Der fünfte war Kapitän R. H. Nelson, von Metuen's Kavallerieregiment, der sich bereits in den Zulu-Kriegen besonders ausgezeichnet hatte. Schon seine Züge ließen seine Verdienste erkennen. Kapitän Nelson war gleichfalls zur Unterzeichnung des Engagements-Vertrags bereit.
Der nächste Freiwillige war Herr A. J. Mounteney Jephson, der bisher noch vollständig unerfahren in Bezug aus Reisen im Auslande und an das raue Leben in der Wildnis durchaus nicht gewöhnt war. Auf einige Mitglieder des Komitees machte Herr Jephson den Eindruck, als sei er für eine Expedition dieser Art vollständig untauglich, weil er ihrer Ansicht nach zu „vornehm“ war. Allein die Gräfin von Noailles hatte zu seinen Gunsten 1.000 Pfd. St. zu dem Entsatz-Fonds gezeichnet, und dies war ein Argument, welchem das Komitee nicht zu widerstehen vermochte. Infolgedessen unterschrieb Herr Jephson mit unerschütterten Nerven den Kontrakt. Der arme junge Jephson! Er ist nach verschiedenen schweren Prüfungen, über die später berichtet werden wird, aus Afrika zurückgekehrt.
1 J. Mounteney Jephson – 1859 – 1908
Einer der letzten, welche sich meldeten, als die Liste schon geschlossen werden sollte, war Herr James S. Jameson. Derselbe hatte Reisen in den Maschona- und Matebele-Ländern in Südafrika gemacht, um auf der Jagd auf wilde Tiere Trophäen zu sammeln, die Vogelwelt zu studieren und Skizzen aufzunehmen. Er schien uns nicht besonders kräftig zu sein, jedoch verteidigte er, als wir ihm dies vorhielten, rasch sein zartes Aussehen und wies uns nach, dass, da er schon so lange Zeit in Afrika zugebracht habe, seine Erfahrungen unsere Befürchtungen widerlegen. Außerdem war er bereit, für das Vorrecht, Mitglied der Expedition zu werden, 1.000 Pfd. St. zum Fonds beizutragen und getreu und loyal Dienste zu tun, sodass es für die Expedition unerlässlich war, ihn zu engagieren. Herr Jameson bestand auf seinem Wunsche und Unterzeichnete ebenfalls den Kontrakt.
Als wir bereits in voller Arbeit waren, um alles Notwendige für den Überlandmarsch von Sansibar ostwärts nach dem Victoria-Njansa vorzubereiten, wurde es erforderlich, bezüglich der Route nochmalige Erwägungen anzustellen, wie der Inhalt des nachstehenden Briefes beweist.
Zentral-Afrika – Kongo-Flussgebiet bis zum Viktoria-See
Palast zu Brüssel, 7. Januar 1887
Lieber Herr Stanley!
Der Kongostaat kann nichts dabei gewinnen, wenn die Expedition zum Entsatze Emin Pascha's durch sein Gebiet marschiert. Der König hat diesen Weg nur vorgeschlagen, damit Sie der Expedition Ihre Dienste widmen können, was unmöglich sein würde, wenn dieselbe von der Ostküste aufbricht. Nach Ihrer eigenen Schätzung würde eine von der Ostküste ausgehende Expedition etwa 18 Monate dauern. Se. Majestät ist der Ansicht, dass er seine Pflicht dem Staate gegenüber verletzen würde, wenn er ihn Ihrer Dienste beraubte, die sicherlich noch vor Ablauf der genannten Zeit gebraucht werden dürften.
Wenn die Expedition den Weg über den Kongo antritt, verspricht der Staat, derselben in jeder Beziehung seine Unterstützung zu leihen. Der Staat stellt der Expedition auch sein gesamtes Schiffsmaterial zur Verfügung, soweit die Arrangements für den Betrieb der eigenen Verwaltung, die er, wie Sie wissen, möglichst sicher zu stellen wünscht, es gestatten. Der „STANLEY“ ist der größte Dampfer auf dem Oberkongo. Wir schicken einen zweiten mit dem am 15. d. M. abgehenden Postdampfer hinaus und werden uns so viel wie möglich beeilen, um diesen Dampfer in Stanley-Pool vom Stapel laufen zu lassen; derselbe wird ein wertvolles und sehr Notwendiges Glied unserer Flottille bilden. Inzwischen würde der Missionsdampfer „PEACE“ ohne Zweifel gewisse Transporte unentgeltlich übernehmen.
Wenn die Expedition es wünscht, würden wir ihr die Anwerbung von Bangala erleichtern; wir sind mit den letzteren sehr zufrieden, da sie vorzügliche Soldaten sind und sich nicht, wie die Sansibariten, vor den Arabern fürchten.
