Einmal und nie wieder. Anno Dazumal. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Anno Dazumal
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738010541
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hatte Frau Klein den Hörer abgehoben und hörte Folgendes: „Sind Sie Frau Klein?“ fragte Jörg Plock. „Ja, ich bin es.“ „Schön für Sie und gut für uns. Wir haben Ihren Mann entführt und darum ...“ „Ha ha! Genial! Jetzt habt Ihr den alten Labersack am Hals!“ frohlockte sie. „Beruhigen Sie sich und hören Sie zu! Wir haben also Ihren Mann und fordern für seine Freilassung fünf Millionen Euro.“ „Ich will aber gar nicht, daß er freigelassen wird.“ „Hä? Was soll denn das jetzt? Sie sind doch seine Frau, oder nicht?“ „Na klar, aber ich geb doch nicht fünf Millionen Euro aus, damit ich den Spinner wieder im Haus habe. Warten Sie mal, ich geh nur schnell mit dem Telefon in ein Zimmer, wo ich allein bin, dann können wir ungestört reden.“ Frau Klein verschwand mit dem Telefon, während die beiden Polizisten in der Wohnung herum spazierten. „Also, hier bin ich wieder. Hören Sie! Ich zahle Ihnen zwei Millionen Euro, wenn Sie meinen Mann umbringen.“ Jörg erschrak. „Hey, was soll der Mist! Das hier ist eine Entführung und kein Wunschkonzert. Eine Entführung läuft so ab, daß die Entführer jemanden entführen und von dessen Familie dann Geld dafür bekommen, daß sie das Opfer wieder freilassen.“ „Daran habe ich aber kein Interesse. Was glauben Sie wie froh ich bin, daß ich endlich das ganze Haus für mich allein habe? Ach ja, vielen Dank dafür, daß Sie den Alten mitgenommen haben, aber das mit der Glastür werde ich Ihnen nie verzeihen.“ „Jetzt machen Sie mal halblang! Wegen Ihrer blöden Glastür habe ich eine Menge Blut verloren und die Scherben mußten wir auch zusammenkehren.“ „Ja, so ist sie halt, meine Glastür. Die kämpft bis zum Schluß.“ „Genug gefaselt. Sind Sie allein daheim?“ „Nein, zwei Polizisten sind da.“ „Das trifft sich hervorragend. Holen Sie doch mal einen von denen an den Apparat!“ „Mach ich.“ Klein lief in das Wohnzimmer, doch es dauerte, bis sie die Polizisten fand. „Wird das hier eine Hausdurchsuchung, oder was? Kommen Sie lieber schnell! Der Entführer meines Mannes ist am Telefon und will mit einem von Ihnen sprechen.“ „Ja genau. Sind wir hier bei der gefreckten Kamera, oder was? Na ja, wie er will“, meinte einer der Polizisten und nahm wenig später den Hörer in die Hand. „Sie sprechen mit der Polizei. Was haben Sie uns mitzuteilen?“ „Ja, hören Sie mal, Sie müssen mir unbedingt helfen. Also, ich hab doch diesen Herrn Klein entführt, aber seine Frau will keine fünf Millionen Euro für seine Freilassung zahlen. Könnten Sie nicht mal mit ihr reden?“ „Ich kann es versuchen. Wenn ich Erfolg habe, melde ich mich bei Ihnen. Unter welcher Nummer sind Sie zu erreichen?“ „Also, das wäre die 0, Moment mal, das geht jetzt wirklich nicht. Ich kann Ihnen doch nicht meine Telefonnummer verraten.“ „Doch, das geht schon. Sie brauchen sich nur ein wenig überwinden.“ „Nein, das lassen wir mal lieber. Reden Sie der Frau Klein gut zu, sonst wissen wir nicht mehr weiter. Ich melde mich irgendwann mal wieder“, bemerkte Jörg und legte auf. „Ja, damit wäre der Fall geklärt. Ihr Mann ist also entführt worden und befindet sich entweder in der Hand von Profis, Amateuren oder Verrückten, wobei ich eher auf das Letztere tippen würde. Jetzt müssen wir aber mal Klartext reden, Frau Klein! Wie können Sie es wagen, dem Entführer ins Ohr zu sagen, daß Sie nicht daran denken, das Lösegeld zu bezahlen? Der arme Mann hat bestimmt fast einen Herzinfarkt bekommen. Können Sie denn den Tod eines Menschen verantworten?“ „Ja, solange der Tote mein Mann ist. Aber ich glaube, ich muß mich das nächste Mal beim Entführer persönlich dafür entschuldigen, daß ich ihm so einen großen Schreck eingejagt habe.“ „Das sehen wir genauso. Sie können doch nicht einfach Träume platzen lassen! Bestimmt hat sich der Entführer schon auf das Geld gefreut und Sie machen das mit ein paar Sätzen zunichte! Und jetzt haben wir eine ganz prekäre Situation: Die Entführer haben eine Geisel, die nichts mehr wert ist und Sie können sich ja vorstellen, was nun passiert!“ „Keine Sorge, daran hab ich schon gedacht. Deshalb habe ich dem Entführer den Vorschlag gemacht, daß ich zwei Millionen Euro zahle, wenn er meinen Mann umbringt.“ „Frau Klein, so etwas dürfen Sie doch nicht tun. Das ist ja gerade so, als ob Sie einen Killer anheuern. Damit machen Sie sich strafbar. Schon die Anstiftung zum Mord reicht, um Sie hinter Gitter zu bringen.“ „Oh, hätte ich Ihnen lieber nichts gesagt.