Das Überlebensprinzip. Christian Ruf. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christian Ruf
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742735614
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gar nicht anders gehen sollte. Jeder Schuss ist unwiederbringlich. Da muss man schon einen guten Grund für haben…

      Im Überfluss besitze ich jede Menge elektrische Geräte. Ob Haushalt oder Handwerk - es ist sogar alles mehrfach vorhanden. Blöderweise nur kein Strom und kein Sprit. Die geilsten Computer, Mobiltelefone und Fernseher! Wofür nur??

      Einzig gut sind die vielen Klamotten. Okay - mehr wie die Hälfte davon ist eigentlich nicht für Männer. Das Problem ist nur, es wird danach keine Neuen mehr geben. Wenn mir beim Arbeiten etwas zerreißt, dann ist es nicht mehr zu gebrauchen. Mir fällt es am ehesten bei den Schuhen auf. Die halten nur wenige Jahre. So habe ich mir angewöhnt so oft als möglich ohne auszukommen. Was ja ganz nett ist im Sommer. Aber von Oktober bis in den April ist es nicht zu empfehlen barfuß zu laufen da man sich leicht eine Erkältung einholen kann. Und welcher Arzt soll mir dann helfen? Wer erledigt die Arbeit für das Überleben während ich Fieber habe?!

      Jedenfalls waren Ben und ich heute durch alle Häuser und Schuppen gegangen um unser Reisegepäck zusammen zu stellen. In einem der Häuser haben wir tatsächlich noch die Überreste eines toten Mannes entdeckt. Man, habe ich mich erschrocken! Wenn man so ganz unvorbereitet eine Kellertür aufmacht und es fällt einem so ein vertrockneter, gelederter „Zombie“ entgegen… Dabei hatte ich ganz am Anfang, als ich mir den Ort wegen seiner guten Lage ausgesucht habe, sämtliche Leichen eingesammelt und in den Wald weggebracht. Denn schließlich möchte man ja nicht auf einem Friedhof leben. Nun, den hier hatte ich wohl übersehen.

      Zusammengestellt haben wir nun folgende Sachen:

      - ein leichtes Zelt (sogar in Camouflage)

      - zwei große Rucksäcke

      - leichte Regenjacken (nur vom Feinsten)

      - jeder zwei Cargo-Hosen mit vielen Taschen

      - ein paar gute Wanderschuhe (fast ungebraucht)

      - unsere Schlafsäcke

      - verschiedene lange Unterwäsche

      - breite Schals zum Einwickeln des Gesichts

      - wärmende Handschuhe

      - jeweils zwei Pullover und T-Shirts

      (die werden wir dann unterwegs abwechselnd waschen)

      - mehrere Paar Socken gegen Blasen

      - je zwei Satz Unterwäsche

      (werden nach Bedarf getauscht und gereinigt)

      Dazu noch folgende Ausrüstung:

      - mein Gewehr mit der Munition

      - dazu eine Machete mit Gürtel

      - jeder ein Taschenmesser

      - unsere Angelhaken mit Schnur

      (die Angelrute muss vor Ort gebastelt werden)

      - ein Dosenöffner, ein Topf und zwei Löffel

      (für Teller ist kein Platz mehr)

      - viele Streichhölzer und ein paar Kerzen

      - eine Pinzette für Dornen heraus zu holen

      - ganz wichtig: ein Fernglas

      - dazu unsere restlichen Lebensmittelvorräte und Dosen

      Andere notwendige Sachen werden wir uns bei Bedarf immer wieder unterwegs organisieren müssen, sonst wird es zu viel zum Tragen…

      2. Tag

      Heute Morgen mussten wir mit Erschrecken feststellen, dass es neu geschneit hat! Knöcheltief ist alles in eine weiße, saubere Fläche verwandelt worden. Völlig deprimiert haben wir den ganzen Vormittag drinnen verbracht. Frischer Schnee ist gefährlich. Ich mag Schnee überhaupt nicht - er verrät jede Spur. Da muss man Tage warten bis die Oberfläche von der Sonne und den neuen Spuren der Tiere derart verändert wurde, dass einem die verwischten Abdrücke von Menschen kaum auffallen.

      Aber es gibt noch einen Grund warum ich Schnee nicht mag. Er macht mir noch ganz andere Sorgen - vielleicht bin ich auch nur zu skeptisch geworden mit den Jahren? Jedenfalls haben wir die Zeit genutzt unsere Vorräte für die Reise zu sortieren.

