Der Säbeltänzer. Erhard Regener. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Erhard Regener
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754926758
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da wird die Bibel aber hart ausgelegt. Wolltest du jetzt ein Lama bespringen?"

      "Um Himmels willen, nein! Die stinken wie Hupatz."

      "Und wenn sie nicht stinken würden?"

      "Ich weiß nicht. Ist vielleicht auch nicht so viel anders als mit einer Frau."

      "Nur kann man nicht mit den Titten spielen."

      "Hm, das ist ein Argument.", wurde Atsche nachdenklich.

      "Andererseits: Ein Alpaka würde sich nicht beschweren, wenn man dabei noch die Strümpfe anhat, oder den keimigen Laborkittel, huh, huh, huh.", kicherte Hecki in sich hinein. Atsche wischte diese Gedanken mit einer ungehaltenen Handbewegung beiseite.

      "Ach Mensch, Heckenbauer, du bringst mich völlig aus dem Konzept. Ich meine, was sagt dir das mit der Todesstrafe?"

      "Dass man in den Anden besser eine Frau vergewaltigen sollte, als ein Maultier zu bespringen."

      "Nein, das nicht."

      "Dass jeder Hochlandindio sein Lieblings-Lama hat?"

      "Ich meine, welcher Gesetzgeber beschäftigt sich damit, wenn solche Sachen nicht häufiger vorkommen würden, als wir uns das mit unserer beschränkten Weltsicht vorstellen können."

      "Ach Junge, komm weiter. Das ist langweilig, die rennen nur im Kreis. Das Einzige, was die stinkenden Untiere können, ist spucken. Was will man damit? Die können keinen Wagen ziehen, man kann nicht darauf reiten. Kein Wunder, dass die Inkas gegen Pizarro haushoch verloren haben."

      "Aber die Wolle."

      "Die Wolle, ja? Dein persönlicher Hochlandsklave hat eine Decke aus dem Zeug, das juckt wie Sau. Das ist keine Wolle, das ist Draht."

      "Die armen Geschöpfe tun mir leid. In einem entlegenen Teil der Welt sind sie einen Weg der Evolution gegangen, den heute keiner gebrauchen kann. Die können nichts dafür. Und die Verwaltung dieser Affenstadt, sperrt sie in ein winziges Viereck. Da drin muss man ja verrückt werden."

      "Mann, diese importierten Kreaturen sind so blöd, die merken das nicht einmal. Die sind genauso behämmert wie Kängurus."

      "Was weißt DU denn von Kängurus?"

      "Bei Brehm steht, Kängurus sind die dümmsten Tiere der Welt."

      "Das stimmt nun überhaupt nicht, Hühner sind dümmer. Hecki, sind wir schon einmal vom Fettbach zurückgekehrt, ohne eine gute Tat zu vollbringen?"

      "Ja, einmal."

      "Einmal? Wann soll das gewesen sein? Was haben wir da gemacht?"

      "Gar nichts."

      "Siehst Du. Das darf sich nicht wiederholen. Heckenbauer, du hast mich noch nie enttäuscht. Und wenn es drauf ankam, habe auch ich immer zu dir gehalten. Wir müssen den armen Teufeln helfen."

      "Wie denn? Willst du die Viecher zurück nach Südamerika bringen? Wir kommen selbst aus diesem Land nicht raus."

      "Nein, ich meine zum Einstieg etwas ganz Einfaches. Eine kleine gute Tat. Wir geben ihnen nur ein wenig Auslauf."

      "Das Gehege ist verriegelt und verrammelt."

      "Wir heben sie über den Zaun. Das ist dann wie Freigang für einen Knastbruder."

      "Die Dinger sind sauschwer."

      "Wir sind zu zweit und du sagst selbst immer: was man nicht probiert hat, kann man nicht wissen."

      "Mann, die stinken wie Hölle, schon von Weitem.", Hecki konnte Atsche wie immer nichts abschlagen. Beide kletterten über den Zaun in das Lama-Gehege.

      "Wie ist der Plan?"

      "Wir fangen eins.", sie liefen den Lamas hinterher, immer im Kreis. Womit sie nicht gerechnet hatten: Die nüchternen Tiere waren flinker als ihre zweibeinigen Verfolger. Und wenn man zu zweit läuft, wird man dadurch nicht doppelt so schnell. War ihnen das Gehege von außen noch winzig erschienen, bot es doch hinlänglich Platz zum Entweichen ihrer Schützlinge, die nicht ahnen konnten, dass man ihnen nur Gutes wollte. Den beiden Rettern ging die Puste aus.

