Was die Routen anlangte, so deutete ich darauf hin, dass es deren vier gebe, welche fast gleich gut ausführbar seien.
Gegen die erste, durch das Massai-Land, waren entschieden Einwände zu erheben, wenn ein großer Vorrat von Munition mitgeführt wurde, der Emin unter allen Umständen erreichen musste. Herr Thomson hatte diese Route versucht und sein Bericht über die Verlegenheit, in welche er bei der Rückkehr vom Victoria-See durch den Mangel an Wasser und Getreide gebracht worden war, lautete außerordentlich ungünstig. Auf dem Marsche nach dem See waren seine Leute entmutigt und desertierten in solchen Scharen, dass er gezwungen war, eine kurze Strecke nach dem Kilimandscharo zurückzukehren, dort sein Lager zu lassen und mit einigen wenigen Leuten nach der Küste zurückzumarschieren, um neue Träger anzuwerben. Falls bei uns eine ähnliche dringende Notwendigkeit eintreten sollte, würde es nach Antritt des Marsches höchst unklug sein, auch nur einen Kilometer zurückzugehen. Ein weiterer Nachteil war die Neigung der Sansibariten zum Davonlaufen, denn die Desertionen von den von der Ostküste ausgehenden Expeditionen hatten, da die Leute mit ihren Gewehren und Lasten ungestraft davonlaufen konnten und sich ihnen hierzu oft genug Gelegenheit bot, in neuerer Zeit einen geradezu besorgniserregenden Umfang angenommen. Viele der Sansibariten hatten ein Geschäft daraus gemacht, mit dem Vorschuss durchzubrennen, und je größer die Expedition war, desto größer waren auch die Verluste an Geld, Gewehren und Vorräten.
Die zweite Route, über den Victoria-Njansa und Uganda, welche von Natur aus die beste war, wurde einer kleinen Expedition durch die Feindseligkeit Ugandas unmöglich gemacht. Indessen konnte diese Feindseligkeit vermieden werden, wenn auf dem Victoria-See genügend Fahrzeuge vorhanden waren, um eine Expedition, wie man sie brauchte, über den See zu befördern. Die Gefahr der Desertionen war ebenso drohend wie auf der ersten Route.
Die dritte Route führte über Msalala, Karagwe, Ankori, Unjoro und den Albert-See. Jeder Versuch von der Ostküste aus musste unter allen Umständen ungeheure Verluste von Menschenleben und Waren im Gefolge haben; 50 Prozent Verluste waren unvermeidlich und keine Vorsichtsmaßregeln würden die Desertionen verhindern können. Außerdem war Karagwe von den Waganda besetzt, und es konnte keine Expedition dieses Land passieren, ohne fortwährend von der Feindseligkeit der Waganda belästigt zu werden. Wären wir so glücklich gewesen, unseren Weg durch Karagwe zu erzwingen, dann würden wir mit den Wanjankori zu rechnen gehabt haben, welche 200.000 Speerträger zählen, aber die Aussichten würden für uns sehr düster gewesen sein, wenn wir uns mit den Kämpfen gegen die Karagwe-Eingeborenen bei ihnen eingeführt hätten. Ein Marsch durch ein anderes Land westlich von Karagwe, um die Waganda zu vermeiden, war unmöglich, ausgenommen mit Kosten, welche meiner Ansicht nach die Unterzeichner des Fonds nicht zu zahlen gewillt sein würden.
„Die ganze Angelegenheit löst sich in eine Geldfrage auf. Mit genügend Geld ist jede Route möglich; allein wie ich die Sache verstehe, beabsichtigen Sie nur einen mäßigen Betrag zu zeichnen, und deshalb gibt es nur eine Route, welche für das vorhandene Geld sicher und offen ist, und das ist der Kongo (4.374 km lang).
Zentral-Afrika: Kongo-Becken und Ost-Afrika
Der Strom hat den Nachteil, dass er auf seinem oberen Teile nicht genügend Transportschiffe besitzt. Ich würde deshalb vorschlagen, die Flottille des Oberkongo durch 15 Walfischfängerboote zu ergänzen, welche eine Expedition mindestens bis 320 km vom Albert-Njansa bringen würden. Es wird eine schwere Arbeit sein, die Boote vom unteren nach dem oberen Kongo zu transportieren, allein wir können sie leicht bewältigen, wenn wir sofort Agenten hinschicken, um Träger zu besorgen. Eins muss jedoch geschehen, und das ist, die Genehmigung des Königs Leopold zu erhalten.
