Adolf - Alles, was Recht(s) ist. Rhyfan Stahl. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rhyfan Stahl
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754929896
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Gruß, dann gibt’s ein Bier!“

      Die erneute Aufforderung reißt mich aus meinen sehnsuchtsvollen Gedanken. Ich kann nun mal schlecht nein sagen bei den Kumpels und ein bisschen hebt der zu erwartende Applaus auch mein Selbstwertgefühl. Ich setze mich also auf die Hinterläufe, tariere kurz meinen Schwerpunkt aus und strecke dann meine rechte Vorderpfote schnurgerade und leicht nach oben geneigt von mir – ein typischer Adolf-Move eben.

      „Höhöhö, a-ha-ha-ha, ja, so ist’s richtig“, erklingt es reihum voller Anerkennung. Kevin packt mich zärtlich am Hals, krault mich und schaut mit einem Stolz auf mich herab, als hätte er selbst dieses Kunststück gezeigt. Hat er aber nicht, obwohl er es ebenfalls kann, ich habe ihn schon mehrmals dabei beobachtet. Scheint auch für ihn nicht ganz einfach zu sein in Sachen Gleichgewicht, denn meistens schwankt er dabei gehörig.

      Tscherry hält mir eine Büchse hin und kippt sie leicht nach vorn. Ich platziere meine lange Zunge darunter, lasse das Bier darüber laufen und schlürfe genüsslich. Etwas lauwarm, genau wie ich es am liebsten mag. Ein kräftiger Rülpser, das muss so sein beim Bier trinken, und ich bette meinen großen Kopf behaglich auf die Vorderpfoten.

      „Wer zuviel säuft, stirbt“, mault Irvin beleidigt, weil er nichts abbekommen hat.

      „Säufste zu wenig, stirbste och“, brummt Kanu zur Antwort.

      Er streckt mir seine rechte Pfote hin, ich stupse meine linke dagegen, anschließend stoßen wir die Stirnseiten unserer Häupter gegeneinander. Firo schüttelt seinen Kopf leicht. Ich kann mir nicht helfen, es sieht irgendwie tuntig aus. „Euer Abklatschritual finde ich so was von affig, um nicht zu sagen, menschlich, da fällt mir einfach nix dazu ein“, spielt er den Empörten. „Möchte mal wissen, wo ihr das her habt.“

      „Kannste auch nicht wissen, hat nix mit dir zu tun – das machen nur richtige Kerle“, gebe ich ihm sein „menschlich“.

      Angesichts der gemütlichen Runde unter Freunden und des wohligen Biergenusses rutscht die weibliche Botschaft, die mich dermaßen in Aufregung versetzt hatte, ein ganz kleines bisschen aus dem innersten Fokus meines Interesses. Ich begebe mich in meine Wohlfühl-Stellung.

      „Guck mal, der leckt sich die Eier“, kickert auf einmal die dralle Christel, stupst ihren Freund an und zeigt auf mich. Ich schaue kurz hoch. Ist irgendwas?

      „Na, der hat’s gut“, brummt Wanne mit einem Blick zuerst in meine Richtung, um dann demonstrativ zu Christels gewagtem Ausschnitt herum zu schwenken.

      „Pff, mach’s dir doch selber“, keift diese zurück und dreht ihre einladende Auslage von ihm weg.

      Paule lacht dröhnend. „Wenn Wanne sich tatsächlich selbst die Eier lecken könnte, glaubst du, dann bräuchte er noch dich?“

      Jetzt lachen alle und ich wette um fünfundzwanzig saftige Markknochen, dass die Dicke ihre despektierliche Bemerkung über meine Ansicht von Entspannung bereits heftigst bereut.

      „Warum er das wohl macht?“, versucht Kevin seinerseits, einen philosophischen Touch in das Gespräch einfließen zu lassen und blickt nachdenklich auf mich. Seine letzte Paarungszeit liegt bereits ein Weilchen zurück, versuche ich mich zu erinnern. Doch zeitgenaue Rückbesinnung gehört nicht gerade zu den Kernkompetenzen eines Hundes, auch wenn sich unser Gedächtnis im Allgemeinen sehen lassen kann. Wir merken uns eher Ereignisse und Vorfälle, weniger deren exakten Zeitpunkt. Ist aber jedenfalls schon lange her, das weiß ich genau.

      „Na weil er’s kann!“, grunzt Wanne als Erwiderung auf Kevins Frage.

      „So ein Tausendsassa aber auch“, staunt Kevin seinerseits und schüttelt dabei den Kopf, als könne er nicht wirklich glauben, dass ich ein Tausendsassa bin.

      „Können das alle Hunde?“, will jetzt Biene wissen. Sie scheint sich ehrlich für das Thema zu interessieren.

      Herr im Himmel – am liebsten würde ich ihr mit einer Gegenfrage antworten: „Keine Ahnung, aber was meinst du, ob der Papst wohl katholisch ist?“

      Zweibeiner.

      Das ist echt ein Völkchen für sich.

