Der Schundfilm meines Lebens. Emmi Ruprecht. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Emmi Ruprecht
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742742551
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Zusammenzucken, wenn sein Smartphone klingelt, und dann vergisst er auch noch, dass sie zu ihrem Jahrestag ins Theater gehen wollten. Viel zu spät kommt er heim, während sie vor dem Spiegel schon die Ohrringe anlegt, als letzten Handgriff, bevor sie startklar ist. Nölend fragt er, ob dieses Event, auf das sie sich so sehr gefreut hat, denn wirklich sein muss. Und während vor dem Bildschirm bei Prosecco und Schokolade die Stirn gerunzelt wird und jeder halbwegs versierten Zuschauerin klar ist, was die Uhr geschlagen hat, ist Sibille, die dusselige Kuh, beziehungsweise die naive Ehefrau, voll des Verständnisses für ihren hart arbeitenden Gatten und ahnt nichts. Dafür ist sie viel zu gutmütig, glaubt zu fest an die Liebe ihres Lebens und kann sich einen solchen Verrat von dem Mann, der ihr die ewige Treue geschworen hat, nicht vorstellen!

      Während ich den treulosen Ehemann und seine treudoofe Gattin an meinem Rechner skizziere, schmunzele ich vor mich hin. So ein Blödsinn! Wie soll eine Frau so naiv sein, dass sie nicht merkt, wenn der eigene Mann sich umorientiert? Meinetwegen – in einem sinnentleerten Schundfilm ist das wohl möglich. Aber im wahren Leben würde jede Frau, die nicht ganz doof ist, ihrem Gatten schnell auf die Schliche kommen. Alleine schon deshalb, weil Frauen viel sensibler sind für Veränderungen im Verhalten oder im Tonfall ihres Liebsten, und erst recht für einen verräterischen Duft am oder einen Fleck auf dem Hemd! Außerdem sind sie misstrauischer, weil sie selbst auch viel gerissener sind, als Männer es mit ihrer fantasielosen Art sein können. Und da sich so eine Affäre nur selten in fünf Minuten zwischen Tür und Angel oder in der Besenkammer abspielt, braucht man Zeit und hinterlässt Spuren. Beides ist verräterisch und bringt die Sache unweigerlich ans Licht!

      Missbilligend schüttele ich den Kopf. Doch trotz meiner Zweifel an der Logik der Geschichte muss ich Sibille so anlegen, dass sie selbst bei den gröbsten Schnitzern ihres Gatten zunächst nichts von seinen Umtrieben bemerkt. Nur die Zuschauerinnen werden ahnen, was da außerhalb des ehelichen Schlafgemachs vor sich geht!

      Nach und nach baut sich die Handlung um die Heldin und ihren ehebrecherischen Gatten in meiner Vorstellung auf. Ich sehe die beiden vor mir, in ihrem schicken kleinen Häuschen in einer beschaulichen, von Bäumen flankierten und mit Kopfstein gepflasterten Straße. Das perfekte Paar in einer perfekten Umgebung. Sympathisch und bei Nachbarn und Kollegen gleichermaßen gut gelitten – jedenfalls sie.

      Dann stelle ich mir Sibille vor, die nette, hübsche, beliebte kleine Blondine, wie sie wie jeden Tag das Haus verlässt, tief Luft holt um die morgendliche Frische zu genießen, bevor sie mit einem fröhlichen Gruß an den Rentner von nebenan, der gerade seine Rosen schneidet, aufs Fahrrad steigt und zur Arbeit fährt.

      Fahrradfahren ist gut! Es zeigt Sibille umweltbewusst, naturverbunden und außerdem herrlich bescheiden.

      Ihr Karsten ist da natürlich ganz anders! Gestresst und mit Blick auf seine teure Armbanduhr eilt er aus dem Haus, verschwendet keinen Blick an seine Umgebung und schon gar nicht an den alten Nachbarn von nebenan, der die Hand zum Gruß hebt und sogleich enttäuscht wieder sinken lässt, weil er realisiert, dass Karsten nur Augen für die Fernbedienung seiner Garage hat, in der sein Sportwagen auf ihn wartet. Nachlässig wirft der Ignorant seinen Mantel und die Aktentasche auf den Beifahrersitz und setzt mit so viel Schwung rückwärts aus der Garage, dass er fast eine junge Mutter mit Kinderwagen rammt, die gerade an seiner Einfahrt vorbeigeht. Die junge Frau und der Rentner schütteln nur den Kopf über so viel Rücksichtslosigkeit, während Karsten – ausschließlich mit sich selbst beschäftigt, wie er nun einmal ist – nichts von all dem bemerkt. Mit aufheulendem Motor düst er die eben noch beschaulich friedliche Straße hinunter, die auch gleich darauf wieder in ihren Dornröschenschlaf versinkt.