Sie werden bemerkt haben, dass die in dieser Woche in Berlin veröffentlichten Schriftstücke das Territorium Sansibars auf einen schmalen Streifen Landes längs der Seeküste beschränken. Jenseits dieses Streifens ist das ganze Gebiet deutsch. Wenn die Deutschen der Expedition gestatten, durch ihr Gebiet zu ziehen, würden die Sansibariten, genau wie am Kongo, sich auf fremdem Boden befinden.
Mit freundlichen Grüßen verbleibe ich, lieber Herr Stanley,
Ihr ganz ergebener
Comte de Borchgrave.
Dass dies kein leichter Fall war, der sich rasch entscheiden ließ, geht aus folgender Note hervor, die Sir William Mackinnon mir sandte:
Western-Club, Glasgow, 4. Januar 1887
Mein lieber Stanley!
Ich erhielt einen angenehmen kurzen Brief vom König, der erkennen lässt, wie dringend er wünscht, dass wir die Kongo-Route wählen, und wie wenig geneigt er ist, in den fortdauernden Beziehungen zwischen Ihnen und dem Kongostaate eine Unterbrechung eintreten zu lassen, da er Sie als einen Pfeiler des Staates betrachtet. Er bittet mich, alle abweichenden Meinungen zu zerstreuen und alle Parteien dazu zu bringen, dass sie mit der Kongo-Route einverstanden sind. Ich habe ihm ausführlich auseinandergesetzt, was geschehen ist und geschieht, sowie auch die Schwierigkeiten mitgeteilt, welche es machen würde, die eingegangenen Verpflichtungen wieder zu lösen und die Regierungen hier und in Ägypten, sowie den Sultan von Sansibar zu veranlassen, zu einer solchen Abänderung ihre Zustimmung zu erteilen. Ich habe auch die großen Mehrkosten erwähnt, welche die Absendung von 600 Mann und die Rückbeförderung derselben verursachen würde, selbst wenn der Sultan seine Zustimmung dazu geben sollte, dass die Leute von Sansibar nach dem Kongo gehen.
Indessen habe ich das Versprechen gegeben, festzustellen, ob alle an den jetzigen Arrangements Interessierten damit einverstanden sein würden, dass wir die Kongo-Route einschlagen.
In meinem Tagebuche finde ich unter dem 5. Januar kurz die Geschäfte erwähnt, welche ich an diesem Tage erledigt habe.
Nachdem ich, dem Vorschläge Mackinnon's gemäß, an den König Leopold über die Kongoroute geschrieben hatte, suchte ich Sir Percy Anderson auf und kündigte ihm den Wunsch des Königs an, dass die Expedition vom Kongo ausgehen möge. Auf seine Bitte, ihm mitzuteilen, welche Vorteile die Kongo-Route biete, erwiderte ich:
1) Die Gewissheit, Emin zu erreichen.
2) Den Transport mit den Staatsdampfern den Kongo aufwärts bis zu einem 620 km vom Albert-See entfernten Punkte.
3) Die Zerstreuung des seitens der Deutschen gehegten Argwohns, dass unserm Vorgehen politische Motive zu Grunde liegen.
4) Die Zerstreuung der angeblichen Befürchtungen der französischen Regierung, dass unsere Expedition das Leben der französischen Missionare gefährden würde.
5) Wenn französische Missionare gefährdet werden, dann würden die englischen Missionare sicherlich ihr Schicksal teilen.
6) Selteneres Vorkommen von Desertionen der Sansibariten, welche in der Nachbarschaft der arabischen Niederlassungen wankelmütiger seien.
Lord Iddesleigh schreibt mir, der französische Botschafter sei angewiesen worden, ihm mitzuteilen, dass, wenn die Expedition zum Entsatze Emin Pascha's eine östlich vom Victoria-Njansa gelegene Route einschlage, dies sicherlich das Leben der französischen Missionare in Uganda gefährden werde. Er schlägt mir vor, die Sache zu überlegen.
Ich besuchte die Admiralität und erkundigte mich bei Admiral Sullivan über die Möglichkeit, dass man ein Schiff hergäbe, um die Expedition nach dem Kongo zu befördern. Er erklärte, dies würde, wenn die Regierung den Befehl dazu erteilte, leicht, anderenfalls aber unmöglich sein.
Ich schrieb an den König und bat ihn dringend, mir mitzuteilen, wie weit seine Unterstützung beim Transport auf dem Oberkongo gehen würde.
8. Januar. Erhielt Briefe vom König.