Also beschloss ich, der Geschichte vorerst einfach mal aus dem Wege zu gehen.
Da mein Mann seine freie Zeit mit der Nachhilfe und lernen verbrachte, oh Wunder, vergingen die restlichen Wochen vor Roberts zweiter Meisterprüfung ohne Kneipen-Vergnügungen. Also auch ohne Ralf, was mir nur recht war.
Allerdings trat plötzlich ein unüberwindbares Hindernis auf, das für uns ein schwieriges Problem darstellte, worauf mein Mann völlig ratlos reagierte. In Roberts polizeilichem Führungszeugnis waren Strafeinträge.
„Das kann ich nicht bei dem Prüfungsausschuss abgeben. Ein vorbestrafter Meister? Nee, die lassen mich durchfallen!“ war der große Meister plötzlich hilflos.
„Quatsch, das sind doch alte Sünden, deine Führerschein-Strafen wegen Trunkenheit sind doch ewig her. Aber was ist das denn wegen Diebstahl? Hast du mal geklaut?“ wunderte ich mich.
Robert schimpfte: „Da habe ich beim Bund mal Stress gehabt, weil ich als Kellner in der Offiziers-Messe mal nicht korrekt bezahlt wurde, hab ich mir als Ausgleich ein paar Flaschen Wein mitgenommen. Das gab fünf Tage Knast wegen Diebstahl. Die sind doch bescheuert so eine Lappalie in mein Führungszeugnis zu schreiben. Aber was mach ich denn jetzt? Wenn der Prüfungsausschuss das sieht, kann ich den Meisterbrief vergessen. Dann war alles umsonst!“
„Nix da, das wollen wir doch mal sehen. Ich gehe morgen zum Einwohnermeldeamt und rede mal mit den Leuten!“ sagte ich entschlossen, dabei war ich voller Hoffnung doch noch einen Weg zu finden.
Der nette Beamte hörte mir sehr verständnisvoll zu und sagte mitleidsvoll: „Das tut mir zwar sehr leid, aber an den Einträgen können wir nichts ändern, das entscheiden wir hier nicht! Aber ich gebe Ihnen mal einen Tipp, junge Frau. Gehen Sie doch mal zum Regierungspräsidenten nach Düsseldorf und bitten Sie den um Hilfe. Vermutlich kommen Sie nur bis ins Vorzimmer, deshalb bereiten Sie sich gut vor. Schreiben Sie einen Bitt-Brief, in dem Sie Ihre Situation schildern und darum bitten, nur zur Vorlage vor dem Prüfungsausschuss ein eintragsfreies Führungszeugnis auszustellen. Drücken Sie richtig auf die Tränendrüse, von wegen, die Zukunft einer jungen Familie, erwähnen Sie ihre beiden Kinder, und dass Sie sich die Kosten für die Meisterschule vom Munde abgespart haben, vielleicht hilft es. Der Regierungspräsident hat die Macht ein solches Dokument ausstellen zu lassen. Und auch im Vorzimmer müssen Sie ein wenig bitten, dass man Ihnen zu Hilfe kommt und diesen Brief schnellstens weiterleitet. Das ist der einzige Weg der Ihnen helfen könnte. Ich wünsche Ihnen viel Glück. Nur Mut!“
Mein Mann sah mich an als zweifle er an meinem Verstand und meinte: „Ach, so ein Blödsinn, der Kerl hat dich verarscht. Nee, das glaub ich nicht!“
Aber meine Schwiegermutter stärkte mir den Rücken: „Ich glaube nicht dass der Beamte dich geflachst hat. Warum sollte er? Versuch es, Ruth, wenn das der einzige Weg ist, dann musst du es versuchen. Ich glaube, dass du es schaffst!“
In diesen Brief legte ich mein ganzes Herzblut, was ich nie zuvor gemacht hatte.
Schon am nächsten Tag machte ich mich auf den Weg nach Düsseldorf. Vor dem imposanten Gebäude holte ich tief Luft und dann klopfte ich an das Vorzimmer des Regierungspräsidenten.
Die Sekretärin war sehr freundlich, hörte mir aufmerksam zu und versprach mir, den Brief schnellstens ihrem Chef zu übergeben.
Bereits eine Woche später erhielt mein Mann ein eintragsfreies, sauberes Führungszeugnis zur Vorlage zur Meisterprüfung.
Am Tage der Prüfung stand der Cousin plötzlich vor unserer Tür. Ich war perplex, denn das sah ja so aus als habe er die Abwesenheit meines Mannes abgepasst.
„Ich musste dich unbedingt sehen, denn ich habe dich in letzter Zeit so vermisst, dass ich auf diesen Tag gewartet habe.“
Damit bestätigte Ralf meine Ahnung. „Hast du denn gar keine Sehnsucht nach mir gehabt?“ fragte er mit Dackelblick.
