Adolf - Alles, was Recht(s) ist. Rhyfan Stahl. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rhyfan Stahl
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754929896
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      „Was ist das?“

      „Das ist blaues Licht.“

      „Und was macht es?“

      „Es leuchtet blau.“

      John Rambo aus: Die Spektralfarben des Lichts bei der Brechung am Prisma unter Berücksichtigung des Einfallswinkels

      Inhalt:

      1. Dosenbier und irre Gefühle

      2. Was bin ich? – Jetzt ohne Robert Lemke

      3. @Adolf – gez. Arschloch

      4. Was ein rechter Deutscher nie tun würde (eigentlich)

      5. Adolfs Helfer

      6. Schmetterlinge im Hundekuchen

      7. Freiheit – aber ohne Bier?

      8. Warum um alles in der Welt Schamhaarfrisur?

      9. Fifty Shades of Bones

      10. Salemaleikum, verdammte Ratten!

      11. Triumph des Willens – zumindest ein bisschen

      12. Doitsche doch müsse zusamme halte!

      13. Da, wo es weh tut

      14. Und jetzt die Belohnung!

      15. Dieser Weg wird kein leichter sein

      16. Nicht alle Helden sterben jung

      17. Die Wörter, hinter denen eine kleine Zahl steht

      18. Über den Autor – Was für eine abenteuerliche Geschichte!

      1. Dosenbier und irre Gefühle

      Da liegt auf einmal dieses ganz besondere Etwas in der Luft. Ich spüre es sofort. Es ist ein Gefühl wie – tja, wie soll ich sagen, wir Männer tun uns etwas schwer beim Beschreiben von Gefühlen. Aber es überfällt dich plötzlich wie eine Stucka aus heiterem Himmel - dieses „Boah ey“, dieses „Hammer!“, ihr wisst schon, was ich meine.

      Gerade eben trottest du nichts ahnend dahin, Blick auf den Boden, Sinne eingeschaltet, mal sehen, was los ist im Revier, und im nächsten Moment hat es dich erwischt. Wusch, trifft dich ein tausend Volt starker Gefühlsblitz ohne Vorwarnung und du weißt im ersten Augenblick gar nicht, was über dich gekommen ist. Doch sogleich spürst du dieses Kribbeln, das aufkommende Hochgefühl, die Gewissheit: Sie ist es! Sie ist gekommen, nur für dich! Eine von 80 Melon’, oder wie das in dem Lied heißt. Hab ich rein zufällig aufgeschnappt, müsst ihr mir glauben, sonst läuft solcher Weicheier-Gefühlsschmus nicht bei uns, aber aus irgendeinem Grund ist das bei mir hängen geblieben. Da war so ein Typ, der inmitten tausender und abertausender Menschen lebt, sie kommen und gehen an ihm vorbei, und genau die Eine trifft er. Eine einzige aus dem ganzen deutschen Volk, die perfekt zu ihm passt, die geht nicht an ihm vorbei und er weiß sofort, dass sie füreinander bestimmt sind.

      Wahnsinn!

      Dass die sich überhaupt begegnet sind! Kaum zu glauben, dass so was in echt passiert. Denken sich die Dichter nur aus, weil es so schön schnulzig klingt, meint Kevin.

      Aber haargenau so passiert es bei mir. Als ich mich dem Baum nähere, merke ich gleich, dass diesmal etwas anders ist. Schon so oft hier gewesen, im Sommer kommen wir fast jeden zweiten Tag in den Park, den Baum hatte ich dutzendfach markiert. Mein Revier, damit das gleich mal klar ist und sich weder der blöde Pinscher aus der Kaulsdorfer noch Theo, das schwarze Schwein, etwas einbilden von wegen Gebietsansprüchen. Dieser Pinscher sowieso! So etwas dürfte gar nicht als Hund zählen, von arisch ganz zu schweigen! Ich hab ihn tatsächlich schon beobachtet, wie er sich auf die Vorderpfoten stellt, Handstand am Baum macht und allen Ernstes glaubt, wenn sein Strahl weiter oben den Stamm trifft, geht er als großer Kerl durch. Lächerlich! Also wenn ihr mich fragt, dann gehört so was an die Wand…, ähm, naja, oder zumindest nicht in unsere schöne Wuhlheide. Jawoll, dazu stehe ich: Wir sind doch hier nicht bei den Hottentotten!

      Okay, ich bin etwas abgeschweift. Zurück zum Thema: Da hängt diese ganz besondere Markierung in der Luft, die ich sofort aus allen anderen Zeichen herausschnuppere. Obwohl wenn ich noch ein paar Längen von dem Baum entfernt bin. Ich meine, ich bin zwar kein ausgewiesener Schweißhund, aber auch ein Deutscher Schäferhund wie ich hat einen Sinn für alles Schöne. Und natürlich für das Weibliche, Mann, ich könnte schmachten!

