Roma Hansen
bernsteinhell
Usedom-Ostseeinsel-Roman im Milieu von 1889
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Inhaltsverzeichnis
Prolog
An der Ahlbecker Chaussee trotten schrittgleich zwei Pferde in edlem, und trotz andauernder Pflege abgenutzten Ledergeschirr vor einer schwarzen Kutsche. Sie bemerken nicht, wie aufmerksam aus einem Seitenfenster ein greisenschwaches Augenpaar auf die See späht, nach den Fischern des wie erwartet einlaufenden Kahns, in den eisigen letzten Tagen des Januar 1889 vor der Ostseeküste.
Auf den Kahn keine Neugier richten zu sollen, das spürt der Kutscher. Hinter ihm vibriert unter mehrmaligem hölzern harten Klopfen die Wagenrückwand, vor der er draußen sitzt. Er schnalzt, das Gespann trabt voran am Schnee. Den Nüstern entdampfen nun weiße Nebel, nur kaum solche, die ebenso abrupt und blitzgeschwind die Kutsche umwallen. Knapp nur noch, sieht der Kutscher des Steuermanns Arm im Kahn aufwedeln, wenig mehr.
In die Schwaden fliegt ein von der See feuchtes Knäuel. Es wickelt sich ab, und es vertraut den fünf schwieligen Fingern. Etwas von derer Wurfgewalt lässt das Tau schlingern im Kampf der Nebel im Vormittagslicht. Voraus in donnernde Dünung klatscht sein Ende, mitsamt dem Ruf „Helge, zieh an!“
Zur Strandgischt blinzeln drei nahe beieinander Schulter an Schulter Wartende. Darunter Helge, der, mit der Furchtlosigkeit eines Heranwachsenden, an seinen Helferpfennig denkt. Das Tau fischt er auf, nass bis zur Brust seiner derben Jacke wird er.
Die beiden in Ölzeug gekleideten Fischer springen über und stapfen seitwärts. Nur der Bootsmann schaut zurück zu Helge. Ihn ermahnt seine kehlig krächzende Stimme, hinweg über das Tosen: „Der Kahn kippt! Mach hinne, sieh die Heckwelle! Sichern!“
Teils unter Netzgewirr hervor quillt schon eine glitschige Menge in den Sand, bevor Helge die Reling könnte stützen. Des Bootsmanns Arm gestikuliert zu den Strandhütten. Er aber dreht ab, um, wie der andere Fischer, Helges Vater, sich wenige Schritte ferner nach abgenutzten Rollhölzern zu bücken.
Helge spurtet zur Gekrösetonne, rollt sie hinab, schaufelt mit beiden Armen die Heringe des großen Schwarms hinein, für den in der Sturmnacht wie üblich drei Strandfischer ausfuhren. Dies beunruhigt ihn bodenlos, als er den Bottich hoch wuchtet,