Suchtfaktor Liebe. Ina Pohlmann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ina Pohlmann
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783738032673
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nicht so recht, was so faszinierend an diesem oberflächlichen Medium sein soll, dass vorgibt, zumindest auf dem einen oder anderen Portal, seriöse Partnervermittlung zu betreiben. Also ich fand da im wahrsten Sinne des Wortes nicht nur schattierte Fotos sondern auch kurzzeitige schemenhafte Kontakte, die scheinbar bei einem interessanteren Exemplar meiner Gattung nicht einmal vorhatten sich zu verabschieden sondern zwangsläufig den Kontakt einstellten. Schließlich ist „Mann“ nicht Multi didaktisch veranlagt und muss sich konzentrieren auf das was er tut.

      Liebchen, nicht so einseitig – Du warst es schließlich, die sich darauf eingelassen hat, um den eigenen Marktwert abzuchecken. Vielleicht hat „Mann“ das gespürt?

      Ja, vielleicht hat er es aber auch durchschaut, dass er ward durchschaut.

      Wie dem auch sei – mein Medium ist es nicht, da bleibe ich lieber Single, als in Börsen Herum zu chatten und immer wieder denselben Müll herunterzubeten, damit sich ein eventuelles Treffen arrangieren lässt. Soweit ist es bei mir willentlich gar nicht erst gekommen, da ich, entsetzt über die Tendenz des „nicht auf eine einzelne Person einlassen Wollens“, meine mühselig erstellten Profile kurzerhand wieder gelöscht habe.

      Feigling! Was heißt hier Feigling, wenn ich zur Überzeugung gelangt bin, dass ich Kontakte lieber in Natura schließe, anstatt eine wie auch immer geartete Werbung über meine Person zu betreiben, die ein möglichst ansprechendes Profil über mich für Dich ergibt, damit DU auf mich aufmerksam wirst eventuell die Eine für Dich sein zu können...

      Wie einseitig vielseitig und was für ein Zoo der Begierde – ernstgemeint? Oftmals sicherlich, aber wie trennst Du die Spreu vom Weizen? Wie die Mücke von der Biene? Wie sie von mir? Die Qual der Wahl haben zu müssen, was für ein Elend. Selber schuld? Auf jeden Fall.

      Es zwingt uns schließlich niemand dazu uns zu outen, jemanden zu suchen geschweige denn zu finden. Wir werden überrollt von einer Welle missmutiger Singles und anderer Geschöpfe, die allen Ernstes behaupten, Beziehung sei das einzig erfüllende und vor allem legitime Lebensmodell. Warum nur ergeben wir uns dieser Farce? Stehen wir auf, wir (oftmals) Rebellen der 70er, moderne Gerne-Alleinleber, Spießertum-überdrüssig-Seier und Konsorten, Sesselpupser-Nicht-sein-Woller und vor allen Dingen Auf-jeden-Fall-und-für-immer-Selbstbestimmer. Wer will so was und vor allem so jemanden? Also ich jedenfalls nicht. Keinen Möchte-gern-Aufsteher aber trotzdem Sitzenbleiber. Keinen Cool-in-der-Ecke-Steher-und-Gucker anstatt Selbst-Ansprecher. Keinen Profile-Checker, der meist selbst nicht so viel zu bieten hat, wie seine eigenen Ansprüche ihm weismachen wollen. Das gilt im Übrigen übertragen für die gesamte Spezies Mensch unabhängig der sexuellen Orientierung. So wird das nix und vor allem werden wir frustriert doch im Tal der Singles untergehen. Es sei denn wir machen uns auf den Weg wirklich Werbung für uns zu machen – lächeln wir jemanden an im Supermarkt, helfen wir der älteren Frau bitte nur über die Straße wenn sie auch wirklich will, begeben wir uns kinderlos auf Spielplätze, um unsere Kinderfreundlichkeit zu untermauern. Sind wir es nicht, kinderfreundlich, dann bitte nicht so tun als ob. Das will kein Mensch. Aufhören mit verbogener Werbung und unserer eigenen inneren und äußeren Verbiegung. Niemand möchte den Wolf im Schafspelz, den Kinderhasser als Ziehpapa, die Walküre als Hausmutti. Sein wir stolz auf das was wir wirklich sind, seien wir echt und ehrlich. Und wenn schon nicht den anderen gegenüber, dann doch wenigstens uns selbst.

      Eine Single-Börse ist und bleibt eine Single-Börse und kein Eheanbahnungsinstitut und hat auch nicht den Anspruch auf ehrliche Fakten. Auch dies wird – wie alles andere – oftmals missbräuchlich gehandhabt und macht dann alles andere als glücklich. Wenden wir uns doch endlich wieder den realen Körpern zu, die in der virtuellen Wahrheit nicht zum Zuge kommen. Gehen wir mal wieder aus. Mit wem? Mit uns – und wenn nötig oder nicht anders möglich gerne auch alleine! Frauen, wir wollen immer emanzipiert dastehen, karrierebewusst alles inklusive Haushalt und sogar Kinder gegebenenfalls alleine hinkriegen, aber ein Lokal alleine zu betreten ist nichts für euch?

