Die richtige Chemie. Günter Wirtz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Günter Wirtz
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754184929
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nicht billig, nicht teuer, unauffällig, zweckmäßig. Da können Sie sich direkt ein Schild umhängen: „Ich bin Lehrer“.

      Mann 2: Na und, ist das etwa eine Schande, Lehrer zu sein?

      Mann 1: (lacht) Ich hatte also Recht, wie geil ist das denn?

      Mann 2: Nicht besonders geil, würde ich sagen.

      Mann 1: Oh Mann, jetzt verstehe ich auch, warum Sie sich umbringen wollen.

      Mann 2: Gar nichts verstehen Sie.

      Mann 1: Dann müssen Sie es mir eben besser erklären, Herr Lehrer.

      Mann 2: Oberstudienrat. Hier, Ihr Flachmann.

      Mann 1: Verzeihung, Herr Doktor Eingebildet.

      Mann 2: Das müssen Sie gerade sagen.

      Mann 1: Wieso?

      Mann 2: Na, schauen Sie doch in den Spiegel! Die Brille von Porsche, Markenschuhe, literweise Aftershave, beigefarbene Hose, hellblaues Hemd, ein Tattoo auf dem Unterarm: alles eine Spur zu: zu teuer, zu aufdringlich, zu jung. Sie sind ein Blender, ein Zwergpinscher, der auf Bulldogge macht, ein armes Schwein, das seinen Minderwertigkeitskomplex mit Machogehabe kompensiert. Lassen Sie mich raten! Sie könnten Polizist sein, aber dann würden Sie versuchen, mich vom Selbstmord abzuhalten. Arzt oder Jurist würde auch passen, nur dafür drücken Sie sich zu prollig aus. Trotzdem ist Ihnen eine gewisse primitive Eloquenz nicht abzusprechen. Ich tippe auf Autoverkäufer oder Versicherungsvertreter.

      Mann 1: Sie sollten mehr trinken, damit Sie weniger Scheiße reden.

      Mann 2: Wow, ein Wortspiel! Übrigens gar nicht schlecht, Ihr Whisky. Hier, nehmen Sie! Ich muss mir die Jacke aufmachen.

       Mann 2 zieht den Reißverschluss seiner Jacke auf.

      Mann 1: Das gibt‘s doch nicht!

      Mann 2: Was ist?

      Mann 1: Sie haben sich eine Krawatte angezogen.

      Mann 2: Na und.

      Mann 1: Eine Krawatte, ich fass es nicht!

      Mann 2: Jetzt sagen Sie schon, was daran so witzig ist!

      Mann 1: Ich stell mir vor: Sie sind zu Hause, stehen vor dem Kleiderschrank und denken: Hm, welche Krawatte zieh ich denn zu meinem Selbstmord an? Die grüne oder die rote? Oder doch lieber die gestreifte? Mann, ‘ne Krawatte: Wie bescheuert ist das denn?

      Mann 2: Vielleicht wirklich ein wenig bescheuert.

      Mann 1: Na logo! Sie denken wahrscheinlich: Wenn mich da unten einer findet, dann bin ich zwar Matsch, aber wenigstens hab ich ‘ne Krawatte um. Damit diejenigen, die Sie vom Boden abkratzen, wissen: Das war ein Oberstudienrat.

      Mann 2: Ist ja gut, ich geb‘s zu: Die Idee war absurd. Genauso absurd wie Ihr Einfall, sich vor dem Tod zu parfümieren. Sie denken wohl: Wenn ich schon wie Fliegenscheiße aussehe, dann soll ich wenigstens noch riechen wie ein Zuhälter.

      Mann 1: Hey, jetzt werden Sie ja richtig locker. Aber im Ernst. Ein Typ wie Sie, pflichtbewusst, vernünftig, ein Vorbild für unsere Kinder! Wieso bringt sich ein Saubermann wie Sie um? Sie haben bestimmt keine Leiche im Keller.

      Mann 2: Jeder hat Leichen im Keller.

      Mann 1: Bei Ihnen? Never! In Ihrem Keller ist alles an seinem Platz: die Konserven, das Werkzeug, der Wein. Ach ne, Sie trinken ja nicht. Noch einen Schluck?

      Mann 2: Einen kleinen, aber dann ist Schluss, denn mir ist schon ganz schwindelig. Ich muss aufpassen, dass ich nicht runterfalle.

