Dementsprechend spät kam er nach Hause, oft stockbesoffen. Weil das Geld vorn und hinten nicht reichte, musste ich, nach der Geburtspause wieder arbeiten. Aber selbst die Teilzeit war ein Problem wegen des Säuglings.
Da ich in Schichten arbeitete, mal früh von 4 bis 8 Uhr und mal spät von 16 bis 20 Uhr, musste Robert mithelfen und zumindest seine Ankunft danach richten, damit unser Sohn versorgt wurde. Meist klappte das nicht. Zwar sprang dann immer meine Schwiegermutter ein, aber es gab jedes Mal Theater. Zu Recht. Denn mein Mann hielt sich an keinerlei Vereinbarungen oder Versprechungen, er lebte rücksichtslos so, wie es ihm gerade passte.
Als er dann endlich, nach der zweiten Prüfung, mit Mühe und Not, seinen Meistertitel in Händen hatte, glaubte er, nicht mehr arbeiten zu müssen, schließlich hatte er ja nun die Weisheit der ganzen Welt gefressen. Dass seine Einbildung nicht den Tatsachen entsprach, bewies er schon mit seiner laschen Einstellung zu Arbeit, Genauigkeit und Pünktlichkeit. Sowie mit den Schulden, die Roberts lasche Art uns aufbürdete.
Wie oft ich es bereute, Robert ein zweites Mal geheiratet zu haben, weil es mir in der Trennungszeit doch deutlich besser gegangen war, kann ich nicht an zwei Händen abzählen. Aber das war nicht mehr zu ändern.
Denn, um noch einmal zu meinen Eltern zu flüchten gab es ein Hindernis, nun musste ich zwei Kinder mitnehmen, und dafür war die kleine Wohnung meiner Eltern, weiß Gott, nicht geeignet. Also hieß es für mich: durchhalten.
Verbissen kämpfte ich gegen die Leichtlebigkeit und den Leichtsinn meines Ehemannes. Mit allen möglichen Arbeiten versuchte ich die Familie über Wasser zu halten, denn so schnell, wie Robert das Geld ausgab, konnten wir beide zusammen es nicht verdienen.
Der Zeitpunkt, dass ich mehr verdienen musste, als mit normaler Arbeit zu verdienen war, kam unweigerlich. Aus einer Idee, mit ein paar hübschen Damen eine Begleit-Agentur für Geschäftsmänner zu machen, wurde ein Puff. Und zwangsläufig verkaufte ich auch irgendwann meine Zuneigung gegen Geld, viel Geld.
Wenn ich allerdings gedacht hatte, dass mein Mann mal an die Zukunft seiner Familie denken würde, hatte ich von Robert wohl etwas Unmögliches erwartet. Ganz im Gegenteil, wurden seine Wünsche immer größer, so wie die Autos die er fahren wollte.
Unter Mercedes ging es nicht mehr, und wer arbeitete dafür? Ich! Unser Liebesleben war nicht mehr vorhanden. Denn ich war sexuell so frustriert, dass ich keinerlei Bedürfnisse mehr in dieser Richtung hatte.
Den Mann, der immer Spaßeshalber gesagt hatte: „Wenn du 30 bist nehme ich mir zwei Fünfzehnjährige, dann bist du mir zu alt.“
Diesen Mann verließ ich als ich 30 war endgültig wegen eines Jüngeren, einem Fünfundzwanzigjährigen.
Trotz vieler Streitigkeiten hatte ich zwölf Jahre in meiner Ehe durchgehalten, und versucht, den Kindern den Vater zu erhalten.
Mit mehreren Unterbrechungen bestand die Verbindung insgesamt 15 Jahre und endete endgültig durch einen anderen Mann. Von der ganzen Mühe, und meinem recht beträchtlichen Verdienst, nahm ich nur ein paar Möbelstücke und meine Kleider mit. Das war die Ausbeute meines langjährigen Kampfes gegen die Ausbeutung und Unterdrückung durch einen Egoisten. Aber ich war befreit, und bereit für eine bessere Zukunft.
Fressen oder gefressen werden
Anfangs hing der Himmel voller Geigen, ich war im siebten Himmel, denn Udo zeigte mir eine Welt voller Glanz und Glimmer. Zwar hatte ich ihn schon einige Monate zuvor an der Schweizer Grenze, im Bijou, mehrmals gesehen, aber niemals gesprochen. Nun in der Wuppertaler Disco stand er mir wieder an der Bar gegenüber- sein Glas in der Hand. Nur eines war anders: er lächelte mir zu.
Was für mich erst nur ein kleiner Flirt war, hatte Udo sofort als Beginn einer langfristigen Beziehung erkannt. Wenn er sich gleich in mich verliebt hatte, war es bei mir anders. Ich fühlte mich am Anfang hin- und hergerissen zwischen geschmeichelt, neugierig und zweifelnd. Zuerst konnte ich mich gar nicht festlegen, was aus unserem Zusammentreffen entstehen könne, denn damals in Lörrach, hatte ich ihn eigentlich als arrogant und uninteressant empfunden. Plötzlich stand ein ganz anderer Mann vor mir.
