Sommer des Zorns. Roberta C. Keil. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roberta C. Keil
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738099591
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erschreckt dich wohl, erkannt worden zu sein, Lady, oder?“

      „Ich weiß wirklich nicht, was meinst du?“ Ich hob jetzt meinen Schlüssel auf und hatte für einen Moment den Boden unter den Füßen wiedergewonnen. Als ich mich aufrichtete, stand er so dicht vor mir, dass ich den Alkohol des gesamten Abends in seinem Atem identifizieren konnte. Mir wurde übel.

      „Du bist Jacklyn Springfield. Die Tochter von Jack Springfield und du bumst dich hier durch die Landschaft.“

      Er grinste jetzt widerlich.

      „Und ich weiß das!“ Sein Mund zog sich noch mehr in die Breite und er kam noch näher.

      „Was willst du? Soll ich dir einen blasen, damit du es für dich behältst?“ Sarkasmus war seit geraumer Zeit mein Begleiter. Und für einen kurzen Moment ließ ich mich auf sein verbales Niveau hinab. Doch er gehörte zu den Menschen, die das nicht bemerkten.

      „Kleine, damit kommst du mir nicht davon. Ich habe Großes mit dir vor. Was Jack Springfield wohl zu deinen Eskapaden hier sagen würde?“

      „Wenn du nichts dagegen hast, fahre ich jetzt nach Hause.“ Ich setzte mein zauberhaftestes Lächeln auf, das ich unter diesen Umständen hervorbringen konnte und öffnete die Tür meines Wagens. Er kannte meinen Vater. Ich wollte einsteigen, wegfahren, verschwinden. Mich in Luft auflösen. Doch mit einem schnellen Stoß drückte er meine Autotür wieder zu.

      „Sorry Baby, ich bin noch nicht fertig mit dir!“ Er drängte sein rechtes Knie zwischen meine Schenkel und berührte mich damit im Schritt. Ich konnte nicht weiter zurückweichen.

      „Gibt es Probleme, Jacky?“

      Ich atmete auf und befreite mich von diesem Mann, der durch die Ansprache Davids für einen Moment abgelenkt war und mir etwas Platz ließ. David stand hinter Ted. Ich fragte mich, wo er jetzt herkam? Es war mir egal. Er war da. Das zählte allein.

      „Ich denke, Ted wollte gerade gehen. Wir haben uns lange nicht gesehen.“ Mir war der Name gerade wieder eingefallen. Ted Middleton.

      „Wir sind noch nicht fertig miteinander!“, zischte Ted mir zu und zog sich zurück.

      „Ich dachte, du könntest mir deine Telefonnummer geben, falls ich noch mal in die Stadt komme.“ David kam näher heran und stand jetzt unmittelbar neben Ted, musterte in abschätzend.

      „Vergiss es, Junge. Sie betreibt es fast wie eine Professionelle.“ Ted lachte laut und übertrieben und mir schossen die Tränen in die Augen. Was wusste er schon. Zwei oder drei One-Night-Stands mochten es vielleicht gewesen sein, zu denen ich mich hatte hinreißen lassen. Dass er mich eine Hure nannte traf mich.

      David sah mich an. „Jacky?“

      „Tut mir leid. Ich bin müde und muss jetzt gehen.“

      Ich stieg in meinen Wagen und fuhr weg. Ted würde schon dafür sorgen, dass David erfuhr wer und was ich war. Es interessierte mich im Augenblick nicht. Ich wollte David nicht wiedersehen, und Ted erst Recht nicht. Der Ärger, erkannt worden zu sein, beschäftigte mich. Wenn er meinem Vater berichtete, was auch immer er zu wissen glaubte, erwartete mich zu Hause eine hitzige Diskussion. Ich würde mich darauf einstellen. Ich war erwachsen und musste mich für mein Sexualleben nicht vor meinem Vater rechtfertigen. – Ich fühlte mich, als würde mein Wagen selbst den Weg durch die Stadt auf die Interstate suchen.

      Kapitel 2

      „Tut mir leid! Ich bin zu spät.“

      Ich hatte das gemeinsame Frühstück verschlafen und Aiden grinste mich vielsagend an. Für einen Moment tauchte sein ernstes Gesicht von gestern wieder vor meinem geistigen Auge auf.

      „Das war mir schon klar, als du gestern Abend wegfuhrst. – Was machst du dann eigentlich so?“ Seine Frage klang eine Spur zu beiläufig.

