Musste er schon wieder aufs Klo? Ich setzte ihn auf den Boden und drehte mich dann um, damit er ein wenig Privatsphäre hatte. Plötzlich merkte ich es auch. Irgendetwas war anders als zuvor. War es schon am Anfang so kalt gewesen? Ich atmete ein. Der Geruch ……er war schwefelhaltig. Wo hatte ich das schon mal gerochen? Mr. Duddle stieß einen warnenden Laut aus. Ich drehte mich zu ihm um. Zuerst erkannte ich nichts, dann bemerkte ich Kratzspuren am Schreibtisch. Diese konnte unmöglich ein normales Tier herstellen. Der Eichelhäher starrte in die rechte Ecke. Ich folgte seinem Blick. In der Ecke war es ziemlich dunkel, doch plötzlich glühten rote Augen auf. Ich erstarrte, langsam kroch die Angst in meine Glieder. Ein tiefes Knurren ertönte. Provokant pirschte sich das Monstrum an. Es kam immer in den unpassendsten Momenten. Ich versuchte mich zu beruhigen, um nicht in Panik auszubrechen. »Mr. Duddle, komm sofort her!«, befahl ich ihm und griff in meine Tasche. Mein Pfefferspray würde es nicht aufhalten, weshalb ich die Taschenlampe und das Feuerzeug zückte. Mit der Lampe leuchtete ich es an, doch es schob sich unaufhaltsam weiter. Ich bewegte mich rückwärts in Richtung Hallenende. Mr. Duddle hüpfte mir nach. Meine einzige Waffe war also ein Feuerzeug. Ich zündete es. Ich konnte Erstaunen in den Zügen des Wolfsungeheuers sehen, doch es verschwand schnell. Es zog eine Fratze, was wohl ein abfälliges Grinsen seien sollte. Holly shit! Das Monster stieß einen markerschütterndes Kreischen aus. Es sah mich nicht als Bedrohung. Es wurde immer kälter und dunkler. Auch Nebel fing an aus dem hinter Raum zu kommen. Ich wich immer weiter zurück. Aber auf einmal blieb mein Vogel stehen. Das konnte doch nicht wahr sein, ich hatte gedacht er wäre schlau! Mein Feuerchen hielt ich schützend vor mich. Nur noch wenige Schritte, dann wäre Mr. Duddle Geschichte. Was sollte ich nur machen? Auf einmal fing der Vogel an zu glühen und wuchs. Ich hielt mir eine Hand vor das Gesicht, weil er mich blendete. Ich konnte nur seine Silhouette erkennen, die sich von einem Vogel zu einem Menschen verwandelte. Mein Mund klappte auf und ich ließ das Feuerzeug vor Verwunderung fallen. Die Mutation knurrte und fletschte die Zähne. »Wirf mir das Feuerzeug zu! Und dann renn, setzt dich ins Auto und fahr los!«, beschwor mich der Junge, der sich aus dem Eichelhäher entwickelt hatte. Ich konnte ihn nur ungläubig anschauen. Was war schlimmer, das Monster oder dieser Magier? »Los jetzt!«, rief er. Ich warf ihm das Feuerzeug zu, genau in dem Moment als das Monster sich ebenfalls von der Verwandlung erholte. Aus seinem Mund quoll blutiger Geifer. Der Junge lief auf die Mutation zu und versuchte das Vieh anzuzünden. »Renn!«, drängte er mich. Ich drehte mich um und lief. Doch als ich einen Schrei hörte, blieb ich stehen. Das Ungeheuer hatte ihn auf den Boden geworfen und die Waffe hatte es weggeschleudert. In wenigen Sekunden fällte ich eine Entscheidung. Adrenalin schoss durch meine Adern. So schnell es ging wühlte ich in meiner Tasche nach Streichhölzern. Ich öffnete mit zitternden Händen die Verpackung. Das erste Streichholz zerbrach, auch das zweite ging nicht an. Erst das Dritte fing Feuer. Ich rannte auf das Monster zu, das gerade daran war den Typen zu beißen. Das Ungetüm beachtete mich nicht mal. Das Problem dieser Kreatur war, dass es mich unterschätzte. Mein Herz raste. Ich ging so nah ran wie es ging, dann bohrte ich das Zündholz in das verkrustete Fell der Mutation. Das Monster kreischte auf und ließ von dem Jungen ab. Es wirbelte herum und wendete sich mir mit hasserfüllten Augen zu. Sein Pelz fing an Feuer zu fangen. Es breitete sich immer weiter aus. Doch das interessierte es nicht. Das Vieh spannte seine sehnigen Muskeln an und sprang. In letzter Sekunde machte ich eine Vorwärtsrolle zur Seite, in die Richtung des Jungen. Der schnappte sich das Feuerzeug und stemmte sich auf. Das Ungetüm stierte ein weiteres Mal auf uns zu, war aber schon langsamer wegen des Feuers. Wieder verfiel ich in eine Schockstarre. Warum starb dieses Monster einfach nicht?! Es rannte auf den Jungen zu und schleuderte ihn wieder auf den Betonboden, ein widerliches Knacken ertönte. Es war also bald vorbei. Hoffentlich würde auch ich so schnell sterben. Ich schloss die Augen und sah mein Leben an mir vorbeiziehen. Die schönen Momente. Auch Mum kam mir in die Gedanken, ich hätte ihr öfter sagen müssen, dass ich sie liebte. Tränen rannen mir über die Wangen. Ich stieß ein stummes Gebet gen Himmel aus. Wieder dieser Sieges Schrei, des Monsters. Ich wartete, doch nichts …….plötzlich ein unweltlicher Schmerzensschrei. Etwas spritzte mir ins Gesicht. Ich wich erschrocken zurück und öffnete meine Augen ruckartig. Es war weg. Wieder war nur ein schwarzer Fleck zu sehen. Ich blickte mich in der Halle um. Der blonde Junge lag immer noch reglos am Boden. Aber neben ihm kniete ein Schwarzhaariger. Aus seinem Gesicht starrten mich grüne Augen an. »Hast du ein Auto?