      Es leben die Stereotype! Hier reicht bereits eine kurze Szene, um alles über ein Paar zu wissen, weil es glücklicherweise schon tausende von Filmen mit arroganten Anzugträgern wie ihm und unschuldigen jungen Frauen wie ihr gibt. Eigentlich ist nun alles gesagt und den Rest kann man sich denken. Aber es gilt ja noch die verbleibenden achtundachtzig Minuten zu füllen, und das am besten so, dass die Geschichte, die jetzt sowieso schon jeder im Kopf hat, ohne nennenswerte Irritationen bis zum glücklichen Ende ablaufen kann.

      Ich grinse in mich hinein. Man stelle sich einmal vor, dass tatsächlich die nächsten sechsundachtzig Minuten wie allseits erwartet ablaufen und erst ganz zum Schluss Sibille plötzlich die Kettensäge anwirft, um ihrem Gatten ihre Argumente zu verdeutlichen, oder Godzilla einen Gastauftritt hat. Für mich wäre das ein Grund, wieder mehr fernzusehen! Doch leider ist das undenkbar und deshalb wende ich mich seufzend dem klassischen Handlungsschema zu.

      Die nächste Einstellung zeigt Sibille, als sie ihr Rad vor einem großen, gläsernen Bau in der Innenstadt abschließt. Hier arbeitet sie, und der Einfachheit halber wird sie sich auch hier verlieben, nämlich in ihren Chef. Und der ist ... Au ja, der ist der Chef der PR-Abteilung! Das ist gut! Da kann ich aus dem Vollen schöpfen – schließlich habe ich selbst jahrelang in so einer Krabbelgruppe für Verhaltensgestörte gearbeitet. Eine sich langsam am Arbeitsplatz entwickelnde Romanze dürfte für mich nicht schwer zu konstruieren sein!

      Ich erinnere mich an die Ausführungen von Herrn Hansen und lasse Sibilles Vorgesetzten erst einmal recht unsympathisch und kaltschnäuzig daherkommen, weil sich das schickt für den männlichen Helden. Am Ende wird sich das natürlich als Missverständnis herausstellen, wenn er zum wahren Gentleman und liebestollen Romantiker wird, der alles für die Frau seines Herzens tun und sie auf Händen tragen wird. Wahre Helden machen das sogar dann, wenn die unwiderstehliche Heldin ein paar Kilo zu viel auf den Hüften hat!

      Ich bin begeistert von meinen Ideen. So passt es!

      Mit großem Engagement haue ich in die Tasten und der Bildschirm füllt sich mit Buchstaben. Ich schaue erst wieder auf, als ich einen Schlüssel im Schloss der Wohnungstür höre. Schockiert stelle ich fest, wie leicht es mir plötzlich gefallen ist, mich in das Geschehen hineinzudenken. Widerwillig muss ich zugeben, dass es mir sogar Spaß gemacht hat, diese völlig abgehobene Geschichte, die jedoch realitätsnah wie aus dem wahren Leben gestohlen daher kommen muss, aufzuschreiben.

      Ich schaue auf die Uhr rechts unten am Bildschirmrand. Was, schon so spät? Es ist bereits nach zehn. Mist! Eigentlich wollte ich etwas zu Essen vorbereitet haben, wenn Konstantin nach Hause kommt. In letzter Zeit verwöhne ich ihn gerne mit Aufmerksamkeiten, weil er so viel arbeiten muss und am Ende eines langen Tages kaum noch in der Lage ist, auch nur ein einziges Wort von sich zu geben.

      Schnell speichere ich meine Ideen ab und fahre den Rechner herunter. Dann laufe ich in den Flur, um den Helden meines eigenen Lebens zu begrüßen. Dankbar dafür, dass er weder Sibilles Mann noch ihrem Chef ähnelt, falle ich ihm um den Hals.

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