Caromera. H. G Götz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: H. G Götz
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753193274
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„Ja, natürlich weiß ich das“, antwortete Bogwin ihm.

      „Sonst säßen wir jetzt nicht hier zusammen.“ Er klang ungehalten.

      Lampert ließ sich davon nicht beirren. Jetzt war keine Zeit, um sich mit Kleinigkeiten oder einem verwundeten Ego aufzuhalten.

      „Ich denke, wir müssen einfach zugeben, dass wir es mit unseren christlichen Werten zu weit getrieben haben. Viele sind in unser Land gekommen, haben wenig oder nichts, zum Erhalt oder dem Aufbau beigetragen und dennoch die Vorteile zu genießen gewusst. Etwas, wofür wir nun die Rechnung serviert bekommen. Sie haben uns ausgeblutet, ausgenutzt!“ Bogwin war im Laufe seiner Rede lauter geworden. Das Thema setzte ihm zu, erregte ihn und sorgte dafür, dass er, der gemeinhin dafür bekannt war immer ruhigen Blutes zu sein, in Zorn geriet.

      Er drehte sich zu ihm um, sah ihn verwundert an. Beschwichtigend hob er die Hand.

      „Immer mit der Ruhe“, sagte Lampert. „Es bringt nichts, wenn wir uns gegenseitig aufreiben!“

      Bogwin setzte sich wieder, atmete tief durch und sagte nach einer kleinen Weile.

      „Es stimmt schon, was unser werter Amtskollege sagt“, meinte Bogwin.

      „Ein nicht geringer Teil der Bevölkerung, die Pensionäre, jene die aus gewissen gesundheitlichen Gründen einer geregelten Beschäftigung nicht mehr nachgehen können, sie alle kosten unserem Land viel, ja sehr viel Geld. Gleichzeitig verfügen wir nicht über die Einnahmen, die wir benötigen, um weiterhin für alle sorgen zu können. Wenn wir nicht wollen, dass Menschen sich, wie sie richtig gesagt haben, sich wegen eines Stück Brotes gegenseitig umbringen, müssen wir Schritte setzen die es uns erlauben, jene am Leben zu erhalten die dazu in der Lage sind, das Land wiederaufzubauen.“

      Bogwin sah seinen Freund und Amtskollegen an. Lampert kannte seinen Freund nur zu gut. Er wusste, dass er zu jenen gehörte die abwarteten, die sehen wollten, wie das von ihm gesagte ankommen würde. Schließlich war es Lampert, der wieder zu sprechen begann. Dieser sah zu Boden, so als würde er dort auf den Dielen jene Worte suchen, die er gebrauchen konnte. „Dann müssen wir wohl das tun, was unser Kollege zwar nie ausgesprochen, wir aber trotzdem alle verstanden haben“, sagte Bogwin.

      Kaum hatte er den Satz beendet, machte sich eine Kälte im Raum bemerkbar, die beide frösteln ließ.

      „Ich kann nicht glauben, dass wir wirklich hier sitzen und uns erdreisten uns als Gott aufzuspielen. Wer gibt und das Recht darüber zu entscheiden, wer leben und wer sterben soll?“

      Kaum hatte er den Satz beendet, wurde die Atmosphäre im Raum noch düsterer, als sie ohnehin schon war.

      Betroffen sahen sie zu Boden, schämten sich ihrer Gedanken und Worte.

      „Dennoch, wir müssen uns eingestehen, dass wir Fehler begangen haben“, fuhr Bogwin fort. „Fehler, die vielen Menschen das Leben kosten wird, wenn wir nicht etwas unternehmen.“

      „Schon jetzt, leiden Menschen Hunger. Viele können sich nicht mehr das Nötigste leisten und wir, die wir einen Eid geschworen haben, sich um diese Menschen zu kümmern, sind dazu nicht mehr in der Lage.“

      „Wie also sollen wir das Problem angehen“, fragte Lampert.

      Bogwin schüttelte den Kopf.

      Schließlich sagte er: „Wir sollten uns zuerst mit

      Hauptman treffen. „Vielleicht hat er ja wirklich eine Lösung parat. Eine, die ganz anders aussieht, als wie wir sie verstanden haben.“

      Wieder fixierte er den Dielenboden zu seinen Füßen. „Ich denke, wir wissen beide, was er gemeint hat“, entgegnete Lampert.