      "Atsche, das wird nix. Die Kamele sind schneller als wir."

      "Neuer Plan. Da hinter der Hütte ist ein schmaler Durchlass. Ich treibe die Viecher hinter der Bude durch, du stehst an der anderen Seite und fängst eins. Durch diese hohle Gasse müssen sie kommen. Los!", neue Aufstellung, neuer Versuch. Atsche trieb die vier Lamas in den Durchlass - hinter der Hütte kamen alle vier Lamas wieder hervor.

      "Hecki, was ist los? Die kamen genau auf dich zu!"

      "Ich habe keins zu fassen gekriegt.", in Wahrheit hatte Hecki Panik erfasst, als er die kleine Herde auf sich zukommen sah, und ist zur Seite gesprungen. Neue Aufstellung, nächster Versuch. Wieder kamen hinter der Hütte alle vier Lamas vollzählig zu Vorschein.

      "Hecki, und was war nun wieder?"

      "Die sind alle, husch, an mir vorbei."

      "Wenn du eine Schnecke fangen solltest, würdest du jetzt das Gleiche sagen."

      "Nicht unbedingt, eine Schnecke stinkt nicht so grottig."

      "Okay, dir fehlt es an Motivation. So kommen wir hier nicht weiter.", unverrichteter Dinge kletterten sie aus dem Gehege, die Schuhe voller Lamascheiße und setzten ihren Heimweg fort.

      "Schade, ich hatte mich schon drauf gefreut, wenn morgen im 'Neustädter Anzeiger' steht: 'Passanten von einem freilaufenden Lama bespuckt'. Das nächste Mal machen wir vorher einen Plan."

      "Oder wir nehmen einen dritten Mann mit."

      "Aber nicht Zero, die Weichzeichnung.", sie kamen am Ziegengehege vorbei.

      "Hecki, das ist es! Als Training für unseren nächsten Coup mit den Lamas lassen wir eine Ziege frei."

      "Die stinken ja noch bestialischer."

      "Sind aber nicht so schwer. Und überhaupt, es ist kein Bock dabei, dann geht das. Wir müssen uns nur eine Zicke ohne Euter greifen, die hat dann noch kein Lamm. Wir wollen doch keine Familienbande zerreißen.", sie kletterten in das Ziegengehege, um die Lamakacke an ihren Schuhen mit Ziegenmist zu strecken. Gegen die Lamas war das hier ein Kinderspiel. Bald hatten sie eine Jungziege und hoben sie umständlich über den Gehegezaun. Das Gehege war von einem weiteren kleineren Zaun umgeben, der Besucher vom Füttern der Gefangenen abhalten sollte. Sie setzten das verstörte Tier genau in diesen etwa zwei Meter breiten Streifen zwischen Gehege und Vorzaun und ließen es laufen. Dann stiegen sie ins Freie und betrachteten befriedigt ihr Werk. Zur Untermalung dieses Augenblicks zündete sich Hecki eine Zigarette an und sog genüsslich daran. Atsche stellte sich wie ein Arbeiterdenkmal mit beiden Händen in den Hosentaschen neben ihn.

      "Siehst du Atsche, haben wir doch noch etwas Gutes getan."

      "Ja, ich bin sehr zufrieden mit uns.", die Ziege schien weniger zufrieden. Sie lief in ihrem schmalen Korridor hin und her und mähte und meckerte.

      "Warum meckert das Vieh so? Will die wieder rein oder will sie ganz raus?"

      "Ich glaube, sie will raus. Aber nichts überstürzen, sie soll sich erstmal an ein bisschen mehr Freiheit gewöhnen. Vielleicht lassen wir sie das nächste Mal ganz raus."

      "Ich weiß nicht. Stell dir vor, man würde uns an der Grenze über den ersten Zaun heben und dann im Todesstreifen frei laufen lassen. Das hört sich nicht nach ein 'bisschen mehr Freiheit' an."

      "Das hier ist was Anderes. In dem Zaun ist kein Strom und hier wird auch nicht geschossen - und politisch verfolgte Ziegen gibt es schon gar nicht. Das Biest fühlt sich da sauwohl: ein bisschen freier eben.", die beiden einigten sich darauf, mit diesem Abend ihren Frieden zu schließen, und schlenderten weiter.

      "Sag mal Hecki. War das jetzt etwas Unerlaubtes?"

      "Atsche, erst schlägst du solchen Bockmist vor und dann ..."

      "Das war kein Bock."

      "... und dann wirst du weich und kommst mir mit dämlichen