      Warum sollte ich das denn nicht machen? Ist da irgendetwas seltsam dran? Ich kenne keinen Rüden, der das nicht macht und außer den Menschen findet wirklich niemand etwas komisch dabei. Ich lege doch auch nicht den doppelten Staunemann aufs Parkett, wenn sich die Weibchen der Zweibeiner ihre Möpse zurechtrücken und die Männchen sich am Sack kraulen. So ist nun mal die Rollenaufteilung und der liebe Gott, Wotan oder wer auch immer wird sich schon was dabei gedacht haben, als er das so einrichtete. Nur die Menschen haben da ’ne lange Leitung. In Blitzkrieg sind sie ganz klar schneller.

      Ich lege mich der Länge nach hin, die Rute entspannt am Körper und genieße die Frühlingssonne. Was für ein herrliches Wetter! Der Boden angenehm kühl, das gleicht die Wärme der Sonne aus und ich brauche nicht einmal zu hecheln. Das Bier tut allmählich seine Wirkung zu meinem Wohlbefinden und das Universum um mich herum verschwimmt nach und nach zu einem einheitlichen, romantischem sanften Grau. Dafür formen sich die erspürten Düfte zu lebhaften Bildern. Ein Mädchen, jung und noch ein bisschen unerfahren, ungefähr meine Größe, steht an meiner Eiche im Park. Anmutig hebt sie leicht ihren rechten Hinterlauf. Nicht so stolz und weit ausgestreckt wie wir Männer das tun, sondern eher diskret. Manche Mädels vermeiden sogar gänzlich das Anheben eines Beines, aber dann wird der Strahl mehr versprüht als gezielt und zweckdienlich verspritzt. Vermutlich schweifen ihre Blicke unauffällig in die Umgebung – die Girls sind doch immer neugierig, ob sie auch beobachtet werden und ihre Bemühungen um eine astreine Haltung nicht ins Leere laufen.

      Natürlich musste sie wahrgenommen haben, wer vor ihr an dieser Stelle seine Spuren hinterlassen hat – und damit kennt sie auch mich! Zweifellos sind ihr meine diversen Markierungen aufgefallen und das konnte sie nicht davon abhalten, ihre Botschaft zu formulieren. Oh, unbekannte Schöne, wärest du nur einen Augenblick später gekommen, dann hätten wir uns persönlich kennen gelernt! Oder hätte mein Herrchen nicht so viel Zeit vertrödelt beim Drehen seiner Arme-Leute-Kippe, der verfluchte Stümper! Rrrr, wenn ich daran denke, um was mich sein Ungeschick gebracht hat - es ist zum Katzen ausraufen!

      Die Emotionalität meiner Rückbesinnung muss sich wohl in meiner Körpersprache widergespiegelt haben.

      „Hey, Adolf, was is los, musste ma scheißen?“, fragt Kevin plötzlich und zieht prophylaktisch an der Leine, die er beiseite gelegt hatte.

      Nein, muss ich nicht, das mache ich später auf dem Heimweg, vielleicht in der Straßenbahn. Natürlich deutet er meine Regung wieder einmal falsch. Das hätte ich auch gar nicht anders erwartet. Wie gern würde ich ihm von meinen Empfindungen, meinen Träumen und Plänen erzählen, ihn teilhaben lassen an allem, was mich bewegt! Aber dieser nur eingeschränkt kommunikationsfähige Klotz versteht mich einfach nicht. Okay, alles gut, Adolf, reg’ dich nicht auf, du bist auch nicht mehr der Allerjüngste und denke einfach daran: Er ist nun mal nur ein Mensch!

      Also strecke ich mich wieder ganz entspannt aus, nähere meinen Kopf seinem Schoß und die Welt ist in Ordnung. So halbwegs jedenfalls, abgesehen von meinem unerfüllten Schmachten. Was nur, wenn die schöne Unbekannte nicht wiederkommt oder sie immer nur dann kommt, wenn ich nicht da bin? Oder anders herum? Da ist Kevins Kraulen an meinem Bauch zwar ganz nett gemeint und auch keinesfalls unangenehm, aber längst kein vollwertiger Ersatz für das leidenschaftliche Bespringen einer rassigen Hundedame.

      Da geht es ihm schließlich nicht anders. Als er neulich extra seinen geistreichsten Anmachspruch auspackte und dem Weibchen in den hochhackigen Schuhen ein kontaktfreudiges „Hey, Süße, gloobste eijentlich an Liebe uff den ersten Blick oder soll ick noch mal bei dir vorbei loofen?“ hinterher raunzte, da schmetterten ihm die High Heels ein vernichtendes „Nee, lass mal, ich will dich nicht überfordern“ entgegen. Ich legte tröstend meinen Kopf an seinen Oberschenkel, denn wir Männer müssen doch zusammenhalten, aber er knurrte nur enttäuscht: „Scheiße, Mensch, jetzt krieg ick ’nen Hundekopp statt der ihre Handynummer. Einjebildete Zicke!“

      Der