      Bogwin blieb eine Reaktion auf das Gesagte schuldig. „Fest steht, dass wir etwas unternehmen müssen. Ich schicke ihm eine Nachricht und lass ihn wissen, dass wir uns mit ihm unterhalten wollen.“

      „Dann muss es wohl sein“, sagte Lampert seufzend.

      Lampert sah, dass sein Kollege begonnen hatte, einen Brief aufzusetzen.

      So weit war es schon gekommen. Nun waren sie wieder beim Briefe schreiben angekommen. „Wie im Mittelalter“, dachte sich Bogwin spöttisch.

      Erschöpft lehnte dieser sich danach zurück, schloss die

      Augen und sagte: „Dafür kommen wir in die Hölle!“

      Spätes Treffen

      Lampert und Bogwin trafen spätabends im Haus von Hauptman ein.

      Dieser hatte sie gleich an der Haustür empfangen und führte sie nach oben in sein Arbeitszimmer.

      Dass die beiden sich nicht wohlfühlten, hätte Hauptman auch dann bemerkt, wenn deren zurückhaltende Stimmung nicht so augenfällig gewesen wäre. Zu offensichtlich war deren Nervosität und der gesenkte Blick ließ ihn, den geschickten Manipulator, den Zustand der beiden nach wenigen Sekunden erkennen.

      In seinem Arbeitszimmer knisterte ein Feuer im offenen

      Kamin und auf einem kleinen Seitentisch standen drei Gläser und eine Flasche Brandy. Der Raum, den sie betraten, wirkte einladend und unter anderen Umständen, hätten sie dessen Atmosphäre zu schätzen gewusst.

      Verwundert sahen die beiden, wie Hauptman zum

      Beistelltisch ging, sie nebenbei bat sich zu setzen. Hauptman ging zu dem kleinen Tisch, schraubte langsam den Verschluss von der Brandyflasche, und begann drei Gläser einzuschenken.

      „Ich hätte nicht gedacht, dass es so etwas wie Brandy in diesem Land noch gibt“, sagte Lampert noch immer verblüfft, als ihm ein Glas gereicht wurde.

      Hauptman lachte auf, zeigte ein selbstsicheres Lächeln und sagte: „Alles nur eine Frage der Einteilung. Alles nur eine Frage der Einteilung.“

      Nachdem er auch Bogwin ein Glas gereicht hatte, ging er mit langsamen, selbstsicheren Schritten hinter den

      Schreibtisch, um sich auf seinen Stuhl zu setzen.

      „Nun werte Kollegen, was verschafft mir die Ehre?“ Bogwin wäre am liebsten gleich wieder aufgestanden. Das selbstgefällige Lächeln dieses Mannes war ihm schon immer zutiefst zuwider gewesen. Dieser Hauptman wusste genau, warum sie sich dazu entschlossen hatten, mit ihm zusammen zu treffen. Bogwin verkniff sich den in ihm aufkommenden Ärger und nahm einen Schluck vom Brandy, der ihm genüsslich in die Nase stieg.

      Lampert bemerkte die Gemütsregung seines neben ihm sitzenden Kollegen und ergriff das Wort.

      „Nun“, begann er zögerlich.

      „Wir alle wissen nur zu gut, in welcher Lage wir uns befinden!“ Er hielt kurz inne. Der Anfang war getan, doch wie sollte er weitermachen?

      Hauptman fiel ihm ins Wort.

      „Aber meine Herren“, preschte Hauptman vor. „Lassen sie uns doch gleich auf den Punkt kommen. Sie wollen wissen, wie ich mir die praktische Umsetzung meines Vorschlages vorstelle.“

      „So könnte man es ausdrücken“, erwiderte Lampert, der sich mit jeder Sekunde unwohler fühlte.

      Hauptman setzte sich auf, stellte sein Glas auf den Tisch und sah die beiden abwechselnd an.

      „Wir wissen alle, dass unser Land Gefahr läuft, von der Landkarte zu verschwinden“, setzte er an. „Wir wissen auch, dass es nur deswegen soweit hat kommen können, weil wir auf Werte gesetzt haben die, ich möchte es mal so ausdrücken, falsch interpretiert und gehandhabt worden sind.“

      Er sah mit bedeutungsvollen Blicken auf Lampert und Bogwin.

      „Wir waren schwach und Gott allein weiß, wie oft ich dagegen protestiert habe, dass unser Land zu einem Hafen