du offen sein für Deine Bedürfnisse, oder lagert sich hier dieses Thema vor, dass dich in die eine oder andere Richtung blockieren soll… Jetzt haben wir, ich zumindest, lange nicht mehr herzhaft gelacht – was soll ich sagen, dazu fällt mir nicht wirklich etwas Witziges ein, was ich zur Belustigung beitragen könnte. Es ist ja auch schon traurig was aus uns wird, wenn wir jenseits der vierzig agieren. Irgendwann müssen wir uns damit abfinden – auch die Mitten-im-Leben-Krise macht genau das, was sie soll. Sie schickt uns in die richtige Richtung. Denn spätestens jetzt gehen wir nochmal auf die Suche nach unseren wirklichen Werten. Na super – da dachte ich, ich bin da durch und kann mich jetzt entspannt zurücklehnen und offen und durchlässig sein, da kommt dieses unabänderliche unumkehrbare Thema des Alterns unweigerlich um die Ecke. Will ich das?
Brauche ich das? Warum werde ich hier nicht gefragt? Ich werde kein größeres Problem damit haben, wenn ich mit mir relativ weit gekommen und überwiegend mit mir im Reinen bin und meine Entwicklung so weit vorangetrieben habe, dass dieser neue Lebenszeitraum auch seinen gebührenden Platz hat. Seinen Platz bei mir und in mir.
Entwicklung heißt: Das ganze Wollknäuel wahrzunehmen, dass sich über die Jahre der Jugend hinweg ins Erwachsenenalter bis zum Zeitpunkt des Erwachens aufgewickelt hat, um es dann wieder sukzessive zu ent-wickeln. Ich brösele sozusagen meine gesamte Erfahrungswelt auf, erkenne den hoffentlich roten Faden, der sich durch mein Leben zieht und gebe meiner Zukunft, also Dir, die Chance mit mir gemeinsam neue Erfahrungen zu machen. Wir sind eben nicht die Summe unserer Erfahrungen – diese Summe umgibt uns, was sehr oft schmerzlich empfunden wird, doch mit genügend Abstand oftmals unserer Belustigung dient. Wenn es doch so schrecklich ist in der Situation selbst, wie kann es dann später so lustig sein? Weil ich es nicht mehr nötig habe mich ausschließlich mit meinen Erlebnissen zu identifizieren und das bemerke ich erst, wenn ein gewisser zeitlicher Abstand zur Situation