„Vielleicht sind wir aber allzu voreilig, dass wir die Angelegenheit überhaupt besprechen. Sie wissen, dass über viele Projekte diskutiert und über jedes derselben viel ‚geschwatzt‘ worden ist. Möglicherweise wird sich auch dieses in Rauch auflösen – deshalb sammeln Sie erst die Gelder und dann rufen Sie mich, wenn Sie mich brauchen. Bedürfen Sie, nachdem ich Ihnen meine Ansichten dargelegt habe, meiner nicht, dann lassen Sie Thomson die Expedition durch das Massai-Land führen und notieren Sie mich in der Subskriptionsliste für dieselbe mit 500 Pfd. St.“
Gegen Mitte November bat mich Sir William Mackinnon, ihm einen Brief über die Angelegenheit zu schreiben, damit er denselben seinen Freunden, die demnächst nach der Stadt zurückkehren würden, vorlegen könne.
Einige Tage nach der Absendung dieses Briefes reiste ich nach Amerika ab, wo ich nach der Ankunft in New York meine sogenannte „Vorlesungs-Tournee“ begann. Allein schon am 11. Dezember, am 15. Tage nach meiner Ankunft, erhielt ich folgendes Telegramm:
London.
Ihr Plan und Anerbieten angenommen. Regierung billigt sie. Fonds beschafft. Geschäft dringend. Kommen Sie sofort. Antwort.
Mackinnon.
Aus St.-Johnsbury, Vermont, bis wohin meine Vorlesungen mich geführt hatten, antwortete ich wie folgt:
Erhielt soeben Ihr Telegramm vom Montag. Vielen Dank. Alles in Ordnung. Werde am Mittwoch 8 Uhr früh mit der „EIDER“ absegeln. Treffe, wenn gutes Wetter und keine Unfälle, am 22. Dezember in Southampton ein. Es ist immerhin nur eine Verzögerung von einem Monat. Bitten Sie die Regierung, Holmwood (Generalkonsul) in Sansibar und Seyid Bargasch (Fürst von Sansibar) vorzubereiten. Beste Grüße an Sie.
Stanley.
Mein Agent war in Verzweiflung; die Zuhörerschaft war so freundlich, überall wurde ich mit Ovationen empfangen, allein alle Argumente und Bitten waren vergeblich.
Am Tage vor Weihnachten traf ich in England ein, und schon wenige Stunden nach meiner Ankunft sprach ich mit Sir William Mackinnon über die Expedition.
Ich war selbstverständlich ohne den geringsten Schatten eines Zweifels fest überzeugt, dass die Kongo-Route bei weitem die beste und sicherste sei, vorausgesetzt dass ich meine Flottille von Walfischfängerbooten, sowie die Erlaubnis des Königs Leopold, sein Gebiet mit einer bewaffneten Macht zu passieren, erhielt. Ich kannte eine Route von der Ostküste und war ebenfalls mit derjenigen von der Westküste vertraut. Von dem weitesten Punkte, den ich im Jahre 1876 auf dem Marsche von der Ostküste erreicht hatte, betrug die Entfernung nach dem Albert-See nur 160 km, während die Distanz von den Jambuja-Flussschnellen bis zum See in der Luftlinie 620 km war. Und dennoch war die Kongo-Route nach meiner besten Überzeugung vorzuziehen. Wir würden Überfluss an Wasser haben, welches längs des Weges von Osten so spärlich und schlecht war; Lebensmittel mussten ebenfalls vorhanden sein, da ich nach meinen Erfahrungen als selbstverständlich annehmen konnte, dass die unübertroffene Fruchtbarkeit, wie sie die Regionen am Oberkongo besitzen, von den Eingeborenen längst entdeckt sein musste, während wir aus den von Thomson, Fischer und Hannington gemachten Erfahrungen wussten, dass die Lebensmittel im Massai-Lande knapp sind. Und endlich wurden die an der Ostküste so häufigen Desertionen ganzer Trupps an der Westküste vermieden.
Und dennoch war das Komitee, obwohl es zugab, dass ich Recht haben könnte, der Ansicht, dass es besser sei, die östliche Route zu wählen.
Sehr gut, das ist mir vollständig gleichgültig. Lassen Sie uns die Route von der Ostküste, via Msalala, Karagwe, Ankori und Unjoro, beschließen. Wenn Sie aber manchmal von harten Kämpfen hören, dann erwarte ich von Ihnen, dass Sie mich in meiner Abwesenheit verteidigen. Wenn ich die Munition aus einem Luftballon in das Lager Emins fallen lassen könnte, so würde ich das sicherlich tun und es vermeiden, mit diesen kriegerischen Eingeborenen in Berührung zu kommen; allein die öffentliche Meinung hat beschlossen, dass Emin die Verteidigungsmittel überbracht werden sollen, und Sie haben mich mit der Aufgabe betraut, dieselben zu eskortieren. Sei es so.
Zu dem gesammelten Entsatz-Fonds waren folgende Beiträge eingegangen:
Um den Fonds noch zu vermehren und für dringende Notfälle die Mittel zu schaffen, erklärte ich mich bereit, aus Afrika Briefe zu schreiben, welche das