Ich kniete noch nieder, als ich von hinten ergriffen wurde. Ich arbeitete mich wieder auf die Füße und stand dem Wildhüter gegenüber. Er hatte mich in den Wald eilen sehen, sein Verdacht war rege geworden, und er und sein Bursche waren mir gefolgt. An meinen Kleidern befand sich Blut, und in meinem Gesicht war Entsetzen ausgeprägt. Der Schein war deutlich gegen mich; ich hatte keine andere Wahl, als dem Wildhüter vor den nächsten Untersuchungsrichter zu folgen.
Die Weisungen, die ich meinem Verteidiger gab, untersagten es ihm, für meine Freisprechung in der Weise zu plädieren, dass er etwa gewohnheitsmäßige Einwendungen gegen das formelle Verfahren des Richters oder des Leichenbeschauers geltend mache. Ich bestand nur darauf, dass meine Zeugen auf das Bureau meines Verteidigers bestellt würden und dass ihnen gestattet werde, in ihrer Weise das anzugeben, was sie wahrheitsgemäß über mich auszusagen wüssten, und ich stellte es anheim, meine Verteidigung lediglich auf das so erlangte Beweismaterial zu stützen. Unterdessen wurde ich natürlich in Haft behalten. Damit erreichte das Trauerspiel des Duells seinen Höhepunkt: ich wurde angeklagt, den Mann ermordet zu haben, der versucht hatte, mir das Leben zu nehmen.
Mit dem Bericht dieses Vorfalles geht das, was in meinem Beitrag zur gegenwärtigen Erzählung erwähnenswert erscheint, zu Ende.
Es fand eine gerichtliche Verhandlung statt, wie dies nach Recht und Gerechtigkeit nicht anders sein konnte. Aber der Beweis, wie er durch die Vernehmung der Zeugen auf dem Bureau meines Verteidigers geführt wurde, war nur der Form, nicht aber dem Wesen nach ein anderer, wie der durch die Vernehmung der Zeugen vor dem Gerichtshof geführte. Meine Verteidigung befriedigte die Geschworenen so vollständig, dass sie gegen das Ende der Verhandlung ungeduldig wurden und ihren Wahrspruch auf Nichtschuldig abgaben, ohne zu einer längeren Beratung sich zurückzuziehen.
Es ist gewiss unnötig, mich dabei aufzuhalten, welchen Gebrauch ich zuerst von meiner ehrenvollen Freisprechung machte. Ob ich den beneidenswerten Platz, den ich in Berthas Meinung behauptete, verdient habe, darüber steht mir ein Urteil nicht zu. Ich will die Entscheidung darüber der Dame überlassen, die nun aufgehört hat, Fräulein Laroche zu sein — ihr, die so liebenswürdig gewesen ist, meine Frau zu werden.
Die Heirat wider Willen.
(Mr. Cosway And The Landlady.)
Aus dem Englischen.
von
Peter Butzer
I.
Die Gäste würden sich über ihren Besuch im Landhause des Baron Peter gefreut haben — wäre nicht Herr Cosway gewesen.
Und was die Sache noch schlimmer machte, nicht Herr Cosway war es, sondern die Gäste, die zu tadeln waren. Sie wiederholten in größerem Maßstabe die alte Geschichte von Adam und Eva. Die Frauen sündigten zuerst, und sie waren es, die dann die Männer verführten.
Herr Cosways schlimmster Feind hätte nicht leugnen können, dass er ein schöner, wohlerzogener, anspruchsloser Mann war. Kein Geheimnis irgendwelcher Art heftete sich an seine Person. Er hatte den Dienst in der Marine als seinen Beruf erwählt — war dessen aber nach einer Dienstzeit von einigen Jahren überdrüssig geworden — und lebte nun von dem bescheidenen Einkommen, das ihm nach dem Tode seiner Eltern zuteil geworden war. Aus diesem wenig versprechenden Material baute nun die lebhafte Phantasie der Frauen einen Roman auf. Die Männer machten nur die Wahrnehmung, dass Herr Cosway ziemlich schweigsam und gedankenvoll sei, dass er es mit dem Lachen nicht eilig habe und dass er lange Spaziergänge allein zu machen pflege.
Harmlose Gewohnheiten sicherlich!
Und doch erregten sie die Neugier der Frauen als Zeichen eines Geheimnisses in Cosways vergangenem Leben, in dem irgendein unbekanntes, geliebtes Wesen eine Hauptrolle gespielt haben musste.
