Später, nachdem die Kinder im Bett waren, setzte sich mein Mann zu mir auf die Couch und machte auf reumütig.
„Ich weiß, dass ich Scheiße gebaut habe, aber ist ja nun nicht mehr zu ändern. Sei nicht mehr böse. Kommt nicht wieder vor, das verspreche ich dir“, versuchte er die Schmeicheltour.
„Ach Robert. Es geht doch nicht darum ob ich böse bin oder nicht. Wie soll das gehen, wenn ich Frühschicht habe? Meinst du mir macht die Arbeit Spaß? Nee, sicher nicht, schon lange nicht mehr. Aber wir brauchen doch das Geld. Und ich kann nicht häufig fehlen, schon gar nicht im Frühdienst. Dann schmeißen die mich irgendwann raus. Dass es an der Versorgung der Kinder liegt ist denen egal, und das glauben die auch nicht, weil ich vor dem Kind schon Probleme mit dem Frühdienst hatte. Solange deine Mutter noch nicht wieder die Kinder versorgen kann, muss ich mich auf dich verlassen können. Sonst kann ich direkt selbst hinschmeißen und kündigen“, versuchte ich meinem Mann den Ernst der Lage zu erklären.
Statt zu antworten, begann er an mir fummeln, wollte Sex.
„Nee Robert, das ist jetzt nicht dein Ernst? Wir haben hier ein lebenswichtiges Thema und du denkst ans poppen? Nee, du, da hab ich aber gar keine Meinung von. Lass mich in Ruhe, ich muss eh gleich schlafen, muss früh raus“! schimpfte ich verärgert und stieß ihn weg.
Es wurde ein kurzer, ungemütlicher Abend.
Schon drei Tage später kam die nächste unangenehme Überraschung.
Ein Taxifahrer, der Kollege von Robert, der meinen Mann zur Arbeit abholte, kam zu uns hoch und verlangte sein Geld.
„Welches Geld?“ fragte ich verdutzt.
„Ach das hatte ich mir am Freitag von ihm geliehen!“ murmelte Robert peinlich berührt.
„Wie viel?“ war mein einziges Interesse.
„Hundertzwanzig“, nuschelte mein Mann kleinlaut.
Das verschlug mir die Sprache. Ich war total geschockt, denn ich hatte weder mit einer solch hohen Summe gerechnet, noch hatte ich die zur Verfügung. Weil Robert verschämt schwieg ergriff ich das Wort. Sagte wahrheitsgemäß: „Tja, so viel Geld haben wir gar nicht hier. Wie können wir das denn jetzt regeln?“
Der Mann schien damit gerechnet zu haben, ahnte vermutlich dass er mich mit einer unbekannten Tatsache konfrontiert hatte, und zeigte Verständnis: „Verstehe. Ja, dann müssen Sie es in Raten bezahlen. Wie viel haben Sie denn jetzt, Frau Woods?“
Ich kramte in meiner Geldbörse und förderte siebzig Mark zum Vorschein. „Das habe ich, aber etwas brauche ich noch. Also Fünfzig kann ich Ihnen schon mal geben, Herr?....“
„Wudke. Herbert Wudke. Hatte ich das eben nicht gesagt? Tschuldigung. Ja, ist gut. Und wie ist es dann mit dem Rest“? fragte der große Taxifahrer und lächelte mich freundlich an.
Sein Verständnis für meine Situation lag im Blick seiner freundlichen blauen Augen, das fand ich sehr sympathisch.
„Wöchentlich? Wenn der Robert seinen Lohn kriegt? “ schlug ich vor, ohne mir bewusst zu sein, dass ich dabei gar keine Summen vorschlug.
Der hübsche große Mann nickte und ich hatte das Gefühl, dass er nur mir zuliebe zustimmte. Denn auch er fragte nicht nach der Ratenanzahl.
Während Herr Wudke mir seine große Hand reichte um sich zu verabschieden, ging Robert zügig zur Treppe. So schnell war mein Mann noch nie zur Tür raus, nur um meiner Standpauke aus dem Weg zu gehen.
Dieser miese Feigling, dachte ich verächtlich. Weil ja klar war, dass mein Zorn schon am nächsten Tag verflogen sein würde.
knappe Kasse
Ausgerechnet beim Dienstbeginn meiner letzten Frühschicht rannte ich meine verflossene Affäre an der Hallentür fast um.
„Hoppla, nicht so stürmisch, pass doch mal auf!“ maulte Gerd ärgerlich, was bei mir sofort eine kritische Gegenreaktion hervorrief: „Pass doch selber auf, Trampel!“
Dann waren wir auch schon aneinander vorbei- er rein- ich raus aus dem Gebäude. Meine Laune für den Tag war hin.