      Mann 1: Sie sind ein richtiger Witzbold.

      Mann 2: Ich war immer schon ein Witzbold, nur hat das nie einer gemerkt. Meine Schüler nicht und meine Frau auch nicht.

      Mann 1: Sie sind verheiratet?

      Mann 2: Ja.

      Mann 1: Kinder?

      Mann 2: Nein.

      Mann 1: Lieben Sie Ihre Frau?

      Mann 2: Würde ich Sie lieben, würde ich jetzt nicht hier stehen.

      Mann 1: Sie bringen sich um, weil Sie Ihre Frau nicht lieben. Wie behämmert ist das denn?

      Mann 2: Total behämmert.

      Mann 1: Das kannst du wohl laut sagen. Tschuldigung. Das können Sie wohl laut sagen.

      Mann 2: Bleiben Sie ruhig beim du!

      Mann 1: Aber nur, wenn du nicht beim Sie bleibst.

      Mann 2: Okay. Puh, ist mir warm. Ich muss die Jacke ausziehen. Willst du sie vielleicht haben?

      Mann 1: Danke, aber mir ist auch nicht mehr kalt. Guck, die Sonne ist hinter dem Wald aufgegangen.

       Die beiden Männer schauen zum Horizont und schweigen.

      Mann 1: Also, warum willst du dich umbringen? Es hat mit deiner Frau zu tun. Wie bei mir. Nur, dass ich meine Frau liebe und du deine Frau nicht liebst. Aber warum? Ist sie so hässlich?

      Mann 2: Im Gegenteil, sie ist bildhübsch.

      Mann 1: Echt?

      Mann 2: Sie war sogar mal im Playboy.

      Mann 1: Ne!

      Mann 2: Doch!

      Mann 1: Ne!

      Mann 2: Doch! Spielen wir jetzt Ping Pong?

      Mann 1: Du verarschst mich.

      Mann 2: Keineswegs. Apropos, einen tollen Hintern hat sie auch. Alle Männer drehen sich nach ihr um.

      Mann 1: Ne!

      Mann 2: Doch!

      Mann 1: Ne!

      Mann 2: Doch! Schmetterball! Gewonnen!

      Mann 1: Aber, Mensch, wieso liebst du sie dann nicht?

      Mann 2: Nicht mehr. Am Anfang habe ich sie schon geliebt. Kann ich doch noch einen Schluck?

      Mann 1: Klar, hier.

      Mann 2: Danke, du bist ein guter Mensch.

      Mann 1: Ich? Das hat mir noch keiner gesagt.

      Mann 2: Doch, ich. Ich habe es dir gerade gesagt. Du bist ganz schön vergesslich. (lacht)

      Mann 1: Oh Mann, ich glaube, da können nur Oberstudienräte drüber lachen.

      Mann 2: Mag sein, aber ein guter Mensch bist du trotzdem.

      Mann 1: Quatsch!

      Mann 2: Du liebst deine Frau. Das ist gut. Das ist sehr gut. Deine Frau weiß gar nicht, was sie für ein Glück mit dir hat.

      Mann 1: Stimmt, und genau deswegen hat sie mich betrogen.

      Mann 2: Betrogen? So eine Sauerei! Hier, nimm noch einen Schluck!

      Mann 1: Das kannst du laut sagen. Prost.

      Mann 2: Aber wie kann sie jemanden wie dich betrügen? Du bist groß, sportlich, siehst gut aus, bist gebildet, zumindest ansatzweise, hast Humor.

      Mann 1: Was soll das werden, ein Heiratsantrag?

      Mann 2: Geht nicht, ich bin doch schon verheiratet. Vergessen? Ich mein ja nur. Was hat der Typ, was du nicht hast?

      Mann 1: Das wüsste ich auch gern. Muss einfach total anders sein. Das genaue Gegenteil von mir. Dr. Dolittle, verstehst du?

      Mann 2: Sie sucht einen Typ, der mit Tieren sprechen kann?

      Mann 1: Wie, mit Tieren? Ich mein den Arzt, der sich in ‘nen Monster verwandelt, das in ihm drinsteckt. So wie bei Hulk, nur nicht grün.

      Mann 2: Du meinst Dr. Jekyll und Mr. Hyde.

      Mann 1: Genau. Den mein ich. Jedes Mal, wenn der so ‘ne Chemikalie nimmt, dann mudingst er.

      Mann 2: Mutiert?

      Mann