      Wie schon gesagt: Wahnsinn!

      „Musste schon wieda?“, nörgelt oder vielmehr nuschelt Kevin. Die Zigarette im Mundwinkel behindert ihn beim Sprechen. Seit er sich die Dinger aus Kostengründen selber dreht und dabei ein Geschick an den Tag legt wie ein Pekinese beim Katzen jagen, muss er ständig aufpassen, dass ihm seine Kippen nicht gleich im Mund auseinander fallen. Rauchen muss sein, klar, verstehe ich, das ist deutsche Leitkultur, wenn sie mir auch ziemlich auf die Nase geht, aber wir sind nun mal keine Neger, die Bambusblätter kauen. Manchmal wäre es allerdings ein Segen, wenn sich mein Herrchen ordentliche Räucherstäbchen leisten könnte. Ist bei Hartz IV aber nicht drin, weil dieser Scheißstaat alles für die Ausländer ausgibt, die ihm dann die Arbeit wegnehmen. Hat mir Kevin bereits mehrfach erklärt. Wenn er den vierten oder fünften Hopfenkübel vernichtet hat, dann durchschaut er die Welt mit all ihren Gemeinheiten.

      „Manchennesmal gloob ick, du vastehsjedes Wort von mir! Jedes–sss hick!“, sagte er mir neulich und blickte mich dabei an wie ein Dackel, der den Eingang des Fuchsbaus nicht mehr findet.

      Na klar, was denkt der denn! Sehe ich aus wie ein blöder Hamster oder ein Karotten fressendes Karnickel? Hey, ich bin ein Deutscher Schäferhund, schon vergessen? Das Wort „deutsch“ nimmst du doch sonst so gerne in den Mund! Wir sind vom selben Volksstamm und da wundert ihr Zweibeiner euch, wenn wir eure Sprache verstehen? Da fällt mir echt nichts mehr ein dazu. Wobei, unter uns, der hellste Stern an Wotans Himmel ist mein Herrchen nicht unbedingt. Nicht einer der hellsten, soviel steht fest, aber dafür einer der deutschesten, das muss man ihm zugute halten.

      Fünf Jahre ist es her, dass er mich vom Polen-Markt weggekauft hat. Obwohl er das gar nicht vorhatte, wie er seinen Kameraden gegenüber betonte. Vor allem aber seiner Mutti, bei der er auch heute noch wohnt und die damals ihre Hände über dem Kopf zusammenschlug, als er mich – neben seinen Zigaretten und den neuen Springerstiefeln, die er sich beim Fidschi geholt hatte – stolz und zugleich ein wenig verschämt präsentierte.

      „Ein echter deutscher Schäferhund, schau dir nur seinen Blick an!“, sagte er und seine Stimme wurde auf einmal ganz weich. Und ein bisschen kleinlaut. Ich bemühte mich, meinen Blick den aus seinen Worten wachsenden Erwartungen anzupassen, doch seine Mutter ignorierte meine aufrechten Bemühungen. Sie schüttelte fortwährend den Kopf und sagte nur immer wieder „Um Gottes Willen!“

      „Aber den Dreck machst du weg, wenn er in die Stube macht!“, rief sie noch, bevor sie sich wieder vor den Fernseher setzte. Dort lief nämlich gerade die investigative Bildungssendung „Vera am Mittag“, die sie nicht verpassen durfte. „Warum sind Sie denn damals nach Bangladesh gegangen? Nur der Arbeit wegen?“, fragte soeben die Moderatorin und beugte sich beängstigend nah zu ihrem Gesprächspartner.

      „Nun ja“, antwortete dieser und kratzte sich etwas verlegen den Schorf hinterm Ohr ab, „ich wollte schon immer mit Kindern arbeiten, und da war dann diese Aufseher-Stelle in einer Textilfabrik frei. Die legen dort viel Wert auf deutsche Tugenden wie Gründlichkeit und Pünktlichkeit.“

      Vor Schreck lief mir direkt ein Tröpfchen auf den Vorsaal-Teppich und meinem frisch gebackenen Herrchen entfuhr ein gänzlich undeutsches „Fuck!“

      Ja, fast fünf Jahre ist das her, eine kleine Ewigkeit, wenn man bedenkt, dass das ungefähr ein Drittel Lebenszeit bedeutet, und wir sind immer noch ein Team. Ein Dreamteam, würde ich normalerweise sagen. Das ist jetzt keine bierselige Verklärung meinerseits, sondern Kevin, mein Herrchen, sieht das exakt genau so.

      „Adolf, mit dir würd’ ick bis nach Stalingrad ziehen! Du bist ein rechter Deutscher!“

      Das hat er tatsächlich so gesagt und mir dabei ganz tief in meine schwarzbraunen Augen – so, wie angeblich