      Wenn wir doch so taff sind, warum nicht auch das! Was ist aus den Männern geworden, die Frauen angeblich verstehen und doch nicht zum Zuge kommen? Ein bisschen weniger cool und ein wenig mehr Mann, ein bisschen weniger emanzipiert und ein bisschen mehr Frau. Das wär’s doch, oder? Aber wie sollten wir eine Entwicklung aufhalten können, die uns vorgaukelt, was schön und gut ist und was nicht! Wir sind das Volk! Kommt mir irgendwie bekannt vor...

      Suchtfaktor Liebe – haben wir das wirklich nötig? Scheint so – ich finde es jedenfalls toll mit einem Mann zusammen zu sein. Da ist auch nichts gegen einzuwenden, wenn wir da nicht in eine Abhängigkeit geraten, die uns unfrei entscheiden lässt. Sind wir überhaupt noch in der Lage wirkliche Herzensentscheidungen zu treffen?

      In keinem Fall sollten wir Neues überbewerten und unsere gesamte Existenz und unser Wohlbefinden davon abhängig machen.

      Ja, wir sind süchtig nach Liebe. Eigentlich haben wir vergessen was das bedeutet – Liebe. So sehr sind wir abgelenkt von dem Weg, der uns dorthin bringen soll, dass wir etwas Wesentliches übersehen: Eine Mail hat keinen Unterton, eine SMS transportiert keine Gefühle, ein Portraitfoto ist kein Gesicht. Alles was wir über ein drittes Medium anstatt auf direktem Wege übermittelt bekommen bedarf unserer eigenen Interpretation. Wir geheimnissen in jedes geschriebene Wort, in alles Visuelle unsere eigenen Emotionen hinein, weil diese fehlen. Erst der direkte Kontakt macht wahr. Alles vorher ist Geplänkel und kann ziemlich heftig in die Hose gehen.

      Aber es gibt da auch was Gutes zu berichten – es ist ein geschützter Bereich, in dem wir uns in Partner-Werbebörsen bewegen. Dafür bezahlen wir ja auch.

      Solch ein Schutz ist in Natura anders zu gewährleisten. Was macht diese Form der Anbahnung mit uns, wenn es zum zigsten Male nicht geklappt hat? Wir alleine auf unserem Sofa, geknickt und einsam, weitere Chat-Versuche und die Spirale dreht sich weiter...

      Zu Hause sieht es keiner, dass wir uns so fühlen wie wir uns fühlen. Aber warum verstecken? Die Schneckenhäuser bringen uns nicht weiter.

      Von wem wir hier noch gar nicht gesprochen haben sind diejenigen, die sowieso kein Problem mit der Kontaktaufnahme haben – die haben jetzt noch ein zusätzliches Spielfeld dazugewonnen, welches ihnen unkompliziert ermöglicht auf mehreren Hochzeiten zu tanzen. Man ist mittlerweile eifersüchtig auf SMSen, Internetkontakte, virtuelle Treffen. Für bestehende feste Beziehungen eine zusätzliche neue Herausforderung. Wir werden wieder mit unseren ursprünglichen jedoch abgelegt geglaubten Kontrollmechanismen konfrontiert. Misstrauen wächst. Vertrauen bedeutet heute mehr denn je, dem oder der Liebsten seinen privaten Account zu öffnen, Handys offen liegen zu lassen und zu akzeptieren, dass die eigene Privatsphäre keine mehr sein darf. Und warum das Ganze? Weil wir alle zu blöde sind zu erkennen, was diese neuartigen Formen der Kommunikation eigentlich in unserem Sozialverhalten bewirken – wir trennen uns temporär von unserer zwischenmenschlichen Realität, auch der Realität bewusst im Hier und Jetzt zu leben, eine reale Beziehung zu führen. Was ist mit der Beziehung zu uns selbst? Bewerbe ich durch solche Profile und Verhaltensweisen wirklich mein wahres Selbst, oder bin ich damit auch schon ein Abklatsch, eine Werbekampagne, eine Flucht aus meinem Leben, eine virtuelle Person unter dem Deckmantel einer Chiffre?

      Jetzt ist aber mal gut – es ist ja schließlich nicht alles schlecht. Ich kenne da einige Paare, die haben sich ziemlich schnell gefunden – sind allerdings dadurch auch wieder sehr schnell in eine gemeinsame reale Welt zurückgekehrt. Als Mittel zum Zweck ist das wirklich eine tolle Sache, wenn man es mag und kann. Wenn ich allerdings jede freie Sekunde vor dem Ding klebe, mich ein- und auslogge oder am besten fortwährend online bin, dann habe ich ein Problem. Es gehört schon eine ganze Menge Disziplin dazu es wieder zu lassen und in geregelte Bahnen zu lenken. Suchtfaktor? Ja und zwar nicht nur Liebe. Wir potenzieren dadurch auf Dauer unsere Leidensfähigkeit: So schnell kann man nie wieder eine Abfuhr nach der anderen kassieren. Im wahren Leben ist das besser zu timen. Vielleicht gehört man aber auch zu den attraktiveren Vertretern. Dann kann man selbstverständlich den Spieß umdrehen und sein Ego kurzerhand aufpolieren. Gar kein Problem. Alles ist drin. Wer’s braucht.

      Leiden

      Wollen wir das Wesen des Leids ergründen,