Ich bin mit der Versicherung allergrößter Hochachtung Ihr ganz ergebener Edward M. Malone.
»Nun, was sagen Sie dazu?« fragte ich triumphierend.
»Gut, wenn Sie es mit Ihrem Gewissen vereinbaren können.«
»Das hat mich noch nie im Stich gelassen.«
»Aber was gedenken Sie jetzt zu tun?«
»Hinzugehen. Wenn ich erst in seinem Zimmer sitze, werde ich schon irgendwie weiterkommen. Unter Umständen werde ich ihm ein offenes Bekenntnis machen. Wenn er Sportsmann ist, wird ihn das kitzeln.«
»Kitzeln ist gut. Er scheint mir der Mann zu sein, Sie zu kitzeln! Ein Panzerhemd oder eine amerikanische Fußballerausrüstung ist das, was Sie jetzt gebrauchen.«
»Auf Wiedersehen also!«
»Ich werde die Antwort am Freitag morgen hier für Sie bereit halten – wenn er überhaupt geruht, Ihnen zu antworten. Er ist ein gewalttätiger, gefährlicher und streitsüchtiger Charakter. Gehasst von jedem, der ihm in die Quere kommt, und die Zielscheibe des Spotts für die Studenten, soweit sie es überhaupt wagen, sich ihm gegenüber eine Freiheit herauszunehmen. Es wäre vielleicht das beste für Sie, wenn Sie überhaupt nichts mehr von dem Burschen hörten.«
Drittes Kapitel
Er ist ein ganz unmöglicher Mensch
Meines Freundes Befürchtung oder Hoffnung sollte sich nicht verwirklichen. Als ich am Freitagmorgen bei ihm vorsprach, lag da ein Schreiben mit der West-Kensington-Briefmarke bei ihm, auf dessen Umschlag mein Name in einer Handschrift, die wie ein Stacheldrahtzaun aussah, gekritzelt war. Der Inhalt lautete wie folgt:
Enmore Park W.
Mein Herr!
Ich habe Ihr Schreiben erhalten, in dem Sie mir bekanntgeben, dass Sie meine Anschauungen bestätigen, obgleich ich nicht wüsste, dass sie von irgendeiner Bestätigung von diesem oder von jenem abhängig wären. Sie haben es gewagt, das Wort »Theorien« hinsichtlich meiner Darlegungen über die Frage des Darwinismus zu gebrauchen. Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass ein solches Wort in dieser Verbindung bis zu einem gewissen Grade beleidigend ist. Der weitere Text Ihres Briefes zeigt mir indessen, dass Sie mehr aus Dummheit oder Taktlosigkeit als aus Bosheit gefehlt haben, und ich bin daher bereit, diese Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen. Sie reißen einen einzelnen Satz aus dem Zusammenhang meiner Darlegung heraus, und es scheint, dass Ihnen einige Schwierigkeiten, ihn zu verstehen, begegnet sind. Ich sollte meinen, dass nur eine recht gering entwickelte Intelligenz am Kernpunkt der Sache vorbeigehen könnte. Wenn Sie aber eine weitere Erörterung als notwendig empfinden, bin ich bereit, Sie zu der von Ihnen angegebenen Stunde zu empfangen, obgleich ich Besuche und Besucher jeder Art aufs äußerste verabscheue. Bezüglich Ihrer Aufforderung, meine Meinung zu ändern, möchte ich Ihnen sagen, dass das nicht meine Gewohnheit ist, nachdem ich meinen gereiften Anschauungen einen klaren Ausdruck gegeben habe. Sie wollen freundlichst, wenn Sie bei mir vorsprechen, den Umschlag dieses Briefes meinem Diener Austin vorzeigen, da er den Auftrag hat, mir sorgfältigst alle aufdringlichen Schufte, die sich »Journalisten« nennen, vom Leibe zu halten.
Ihr ergebener George Edward Challenger.
Das war der Brief, den ich laut Tarp Henry vorlas, der sogleich heruntergekommen war, um das Resultat meines Wagnisses zu erfahren. Er bemerkte nur dazu: »Es gibt da eine neue Art Seife, Cuticura oder so ähnlich, die für Wundbehandlung besser ist als Arnika.« Manche Leute haben einen seltsamen Begriff von Humor.
