Als meine Mitreisenden und ich gerade den Bus verlassen hatten, ging es sofort weiter auf die Fähre. Die Fähre war ein riesiges Teil, sehr imposant. Sie sollte mich von der Hauptinsel Mahé auf die kleinere Insel Praslin bringen, wo sich mein Hotel befand. Da das Wetter es zuließ, nahm ich die Treppe nach oben und setzte mich auf das Sonnendeck. Als wir ablegten, war ich froh, dass ich weder Sonnenbrille noch Kopfbedeckung trug, denn es war richtig stürmisch. Das Basecap eines Passagiers vor mir wurde vom Wind erfasst, hob ab und landete auf der Wasseroberfläche, wo es sacht hin und her baumelte.
Als ich zurückblickte, sah ich den kleinen Hafen, den wir bald hinter uns ließen. Danach umgab uns nur noch scheinbar endloses Wasser. Die Oberfläche des Ozeans erstrahlte in tiefem Blau, es sah unheimlich aus. Ich wollte mir nicht vorstellen, was gerade alles unter uns schwamm. An einigen Stellen wirkte die Wasseroberfläche deutlich heller, im Sonnenlicht glitzerte es türkis.
Ich genoss die Stille und Anonymität. Hier wusste niemand, warum ich hier war… warum ich allein hier war.
Es vergingen ungefähr fünfzig Minuten, bis ich endlich Land am Horizont entdeckte.
Nach gut einer Stunde waren wir da und stiegen abermals in einen winzigen Bus ein. Das war die letzte Etappe zum Hotel.
Mittlerweile war ich hundemüde. Es war anstrengend, die Augen offen zu halten. Aber ich wollte mir doch die hohen Palmen an den weißen Sandstränden, die früchtetragenden Bananenbäume am Straßenrand, die tiefhängenden Elektroleitungen und die spärlich bekleideten Menschen einprägen. Und den Ozean, immer wieder den Ozean.
Als der Busfahrer endlich den Namen meines Hotels verkündete, war ich die einzige Person, die ausstieg. Die Sonne brannte gleich unerbittlich auf meinen weißen Nacken herab. Ein Hoch auf die starke Sonnencreme, die in meinem Gepäck schlummerte!
Ich schleppte mich und meinen Koffer um die nächste Ecke und dann stockte mir einfach der Atem. Der Empfangsbereich des Hotels war auf der einen Seite komplett offen, der Fußboden marmoriert und noble Sessel luden vor der Rezeption zum Verweilen ein. Direkt neben dem Empfangsbereich bemerkte ich eine bunt dekorierte Bar. Unmittelbar daran schlossen sich im Kreis angeordnete Bungalows an. Inmitten der Unterkünfte glitzerte das klare Wasser eines kleinen Pools, neben dem die exotische Poolbar bunte Cocktails anpries.
Die Sonne und ich strahlten um die Wette.
Erst als ich den Blick der Rezeptionistin auf mir spürte, wurde mir bewusst, dass ich seit einer kleinen Ewigkeit mit offenem Mund meine Umgebung angestarrt hatte. Die junge Frau hinter dem hohen Tresen hatte sehr dunkle Haut, ihre Haare trug sie zu einem stylischen, hell gefärbten Bob geschnitten und unter ihrer Uniform blitzten unzählige Tattoos hervor. Mit ihren langen, rot lackierten Acrylnägeln nahm sie meine Unterlagen entgegen und checkte mich ein.
„Sind Sie allein“, prüfte sie die Buchung mit irritiertem Blick. „Ich sehe, dass zwei Personen angemeldet sind.“
Ich zuckte hilflos mit den Schultern. „Meine Begleitung konnte die Reise nicht antreten“, erklärte ich ihr. Die Umstände hatten sie nicht zu interessieren.
„Gut, dann vermerke ich das so.“ Sie tippte mit den langen Nägeln auf der Tastatur herum. „Bitte folgen Sie mir“, sprach sie, als sie hinter dem Tresen hervorkam und mir meinen Koffer abnahm. „Wir haben um diese Jahreszeit wenig Gäste, deshalb kann ich Ihnen ein besseres Zimmer anbieten, als Sie eigentlich gebucht haben“, erklärte mir die junge Frau auf dem Weg zu meinem Bungalow.
Wenn das mal keine guten Nachrichten waren. So konnte mein neues Leben beginnen.
Auf der Terrasse des weißen Bungalows verabschiedete sie sich von mir. „Genießen Sie den Aufenthalt und zögern Sie nicht, mich oder meine Kollegen anzusprechen. Wir helfen gern“.
Wenn sie lächelte, bestand ihr freundliches Gesicht zu einem großen Teil aus zwei Reihen makelloser, weißer Zähne.
Auf der gefliesten Terrasse standen zwei gemütliche Holzstühle. Hier konnte man die Abende gut ausklingen lassen, ging mir durch den Kopf, als ich die Tür aufschloss.
Der Raum war überraschend groß. Rechts von mir entdeckte ich einen Schrank und eine Kommode. Links von mir stand das Bett und davor ein großer Flachbildfernseher. Es roch frisch und auf dem Bett lagen verstreute Hibiskusblüten. Auch das geräumige Bad war sehr sauber. Alles war geschmackvoll in Beige gefliest und die Dusche durch eine Wand vom Raum abgetrennt.
Es sah ziemlich edel aus, deswegen erschrak ich umso mehr, als ich mein Gesicht in dem prunkvollen Spiegel erhaschte. Meine Augen waren rot unterlaufen und dick angeschwollen, die Wimperntusche klebte überall, nur nicht da, wo sie sein sollte. Zudem war bin noch blasser als sonst.
Was soll’s.
Ohne meinen Koffer zu geöffnet zu haben, riss ich mir die verschwitzten Klamotten vom Leib und legte mich nackt in die angenehm kühlen Laken.
Ich fiel augenblicklich in einem tiefen und traumlosen Schlaf.
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