Welch ein attraktiver Mann sich um mich bemühte und welch ausgeprägten Charme Udo ausstrahlte, erstaunte mich anfangs sehr, das hatte ich nicht bei ihm vermutet. Zudem besaß er eine enorme Selbstsicherheit gepaart mit Dominanz, ohne rebellisch zu wirken. Dass der ehemalige Croupier gerade arbeitslos war, weil sein Arbeitgeber verhaftet und dessen ganze Geschäfte geschlossen worden waren, kam mir eigentlich ganz recht, denn so konnte ich Udo mit in meine Tätigkeit einbauen.
Dass er lange im illegalen Glücksspiel tätig gewesen war, machte mir nichts aus, denn ganz korrekt war die Branche, in der ich arbeitete, auch nicht. Als Werbeleiterin einer großen Fassadenbau-Firma wollte ich dann auch den Verkauf selbst übernehmen, weil der Verdienst wesentlich höher war. Dass Udo mit seiner dominanten, selbstsicheren Art ein guter Verkäufer sein könne, schien mir logisch zu sein. Also ergab es sich quasi wie von selbst, dass wir uns gegenseitig ergänzten, und uns zu dem erfolgreichsten Verkaufsteam der Fassaden-Branche entwickelten. Endlich konnte ich auch mal an mich denken, und auf ein sorgenfreies Leben hoffen.
Die Liebesspiele beherrschte Udo genauso gut wie seine Art sich zwischen anderen Menschen zu bewegen und mit ihnen umzugehen. Udo zögerte nicht lange, mir klar zu machen, was er wollte und wie er es wollte. Und ich ließ mich gerne anleiten und verführen, denn er war verdammt gut.
Außerdem roch der Mann am ganzen Körper angenehm und sein Penis sah auch appetitlich aus. Sein Schwanz war lang und dünn und hatte nur wenig Vorhaut, sodass ich mich sogar wagte, einen Kuss darauf zu hauchen. Ich gab ihm alles was er wollte, und ich sollte es nicht bereuen.
Ich schwamm in orgastischen Schüben, konnte gar nicht genug kriegen, und er förderte das. Udo war ein potenter und ausdauernder Mann, der es ohne Mühe schaffte, mich mehrmals nacheinander zum Orgasmus zu bringen. Ich glaubte, endlich die wahre Liebe gefunden zu haben, und deshalb war ich Wachs in seinen Händen.
Schon bald lernte ich seine Freunde kennen, falls man in seinem Bekanntenkreis überhaupt von Freunden reden kann. Sein täglicher Aufenthaltsort, das Sportcafe, war ein Treffpunkt für Gauner und Tagediebe, zu denen Udo natürlich auch gehörte. War er das Eine oder Andere? Egal, auf jeden Fall stellte ich mit Erschrecken fest, dass Recht und Ordnung für Udo keine Bedeutung hatten.
Genau wie für die ganzen Diebe, Betrüger und Ganoven, die in diesem Etablissement ein und ausgingen. Sie alle hatten nur ein Interesse, mit betrügen, stehlen und zocken, dem lieben Gott den Tag zu stehlen, aber nur nicht einer geregelten Arbeit nachzugehen.
Dass mein zweiter Irrtum, der fünf Jahre jüngere Udo, ein eleganter, weltgewandter Blender war, der seine eigenen Gesetze hatte, sollte ich bald feststellen. Auch dass er ein Charakterloser Zocker war, wurde mir bald klar. Denn er benutzte Alles und Jeden, um zocken zu können, dabei vergaß er die Welt und die Menschen um sich herum.
Dass er zudem noch täglich sein Alkohol-Pensum brauchte, also in Mengen Pernod- Cola trank, wovon er eine gehörige Portion vertrug, entdeckte ich als seine zweite negative Leidenschaft. Aber egal wie viel Udo trank, wirklich besoffen war er nie, jedoch kostete es immer ein fettes Sümmchen. Der Mann gab mir Rätsel auf.
Durch seine Zock-Leidenschaft war er ein rücksichtsloser, mitleidloser Betrüger, der jeden Menschen ausnutzte und betrog, um seine eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Aber seine dominante Selbstsicherheit und seine Erfahrung zeigten mir täglich, wie schön Sex sein konnte, damit fesselte er mich lange Zeit. Deshalb übersah ich Vieles, duldete Dinge, die ich zuvor nie akzeptiert hatte, und machte mich von ihm abhängig. Sexuell abhängig.
Udo hatte das seltene Talent anderen Menschen seinen Willen als den eigenen zu suggerieren. Mit seiner dominanten Art sich auszudrücken, seine Wünsche fast in Befehlston vorzutragen, zwang er schwächeren Menschen seinen Willen auf, ohne dass sie sich darüber klar waren, oder gar dagegen wehren konnten.