„Ehrlich? Nein! Es ist einmal passiert, und bei einem Mal soll es auch bleiben Ich will kein Bratkartoffel-Verhältnis! “ erwiderte ich knallhart und wich ein paar Schritte zurück bis in die Küche.
Ralf folgte mir, sah mich mit traurigem Ausdruck an, aber er nickte demütig.
„Aber einen Kaffee bietest du mir schon noch an?“ fragte er und beschämte mich damit.
„Sicher, entschuldige. Es ist nur, du hast mich einfach überrumpelt. Ich hatte nicht mit dir gerechnet. Setz dich doch.“ Stotterte ich verlegen und begann die Kaffeemaschine zu befüllen.
Ralf trat hinter mich und während sein heißer Atem meinen Nacken streifte, streichelte er über meinen Rücken und flüsterte: „Ich bin so verrückt nach dir, dass ich an nichts anderes denken kann, als an deine geilen Brüste und diese schöne Stunde im Auto. Es macht mich fertig, dass du das vergessen hast, und dass es dir nicht genauso geht wie mir. Ich hatte so gehofft, dass du genauso fühlst und dich auch in mich verliebt hast. Habe ich denn gar keine Chance? Oder ist es wegen deiner Kinder?“ versuchte Ralf mich umzustimmen.
Wie gerufen klingelt es an der Tür.
„Oh, das wird Ramona sein. Die Schule ist zu Ende.“ war ich ganz erleichtert und bat ihn: „Bitte Ralf, ich möchte nicht, dass die Kleine etwas merkt. Bitte akzeptiere meine Entscheidung, warum auch immer. Ja?“ bat ich den Mann eindringlich.
Er stimmte sofort zu: „Ja natürlich. Keine Sorge. Muss ich ja!“
Als auch der Kleine nach mir rief, weil er aus dem Mittagsschlaf erwachte, war ich mit beiden Kindern so beschäftigt, dass ich einen natürlichen Schutzwall gegen Ralfs Begierde hatte.
Schnell trank der Cousin seinen Kaffee aus und verabschiedete sich schon nach wenigen Minuten. Erleichtert atmete ich auf.
Am frühen Abend präsentierte Robert mir stolz seinen Meisterbrief. Er hatte es beim zweiten Anlauf geschafft. Mit großer Freude beglückwünschte ich den frisch gebackenen Maler- und Lackierermeister.
Lachend entschied mein Mann. „Das müssen wir feiern! Mach dich fein, wenn die Kinder im Bett sind gehen wir aus. Die letzten Wochen war ich ja sehr fleißig und auch enthaltsam. Heute möchte ich mal wieder in gemütlicher Runde ein oder zwei Bier trinken. Schließlich muss ich doch meinen Cousin ein bisschen neidisch machen.“
Ich maulte: „Och nö, schon wieder in die doofe Kneipe? Wir können doch mal woanders hingehen. Immer Ralf, Ralf und noch mal Ralf. Den brauchst du doch jetzt nicht mehr!“
Robert stutzte, widersprach energisch: „Was hast du denn plötzlich gegen den Ralf? Du fandest die Abende doch immer so nett und außerdem muss ich noch wegen dem Bus mit ihm reden. Nein, wir gehen dahin, aber wenn du nicht mitkommen willst, geh ich auch alleine!“
„Nee, schon in Ordnung!“ grummelte ich und verwarf den Gedanken von Ralfs mittäglichen Besuch zu erzählen.
Mit großem Hallo wurden wir in unserer Stammkneipe begrüßt und speziell Ralf strahlte bei meinem Anblick. Heimlich warf er mir einen Handkuss zu, was ich diskret ignorierte.
Auch die Leute in unserer Stammtisch-Runde beglückwünschten meinen Mann und nahmen es zum Anlass auf Spendierrunden zu spekulieren. Der Abend wurde gemütlich und lustig, aber teuer.
Plötzlich fragte mich Robert: „Warum hast du mir denn nicht gesagt, dass der Ralf heute bei uns war?“
Mir wurde warm, ich fühlte das Blut hochsteigen und bemühte mich ganz beiläufig und harmlos zu klingen als ich antwortete: „Ach ja, Mensch das hab ich ganz vergessen. Er war ja nur ganz kurz da, ich hatte keine Zeit lange zu quatschen. Ramona kam gerade aus der Schule und ich musste den Kindern was zu essen machen.“
Mein Mann sah mich intensiv an und ich hatte Sekunden lang den Eindruck als sei er misstrauisch, aber dann lachte er und wandte sich der Tischrunde zu. Uff, war wohl glaubhaft.
Ich hatte das Thema schon längst abgehakt, dachte es sei in