Erleichtert und aufrichtig, lächelt Helena Line an.
„Das stimmt. Eine meiner Wahrheiten ist, ich warte auf den Händler Friedel, ihm neue Stofftiere anzubieten, und dann hätte ich sofort Nadelgeld zur Hand. Ein Sortiment nimmt Tine für die Badegäste.“ Nach einer Minute Grübeln ergänzt sie: „Ich las in der Gartenlaube von den Nähmaschinen und hätte gern eine. Damit könnte ich viel mehr in meiner knappen Zeit anfertigen.“
Sprachlos von solchen Neuerungen verstummt Line. Sie schaut zur Wanduhr; die Zeit verflog. Geschäftig steht sie auf, umarmt Helena flüchtig.
„Einandermal erzähle mir ausführlicher, für heute endet die Audienz. Ein opulentes Mittagsgedeck wünscht sich ein Graf.“
Nachdem Helena mit dem nun leichten Korb gegangen ist, erwartet Line die Küchenhilfe Anna, um mit ihr das Essen zu kochen. Bis sie da ist, studiert sie die Zeitung, vor sich hin murmelnd.
„Die Moldauer Würfelzuckerfabrik feiert ihre fünfzehn Jahre Bestehen. Was in höheren Kreisen auf den Tisch kommt, fertigen Arbeiterinnen im Stundenlohn von dreizehn Pfennig. Die tägliche Fabrikarbeitszeit dauert elf bis siebzehn Stunden. Oh, in 1890 erst wird die Feiertags- und Nachtarbeit für Frauen verboten? - Ah, des Kaisers Streit mit Kanzler Bismarck wird durch Caprivis Sozialistengesetz und in Minderheitenfragen eine Wende bringen. Caprivi will die Kinderarbeit unter vierzehn Jahren in Fabriken abschaffen, auch Sonntagsarbeit. Seine Reformen zielen auf den Wandel vom Agrar- in einen Industriestaat. Oh, seine markante Aussage lautet, wir exportieren entweder Waren oder Menschen.“
Line nickt zustimmend. Ihr Heim erlebt sie nur im Dustern, früh im Gehen, nachts im Heimkehren. Und Helge ... Ja, er spürt den Sog der neuen Winde, die hauen ihn nicht von vorne fast um. Könnte er eine gehörige Portion Zähigkeit aufbringen, wenn ihm in der Fremde ein Hungerlohn gezahlt wird?
In der Schale voll Zuckerwürfel zerstört Line einen glatten Würfel. Körnchen berieseln ihre Finger, und der Gedanke, etwas anderes würde sie zerbröseln, könnte sie es. Denn alle in ihrer Familie sind an das Karge gewöhnt, kein Krümel von Zucker lenkt davon ab und keine Raserei des Nachts!
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