Es war fast ½11 Uhr, als ich das Schreiben erhalten hatte. Aber ein Taxameter brachte mich in kurzer Zeit an den Ort meiner Bestimmung. Wir hielten vor einem imposanten, mit einem Portikus versehenen Hause. Die schweren Vorhänge an den Fenstern ließen deutlich erkennen, dass dieser schreckliche Professor ein vermögender Mann war. Die Tür wurde geöffnet von einem wunderlichen, dunkelfarbigen, vertrockneten Menschen unbestimmten Alters, der eine schwarze Steuermannsjacke und braune Ledergamaschen trug. Ich erfuhr hinterher, dass es der Chauffeur war, der den infolge beständigen Wechselns leeren Platz des ersten Dieners einnahm. Er sah mich mit seinen hellen blauen Augen forschend von unten bis oben an.
»Erwartet?« fragte er.
»Eine Verabredung.«
»Haben Sie einen Brief erhalten?«
Ich zog den Umschlag hervor.
»Richtig.«
Er schien ein Mensch von wenig Worten zu sein. Als ich hinter ihm den Vorraum betrat, wurde ich plötzlich von einer kleinen Frau, die aus einer offenbar in einen Speiseraum führenden Tür hervortrat, zurückgehalten. Es war eine kluge, lebhafte, dunkeläugige Dame, mehr französisch als englisch im Typus.
»Einen Augenblick«, sagte sie. »Sie können warten, Austin. Wollen Sie bitte hereinkommen, mein Herr. Darf ich fragen, ob Sie bereits früher mit meinem Mann zusammenkamen?«
»Nein, gnädige Frau, ich hatte noch nicht die Ehre.«
»Dann bitte ich Sie im voraus um Entschuldigung. Ich muss Ihnen nämlich sagen, dass er ein ganz unmöglicher Mensch ist – absolut unmöglich. Wenn Sie vorher gewarnt worden sind, werden Sie gewiss bereit sein, Nachsicht zu üben.«
»Das ist sehr rücksichtsvoll von Ihnen, gnädige Frau.«
»Verlassen Sie schnell den Raum, wenn er den Eindruck macht, gewalttätig zu werden. Erwarten Sie nicht, mit ihm diskutieren zu können. Verschiedene Leute haben sich Beleidigungen zugezogen, weil sie es versucht haben. Hinterher gibt es einen öffentlichen Skandal, und das fällt dann auf mich und auf uns alle. Ich hoffe, dass Sie nicht wegen Südamerika zu ihm kommen.«
Ich konnte einer Dame nichts vorlügen.
»Um Gottes willen! Das ist sein gefährlichstes Thema. Sie werden kein Wort von dem, was er sagt, glauben – ich würde mich darüber nicht wundern. Aber sagen Sie ihm das nicht; denn das macht ihn rasend. Tun Sie so, als ob Sie ihm glauben, dann werden Sie mit ihm zurecht kommen. Denken Sie immer daran, dass er es selber glaubt. Davon können Sie überzeugt sein. Es gibt keinen ehrenhafteren Mann auf der Welt. Bleiben Sie nicht zu lange. Sonst schöpft er Verdacht. Wenn Sie den Eindruck haben, dass er gefährlich wird – wirklich gefährlich – dann läuten Sie und halten Sie ihn sich vom Leibe, bis ich komme. Selbst in seinem schlimmsten Zustand bin ich meist in der Lage, ihn zu beruhigen.«
Mit diesen ermutigenden Worten übergab mich die Dame des Hauses dem schweigsamen Austin, der während unserer kurzen Unterredung wie eine Bronzestatue der Verschwiegenheit gewartet hatte, und ich wurde von ihm an das Ende eines Korridors geführt. Ein Schlag gegen die Tür, eine Stierstimme von drinnen, und ich stand vor dem Professor.
Er saß in einem Drehstuhl hinter einem breiten Tisch, der mit Büchern, Karten und Zeichnungen bedeckt war. Als ich eintrat, flog sein Stuhl herum, und er fasste mich ins Auge. Sein Äußeres versetzte mir den Atem. Ich war darauf vorbereitet, etwas sehr Seltsames zu sehen, aber eine so überwältigende Persönlichkeit wie diese hatte ich nicht erwartet. Es war seine Gestalt, die einem den Atem stocken machte, seine Gestalt und sein imponierendes Wesen. Sein Kopf war enorm. Der größte, den ich je bei einem menschlichen Wesen gesehen habe. Ich glaube bestimmt, dass sein Hut, wenn ich gewagt hätte, ihn aufzusetzen, mir über die Ohren gerutscht wäre und auf meinen Schultern hätte stehen können. Sein Gesicht und sein Bart erinnerten mich an einen assyrischen Stier. Das erstere war von blühender Farbe, der letztere schwarz, mit