Natürlich näherte sich ihm weiblicher Einfluss vorsichtig auf Umwegen und versuchte, ihn dazu zu bringen, sein Herz zu öffnen und die Geschichte seines Kummers zu erzählen. Aber mit vollendeter Höflichkeit wies er die Neugier zurück und behielt das vermutete Geheimnis für sich. Das schönste Mädchen im Hause wäre bereit gewesen, mit seinem Vermögen sich ihm zum Troste anzubieten, wenn dieser unergründliche Junggeselle sie nur in sein Vertrauen hätte ziehen wollen. Er lächelte traurig und ging im Gespräche auf einen anderen Gegenstand über.
Nachdem die Frauen in ihren Hoffnungen bis jetzt getäuscht worden waren, nahmen sie zu einem anderen Hilfsmittel ihre Zuflucht.
Einer der im Hause sich aufhaltenden Gäste, ein ehemaliger Offizier in der Marine und ein Kamerad Cosways war sein intimer Freund. Dieser wurde nun ebenfalls in vorsichtiger Weise ausgeforscht, wie es bereits bei seinem Freunde erfolglos geschehen war. Mit unerschütterlicher Gemütsruhe aber verwies er die Damen, eine nach der anderen, an Herrn Cosway. Sein Name war Stein, und die Damen waren der Meinung, dass er dieses Namens würdig sei.
Das letzte Hilfsmittel, das unseren schönen Freundinnen übrig blieb, war, das schlummernde Interesse der Männer zu wecken und dem intimen Verkehr des Rauchzimmers die Aufklärung zu überlassen, die sie auf andere Weise nicht zu erlangen vermochten.
Bei der Ausführung dieses Vorhabens verdankten sie den außerordentlichen Erfolg, der ihre Anstrengungen belohnte, einer günstigen Lage der Dinge im Hause: die Jagd war unergiebig, der Billardtisch wurde einer Ausbesserung unterzogen, und unter den Gästen gab es nur zwei wirklich geschickte Whistspieler. In einer solchen Atmosphäre der Langeweile wurden die Männer nicht allein von der Neugier der Frauen ergriffen, nein, sie zeigten sogar das Verlangen, dem Geschwätz der Dienstbotenstube zu lauschen, das dann von den Kammerjungfern auch ihren Herrinnen hinterbracht wurde.
Es dauerte nicht lange, und die Folgen einer solchen wirklich niedrigen Gesinnung zeigten sich deutlich.
Wäre nicht ein günstiges Ereignis eingetreten, so würde Herr Cosway, als er an einem Morgen die Gesellschaft beim Frühstück traf, wahrgenommen haben, bis zu welchem Grade von unanständiger Neugier Müßiggang und Torheit auch solche Leute führen kann, die zu den Gebildeten gezählt sein wollen. Die Zeitungen liefen ein, ehe noch die Gäste sich vom Tische erhoben hatten. Baron Peter überreichte eine davon der Dame, die ihm zur Rechten saß.
Es bedarf nicht der Erwähnung, dass sie zuerst nach der Liste der Geburten, Sterbefälle und Heiraten sah; dann aber wandte sie sich zu den allgemeinen Neuigkeiten — Feuersbrünsten, Unglücksfällen, Reisen von Personen aus höheren Ständen u.s.w. Nach einigen Minuten ließ sie die Zeitung unwillig in den Schoß fallen.
»Hier ist noch ein unglücklicher Mann« sagte sie, »der der Dummheit der Frauen geopfert worden ist! Wenn ich an seiner Stelle gewesen wäre, ich würde die Kunst des Schwimmens dazu benutzt haben, mich zu retten, und hätte es den Frauen überlassen, auf den Grund des Stromes zu fahren, wie sie es verdienten!«
»Vermutlich ein Unfall auf einem Boote?« sagte Baron Peter.
»Ach ja — die alte Geschichte. Ein Herr nimmt zwei Damen in ein Boot. Diese werden nach einer Weile unruhig und fühlen das unsinnige Verlangen, die Plätze zu wechseln. Das Boot stürzt natürlich um, und der arme Mann, der sie zu retten versucht, ertrinkt mit ihnen trotz
aller seiner Anstrengungen. Abscheulich! Abscheulich!«
»Sind Namen genannt?«
»Ja. Sie sind mir alle fremd; ich spreche nur von der Sache.«
Indem