      Auf unserer Wanderung werden wir Ortschaften möglichst meiden und auch kaum Straßen benutzen können. Nur wenn wir unbedingt wieder neues Essen benötigen werden wir uns in einem Ort umsehen. Dafür brauchen wir das Fernglas. Man sollte mindestens einen Tag lang einen Ort beobachten. Falls dort Menschen leben, wird man sie früher oder später auch zu Gesicht bekommen. Dann weiß man Bescheid, dass man besser weitergehen sollte. Denn wer weiß wie viele insgesamt in so einem Ort leben? Deswegen gehen Ben und ich im Moment auch nicht vor die Tür - falls jemand uns beobachten sollte.

      3. Tag

      Noch immer liegt Schnee und es hat sogar noch mal nachgeschneit. Wie eine glitzernde Kristallfläche glänzt die Landschaft bei strahlend blauen Himmel und eisiger Kälte. Ich kann mich an einen Skiurlaub erinnern bei dem ich morgens früh zum Sonnenaufgang eine solche Schneepiste alleine herunter gefahren bin - es war so traumhaft schön!

      Wir blieben also immer noch im Haus und warten ab. Nur Ben wurde es allmählich zu eintönig. Kann ich ja verstehen. Ihm wäre eine coole Schneeballschlacht oder ein Spaziergang im Schnee bestimmt lieber. Aber so etwas geht eben nicht. Gelangweilt schaute er durch das dreckige Fenster zwischen den Gardinen hindurch nach draußen. Plötzlich wurde er nervös. Er ging einen Schritt zurück und ließ die Gardinen langsam vor sich zufallen. Wie gebannt starrte er in eine Richtung schräg nach links durch das Fenster.

      Ich schaute ihm zunächst ganz ruhig aber dann immer mehr angespannt von hinten zu. Eigentlich wollte ich etwas Feuer machen damit unser Haus nicht gänzlich auskühlt. Das musste jetzt erst einmal warten. Wir beide waren ganz still.

      Dann schnippte Ben zweimal mit den Fingern: unser vereinbartes Zeichen für höchste Gefahr! Ganz langsam schob ich mich hinter ihn zum Fenster und schaute in dieselbe Richtung wie seine Augen blickten. Da sah ich sie:

      Mindestens vier junge Kerle, wenn nicht sogar noch mehr, schlichen sich mit Waffen in der Hand durch die Straßen. Dass sie nicht zu denen gehören, die „Bitte“ sagen, erkannt man gleich. Es war eine Jugendbande ohne festes Zuhause.

      Die Kälte und der Schnee treibt sie in die Dörfer. Diese jungen Kerle sind in einem Umfeld aufgewachsen wo man ums nackte Überleben kämpfen muss. Am besten geht das in einer starken, großen Gruppe. Das gefährliche an ihnen ist nicht nur ihre Gewissenlosigkeit, sondern ihre Suche und ihr Verlangen nach Alkohol. Das zusammen ist eine absolut tödliche Mischung.

      Zum Glück sind Ben und ich auf solch einen Vorfall eingerichtet. Unser Raum wurde schnell in ein scheinbar nicht benutztes Zimmer umgeräumt. Dann gingen wir flugs runter in den Kellerraum. Dieser ist hinter einem Spalt in einer Zwischenmauer versteckt, dass man ihn von außen nicht erkennen kann. Gleichzeitig haben wir von hier aus aber eine weitere Möglichkeit das Haus unbemerkt nach hinten verlassen zu können und uns zwischen den Häusern und Schuppen aus dem Staub zu machen…

      Ich nahm mein Gewehr und die Munition mit. Dazu unsere Messer, die Schuhe und jeder eine Decke. Wir mussten uns heute Abend wohl oder übel in den Wald zurückziehen und dort übernachten. Ben schnappte sich noch schnell das neue Fernglas. Gute Idee, fand ich. Unten im Keller versteckt mussten wir nun erstmal abwarten.

      Draußen streiften die Kerle durch die Straßen des Ortes. Sie schienen sich sehr sicher zu fühlen. Jeder von ihnen hatte mindestens eine Schusswaffe. Es mussten insgesamt so etwa acht oder neun Jungs im Alter von höchstens zwanzig Jahren sein. Und ein Mädchen war auch mit dabei - eine seltsame Truppe.

      Nach und nach gingen sie in jedes Haus und schauten nach etwas Essbarem. Als sie in unser Haus kamen, fiel mir mit Schrecken ein, dass wir vergessen hatten unsere gesammelten Lebensmittel zu tarnen. Wir hatten sie zusammen mit den anderen zusammengetragenen Reiseutensilien im großen Zimmer einfach liegen gelassen!