Der Schundfilm meines Lebens. Emmi Ruprecht. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Emmi Ruprecht
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742742551
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      Emmi Ruprecht

      Der Schundfilm meines Lebens

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       Kapitel 10

       Kapitel 11

       Kapitel 12

       Kapitel 13

       Kapitel 14

       Epilog

       Impressum neobooks

      Kapitel 1

      Ich klicke erwartungsvoll auf die Mail in meinem Postfach, die sich soeben durch ein leises Piepen angekündigt hat. Die Nachricht ist von der Filmproduktionsfirma, der ich mein neuestes Drehbuch zugeschickt habe, und ich bin sicher, dass es eine gute Nachricht ist. Das Skript muss ihnen einfach gefallen!

      Vor fast zwei Wochen habe ich Herrn Hansen, der als Creative Producer unter anderem dafür zuständig ist, neue Stoffe und Konzepte für erfolgversprechende Fernsehfilme ausfindig zu machen, angerufen und mein neuestes Werk angekündigt. In kurzen Worten habe ich ihm die tiefgründige Thematik meines Drehbuchs erläutert und die psychologisch ausgefeilte Handlung anhand einiger Schlüsselszenen skizziert, um ihm einen kleinen Vorgeschmack auf das Skript zu geben.

      Nun, ich muss zugeben, dass Herr Hansen zunächst nicht allzu begeistert zu sein schien. Er äußerte Zweifel an der Vermittelbarkeit des Stoffes an einen TV-Sender. Doch ich denke, da fehlte Herrn Hansen einfach die Fantasie. Ich vermute, dass er aufgrund des anspruchsvollen Themas ein langatmiges, sich in umständlichen Dialogen und düsteren Szenen verlierendes Werk erwartete. So eines, das bestenfalls Hochintellektuelle davon überzeugen könnte, nicht gleich weiterzuzappen, wenn sie versehentlich auf dem Fernsehkanal landeten, der den Film zeigte, weil ihre Lieblingssendung auf einem anderen Kanal von einer Werbepause unterbrochen wurde. Dass mein Drehbuch den zugegebenermaßen nicht ganz alltäglichen Stoff gleich einem Krimi bis zur letzten Szene spannend aufbereiten würde, konnte er bei unserem Telefonat noch nicht wissen. Aber ich wusste es und war entsprechend zuversichtlich, ihn überraschen und seine Begeisterung für das Drehbuch entfachen zu können.

      „Sicher ist Herr Hansen ziemlich beeindruckt“, denke ich, auch wenn ich mich gleichzeitig zu mehr Bescheidenheit ermahne. „Dass ein derart tiefenpsychologisch fundiertes Thema so spannend erzählt werden kann, hat er bestimmt nicht erwartet.“

      Mein Rechner braucht eine gefühlte Ewigkeit, um die Mail zu öffnen. Fast befürchte ich, dass das Gerät unterwegs abgestürzt ist, doch dann ist es endlich geschafft.

      „Liebe Frau Wupper“, steht in der elektronisch übermittelten Nachricht, „danke für Ihr Drehbuch, das wir uns gerne angeschaut haben. Es ist tatsächlich – wie Sie bereits in unserem Telefonat ankündigten – in vielerlei Hinsicht neuartig und eine intellektuelle Herausforderung, speziell für ein Publikum mit eher traditionellen Sehgewohnheiten.

      Genau! Ich bin nämlich davon überzeugt, dass das Fernsehpublikum mental gar nicht so bequem ist, wie von vielen Programmschaffenden beklagt wird, sondern Experimente durchaus verkraftet! Auch schwierige Themen kann man Zuschauern zumuten, wenn man versteht, sie unterhaltsam zu gestalten. Das allerdings muss schon sein, denn Tiefsinniges staubtrocken zu verpacken, nur damit es noch tiefsinniger wirkt, kann jeder! Den Spagat zwischen intellektuellem Anspruch und mitreißender Unterhaltung zu schaffen ist die Kunst, die ein gutes Drehbuch ausmacht. Und genau diesen Spagat habe ich mit meinem neuesten Skript hinbekommen und ich bin sicher, dass Herr Hansen das genauso sieht!

      Eilig lese ich weiter: „Die Dialoge bestechen durch eine treffsichere Wortwahl, die Charaktere der handelnden Personen sind präzise konzipiert, ausdrucksstark in Szene gesetzt und wirken dennoch nicht abgedroschen.

      Ich freue mich über das Kompliment – und ich muss ihm recht geben. Besser hätte ich es nicht ausdrücken können! Das zentrale Anliegen meiner Drehbücher ist, Persönlichkeiten in ihrer ganzen Widersprüchlichkeit und Komplexität darzustellen. An dieser Stelle versagt das Fernsehen viel zu oft! Das Publikum wird mit zweidimensionalen Welten gelangweilt, in denen es nur gut und böse gibt sowie stereotype Charaktere, die man auf den ersten Blick vollständig erfasst. Mehr als eine Eigenschaft haben selbst Hauptpersonen selten, die entweder stets gutmütig, grundlos selbstherrlich oder bodenlos schlecht sind. Außerdem scheint es dem Publikum nicht zuzumuten zu sein, wenn die Heldin ausnahmsweise mal unattraktiv ist und es auch im Laufe des Films bleibt, die Karrierefrau kein Monster ist, das ihre wohlmeinende Mutter in ein Heim abschieben will, und der Arzt weder kinder- noch tierlieb daherkommt. Nicht auszudenken wäre, wenn man es den Zuschauern sogar überließe, sich eine eigene Meinung zum Geschehen zu bilden, anstatt ihnen die immer gleichen moralischen Werte und Weltanschauungen zu predigen. Die meisten Menschen – davon bin ich überzeugt! – würden auch beim Fernsehgucken selbstständiges Denken nicht grundsätzlich ablehnen. Das ist jedoch ausschließlich in Quiz-Shows gestattet, und selbst da sind die richtigen Antworten bereits vorgegeben.

      „Auch der konsequent am Plot orientierte Aufbau sorgt dafür, dass die einzelnen Szenen beim Lesen des Skriptes in der Vorstellung bereits wie in einem Film ablaufen. Insgesamt überzeugt das Drehbuch durch seine professionelle Ausgestaltung, wie wir es von Ihnen nicht anders gewohnt sind ...

      Jetzt strahle ich über das ganze Gesicht. Das hört sich doch schon sehr nach einer etablierten Drehbuchautorin an! Dabei muss ich zugeben, dass ich auf diesem Gebiet noch ein Neuling bin. Zwar schreibe ich seit meiner Schulzeit Theaterstücke – erst für die Laienspielgruppe am Gymnasium und dann auch für diverse andere Amateur-Bühnen. Später kamen die ersten Drehbücher für Kurzfilme von Kunststudenten oder sonstige Low-Budget-Produktionen von Hobby-Filmschaffenden hinzu. Doch erst vor fast einem Jahr habe ich eine richtige Filmproduktionsgesellschaft für mein erstes, vollwertiges Drehbuch zu einem abendfüllenden Spielfilm interessieren können!

      Dieses erste Skript handelte von einer Gruppe von Menschen, die in der Abgeschiedenheit einer italienischen Berglandschaft mit bislang verdrängten Anteilen ihrer Persönlichkeit konfrontiert wurden. Es ist eine unter die Haut gehende Darstellung persönlicher