«, fragte er barsch. Ich schaute ihn aus großen Augen an. »Hallo?!« Ich nickte nur und schaute den blonden Jungen an. War er tot? »Schau nicht so blöd, sondern hilf mir«, motzte er. Der Schwarzhaarige hob den Blonden auf und bewegte sich auf mich zu. »So, du gehst jetzt vor und sperrst dein Gefährt auf«, befahl er mir. Ich setzte mich in Bewegung, denn ich wollte so schnell weg, wie es nur ging. Draußen fing ich an zu zittern. Der Dunkelhaarige hievte den Vogeljungen auf meine Rückbank, dann setzte er sich selbst ans Steuer. Wie ferngesteuert hockte ich mich auf den Beifahrersitz. Die Tränen stoppten immer noch nicht, zu tief saß der Schock. »D..D…Du ……bist Cayden?«, stotterte ich. Er schaute gerade aus und trat aufs Gaspedal, sodass ich in den Sitz gedrückt wurde. Kein einziges Mal wendete er seinen Blick mir zu. »I..ist ….er ….t..tot?«, brach mir die Stimme. Mürrisch schüttelte er den Kopf. Ich schloss die Augen, um mich zu beruhigen. Ich atmete ein und aus und wieder ein und aus. Diese Übung hatte mir Liss einmal beigebracht, sie sollte die Nerven beruhigen. Es klappte tatsächlich. Nach wenigen Minuten hatte mein Puls wieder eine normale Geschwindigkeit. Jetzt fiel mir auch die aktuelle Geschwindigkeit auf, die der Junge an meinem Steuer fuhr. Er fuhr 130 durch eine kleine Ortschaft!! Wollte er uns umbringen! Apropos: Das war mein Auto. Er hatte überhaupt kein Recht es zu fahren und erlaubt hatte ich es ihm auch nicht. »Stopp!!«, rief ich. Aber Cayden drehte sich nicht mal zu mir. Was für ein Arsch! »Wo fahren wir hin?«, wollte ich wissen. Doch er ignorierte mich einfach. Vielleicht wollte er mich entführen oder so etwas? Okay, er hatte mich gerettet aber er hörte nicht auf mich. Mein Gehirn lief auf Hochtouren. Dann fiel mir meine Tasche ein, die immer noch um mein Handgelenk baumelte. Ich erkannte meine Chance. »Cayden, bleib sofort stehen. Oder du wirst es bereuen«, erklärte ich ihm in einem sachlich, kalten Ton. Er verzog seine Lippen zu einem belustigten Lächeln. »Was willst du sonst tun?«, fragte er überheblich. Das Lächeln würde ihm noch vergehen. Ich umgriff das Pfefferspray. »Schau mich an!«, sagte ich fordernd. Er erbarmte sich und drehte sich zu mir. Ich drückte blitzschnell ab. Er wandte sich fluchend ab und legte eine Vollbremsung hin. Auch hier handelte ich ohne zu zögern. Während er damit beschäftigt war, sich die Augen zu reiben, stieg ich aus und rannte zu seiner Tür. Diese riss ich auf und schob ihn heraus, widerwillig gab er nach. »Na gut. Dann fahr du halt«, meckerte er und wollte schon zur Beifahrertür gehen, doch soweit ließ ich es nicht kommen. Zuerst gab ich ihm einen Tritt zwischen die Beine, dann schmiss ich mich in den Sitz und noch bevor ich die Tür ganz schloss, drückte ich das Gaspedal bis zum Anschlag durch. Diese Beschleunigung ließ kleine Kieselsteine in die Luft springen, die Cayden trafen. Ich nahm allerdings keine Rücksicht. Er krümmte sich kurzzeitig. Auch ich bretterte nun mit Hundertsachen die Straße entlang. Im Rückspiegel konnte ich ihn noch wild mit den Armen fuchtelnd sehen, doch das stoppte mich nicht. Ohne nachzudenken fuhr ich weiter. Hätte ich Cayden mitnehmen sollen? Lieber nicht, er war schließlich das Experiment meines Vaters. Wer wusste schon, was er mit einem Jungen anstellen konnte? Um mich zu beruhigen schaltete ich Musik ein.
Hit me baby one more time von Bridney Speers spiegelte meine Lage irgendwie. Zu mindestens der Refrain. Mein Navi führte mich wieder auf den Highway. Es war schon fünf Uhr. Ich hatte heute echt schon viel erlebt. Ich brauchte jemanden zum Reden und wer eignete sich besser, als die beste Freundin?
Kapitel 14
»Hi, Jess. Also erzählst du mir mehr von Kevin?«, begrüßte sie mich. »Ich hab grad andere Probleme«, erklärte ich. »Ist alles okay, du hörst dich so gehetzt an?«, wollte sie wissen. »Die Kurzversion ist: Ich war im Labor meines Vater und bin von etwas bösartigem angegriffen worden. Mein Vogel hat sich in einen Menschen verwandelt und ist jetzt irgendwie tot. Dann hat mich der entführte Junge gerettet, ich hab ihn mit Pfefferspray besprüht und bin weg gefahren«, beantwortete ich. »Das ist wirklich passiert?«, fragte sie kritisch. »Ja«, sagte