      „Ich denke, du willst das nicht wissen!“

      Ich wich seinem prüfenden Blick aus. Aiden war für mich mehr ein Freund, als nur der Mitarbeiter. Fast schon ein Bruder, aber die Details meiner Nächte in Phoenix musste er nicht kennen. Sie gingen ihn nichts an.

      Damit beendete ich das Gespräch um die vergangene Nacht. Ted Middleton nistete sich in meinem Kopf ein und versetzte mich in schlechte Laune. Ich konnte ihn schlecht einschätzen. Wie würde er mit seinen Informationen umgehen? Ich fragte mich, ob ich seine Drohung ernst nehmen sollte. Doch was konnte ich dagegen unternehmen? Mir fiel ein, dass Jack heute Morgen zur Bank fahren wollte.

      „Ich dachte mir, wir beginnen auf den Nordweiden.“

      Ich stieg auf mein Pferd und kehrte gedanklich zu meiner Aufgabe zurück. Es war mir gleich, ob wir im Norden oder im Süden beginnen würden. Aiden war für den Überblick verantwortlich.

      „Finde ich gut“, sagte ich, damit er meine Gleichgültigkeit nicht wahrnahm.

      Er lenkte sein Pferd in diese Richtung und ich folgte ihm gedankenversunken.

      Die Nordweide, jene Weide, die ich damals Frank als erste gezeigt hatte, als uns das Unwetter überraschte. Mein Blick wanderte an den Himmel. Einige kleine Wattewölkchen ließen das Unwetter von gestern vergessen. Ich wusste, dass nun die ständige Hitze unseres Wüstenstaates Überhand nehmen würde. Wenn er, also Frank, nun von einer dieser Wolken uns beobachtete, was würde er über meine Nächte in Phoenix denken?

      „Denkst du noch oft an ihn?“

      „Was?“ Ich löste meinen Blick nur zögernd von dem endlosen Blau und sah Aiden an.

      „Ich meine Frank. Denkst du noch oft an ihn?“

      „Ich vermisse ihn sehr.“

      „Denkst du nicht manchmal über eine neue Beziehung nach?“

      Ich musste lachen. Mit wem sollte ich denn hier eine neue Beziehung eingehen? Mir war nicht ein Mann bekannt, der als Partner für mich in Frage kommen würde. Hier lebten nur Cowboys. Und wieso fragte Aiden mich danach?

      „Nein.“

      „Möchtest du denn den Rest deines Lebens allein sein?“

      „Nein, möchte ich nicht, aber soll ich mich deswegen dem Erstbesten an den Hals werfen? Männer wie Frank Hoover regnet es nicht vom Himmel.“ Ich lachte unsicher.

      „Na ja“, Aiden blieb ernst, „vielleicht ist dein Anspruch ja auch zu hoch.“

      „Meinst du denn nicht, ich hätte den Besten verdient?“

      Er lächelte mich an. Aber ich glaubte, in seinen Augen einen Funken Spott erkennen zu können.

      „Ja, aber das Beste ist nicht immer offensichtlich. Man muss es auch erkennen wollen.“

      „Lass mich raten: Du zitierst gerade eine alte Indianische Weisheit.“

      Er deutete mit seinem rechten Zeigefinger auf mich.

      „Gut erkannt, Schülerin!“

      „Arroganter Mensch!“ Er wusste genau, dass ich es nicht mochte, wenn er den Lehrer spielte und mich als seine Schülerin betrachtete. Ich glaubte mich ihm wissensmäßig überlegen. Ich hielt ihn nicht etwa für dumm, absolut nicht. Aber ich war diejenige, die studiert und auf meinen Reisen mit Frank die Welt gesehen hatte. Nicht er. Er war über Arizona noch nicht hinausgekommen.

      Er lachte nur über meine Beschimpfung und das wiederum liebte ich an ihm. Bei ihm konnte ich ehrlich sein und sagen was ich dachte. Es gab nicht viel, was er mir übelnahm. Allerdings musste ich von ihm genauso viel einstecken. In dem Punkt waren wir uns ebenbürtig.

      „Mach jetzt deine Arbeit, Cowboy!“, flachste ich ihn an. Und auch das nahm er mir nicht übel. Dafür kannte er mich zu gut.

      Wir brauchten den ganzen Tag, um alle Zäune unseres Besitzes abzureiten und die Grenzzäune auf ihre Unversehrtheit zu überprüfen.

      Und erst beim Abendessen begegnete ich