“ „Ach, alles halb so schlimm. Wenn Sie wüßten wie viele Kriminelle in diesem Land frei herumlaufen, da kommt es auf eine mehr oder weniger auch nicht an.“ „Und was machen wir jetzt?“ „Wir rufen einen Glaser an, damit er eine neue Glastür einsetzt. Hier drin wird es mir nämlich sonst zu kalt“, stellte der Polizist fest. „Heißt das, Sie wollen heute Nacht hier bleiben?“ „Von wollen kann gar keine Rede sein. Andererseits können wir hier bei Ihnen fernsehen, während Zuhause unsere Frauen über die Fernbedienung herrschen.“ „Das werde ich nicht zulassen. Wenn Sie unbedingt glotzen wollen, dann müssen Sie auch dafür zahlen.“ „Na ja. Wir kriegen ja Nachtzuschlag.“ „Ich schlag auch gleich zu. Wollen Sie etwa warten, bis der Entführer wieder anruft?“ „Na klar, das ist ja unser Job.“

      Währenddessen war Jörg völlig durcheinander. Gemeinsam mit seiner Frau saß er in der Küche und wollte sich mit ihr beraten. Doch er fühlte sich nicht wohl und darum ging er vor die Haustür um frische Luft zu schnappen. Klein dagegen machte schon wieder mit lautem Klopfen auf sich aufmerksam und das blieb mitten in der Nacht natürlich auch den Nachbarn nicht verborgen. Einer von ihnen schrie zu Plock, als er jenen sah: „Hey, sag mal, habt Ihr die Handwerker im Haus?“ „Nein, nur eine Nervensäge“, antwortete jener. „Unsinn. Das ist doch keine Säge, das ist ein Hammer. Sorg dafür, daß da jetzt Ruhe herrscht, sonst ruf ich die Polizei!“ Ute hatte ihren Mann noch nie so schnell rennen sehen wie in jenem Augenblick. Schnell folgte sie ihm, um mitzubekommen, was geschehen war. Hastig sperrte Jörg die Tür zu Kleins Zimmer auf. „Na endlich! Ich klopfe mir hier die Handkanten wund“, beschwerte sich jener. „Was soll denn das Theater? Wissen Sie, wir können wirklich auch anders. Wenn Sie nicht augenblicklich von jetzt an für immer mit diesem Geklopfe aufhören, dann binden wir Ihnen die Hände an den Kopf“, drohte Jörg. „Wieso denn an den Kopf?“ wunderte sich Klein. „Damit Sie sich nicht am Rücken kratzen können. Schön langsam gehen Sie mir eh auf den Sack. Gar nichts funktioniert. Ihre Frau will das Lösegeld nicht zahlen. Nein, statt dessen bietet sie mir zwei Millionen Euro, wenn ich Sie erschieße.“ „Nichts dagegen, daß Sie meine Frau erschießen.“ „Nein, Sie soll ich erschießen.“ „Oh, das hört sich aber gar nicht gut an. Und, tun Sie’s?“ „Nein, was nützen mir denn zwei Millionen, wenn ich drei Millionen Schulden habe? Da müßte ich ja zwei Leute entführen und dann erschießen, damit ich Gewinn mache. Außerdem habe ich gar keine Waffe.“ „Und was jetzt?“ „Gute Frage. Sie sind an allem schuld, Herr Klein. Warum können Sie nicht ein normales Verhältnis zu Ihrer Frau haben, wie alle anderen Männer auch?“ „Hab ich doch. Ich kann sie nicht leiden und sie kann mich nicht leiden.“ „Ach so, na ja, jedenfalls hab ich bald genug von der ganzen Sache. Ich warne Sie: Klopfen Sie nicht so laut! Das hört man nämlich.“ „Deshalb mach ich es ja. Wo bleibt mein Abendessen?“ „Es ist Nacht. Sie kriegen morgen Ihr Frühstück und damit hat es sich“, bestimmte Ute. „Sie wären eine gute Domina.“ „Komisch, das sagen die Kinder auch immer zu ihr“, stellte Jörg erstaunt fest. „Von Ihnen verlange ich, daß Sie mir jetzt eine Gute-Nacht-Geschichte erzählen“, wandte sich Klein an Jörg. „Sonst kann ich nicht gut schlafen.“ „Was ist das nur für eine beschissene Geschichte? Ein Entführer, der dem Entführten eine Geschichte zum Einschlafen erzählt. Das kann es doch gar nicht geben“, jammerte Jörg, doch es half nichts. „Gleich“, versprach er, bevor er sich an seine Frau wandte. „Stell Dir vor, ich hab sogar mit einem richtigen Polizisten gesprochen und der hat sich bereit erklärt, zu versuchen, die Frau Klein zu überzeugen, daß sie doch die fünf Millionen zahlt.“ „Prima. Du bist wirklich ein Genie. Eine echt tolle Idee mit der Polizei zusammenzuarbeiten, um Geld zu erpressen.“ „Das hab ich mir auch gedacht. Die Polizisten haben schließlich Erfahrung mit solchen Sachen und als Anfänger sollte man schon mit ein paar Profis kooperieren, finden Sie nicht auch, Herr Klein?“ „Was sind Sie nur für ein Stümper, Jörg? Na ja, vielleicht können Sie wenigstens eine gute Geschichte erzählen“, hoffte jener. So saß also der Entführer Plock am Bett des Entführten Klein und begann: „Es war einmal ein kleiner Junge, der wollte immer nur in die Windel scheißen. Doch eines Tages gab es keine Windeln mehr und so machte er sich auf die Suche nach einem Klo. Er durchquerte Felder und Wiesen, Wälder und Städte, doch er fand kein Klo und er spürte, daß seine Hose naß wurde, obwohl es nicht geregnet hatte und er auch in keine Pfütze oder einen Weiher gefallen war. Schlafen Sie etwa immer noch nicht?“