Als ich nach Hause kam schliefen beide, mein Mann und der kleine Rene, beide offensichtlich zufrieden. Also hatte Renes Versorgung mal ausnahmsweise gut geklappt.
Schon am frühen Nachmittag wurde auch Robert wach, und ich sah ihm seine schlechte Laune gleich an.
„Was ist dir denn für ne Laus über die Leber gelaufen?“ erkundigte ich mich.
„Kein Wunder, ist doch Scheiße wenn ich nach so einer anstrengenden Nachtschicht auch noch den Stress mit dem Kleinen habe. So geht das nicht, so kann ich keine 12 Stunden-Schicht fahren. Ich habe kein Auge zugemacht- weil der Junge so unruhig war. Du musst dich selber um Rene kümmern. Entweder machst du nur Spätschicht oder geh zum Arzt und lass dich krank schreiben, damit du zu Hause bist. Ich schaff das nicht.“ Schimpfte Robert ärgerlich.
Verwundert fragte ich: „Sag mal, wie soll das gehen? Nur Spätschicht? Ich kann mir die Schicht nicht aussuchen. Außerdem wirst du doch wohl in der Lage sein, deinem Sohn ein Fläschchen zu geben? Das kann doch wohl nicht so schwer sein, oder wie?“
„Mit dem Füttern ist es ja nicht getan! Aber dass er sich bis zum Hals beschissen hatte, und ich das saubermachen musste, dann muss ich direkt kotzen, das weißt du doch, ich kann das einfach nicht! Nee, das kann ich nicht, du musst den Jungen selbst versorgen. Dann lass dich krank schreiben, bis meine Mutter den Rene wieder versorgen kann. Ich mache das nicht noch einmal! Heute Morgen war das letzte Mal. Das hat mir gereicht“, entschied Robert mit energischer Deutlichkeit!
„Ja, ist klar, Kinder machen könnt ihr Kerle, aber denen den Arsch abwischen müssen wir Frauen. Wieso man euch das starke Geschlecht nennt, ist mir ein Rätsel!“ konnte ich mir nicht verkneifen zu bemängeln.
„Ach halt doch dein dummes Maul“, knurrte mein Mann und ging wieder ins Schlafzimmer.
Zwei Tage war unser Leben ruhig, denn das waren meine freien Tage bevor die Spätdienst-Woche begann.
„Morgen fängt meine Spätschicht an, und dann ist es ja ganz einfach mit dem Kleinen“, erklärte ich meinem Mann. „Bevor ich gehe mache ich ihn fertig und lege ihn hin. Wenn du um kurz vor Sieben gehst, ist er nicht lange alleine. Ich bin ja spätestens gegen halb Acht oder viertel vor Acht zu Hause. Aber geh bitte nicht früher weg, hörst du?“
„Aber der schläft nicht immer gleich wieder ein, das war einmal. Warum gehst du denn nicht zum Arzt? Lass dich doch krank schreiben, das ist einfacher! Was bist du denn so rücksichtsvoll oder warum ist dir die Arbeit so wichtig? Gibt es da nen anderen Grund?“ fragte Robert misstrauisch.
„Mir ist die Kohle wichtig, nicht die Scheiß Arbeit, schließlich brauchen wir das Geld“, widersprach ich genervt.
„Ach die paar Mark bringen retten uns auch nicht mehr! Hör doch einfach auf, dich so wichtig zu nehmen, bleib zu Hause und kümmere dich um die Kinder, das ist einfacher“, sagte er in verächtlichem Ton.
„ Paar Mark? Für die wenigen Stunden verdiene ich schon gar nicht schlecht. Du musst mal das ganze drum herum mitrechnen. Kindergeld, Freifahrt, Vergünstigter Strompreis, und noch die Zusatzkasse für die Rente, da kommt schon einiges zusammen. Darauf sollen wir verzichten und mit deinem Geld auskommen? Wenn du nicht ständig so viel für deine Ausflüge ausgeben würdest, kämen wir vielleicht mit deinem Verdienst hin. Deine Kegelabende sind schon teuer genug, aber du musst dir ja auch noch zusätzlich Geld pumpen, was wir jetzt mühsam zurückzahlen müssen. Nee, mein Lieber, ich weiß nicht wie das gehen soll!“ versuchte ich meinem Mann unsere Situation klar zu machen.
Er winkte ab, und ging zur Tür.
„Hey, wo willst du denn so früh hin? Es ist doch noch keine Sechs. Du musst doch erst in ner Stunde anfangen“, rief ich ihm hinterher, aber er hörte mich nicht mehr.
Schon