Die Flammen verbreiteten ihren Schein weithin. Auch aus den Wellen des tief durch das Gelände schneidenden Bachs schlugen sie Funken, und bis über sein jenseitiges Ufer hinaus ging der Tanz von Bäumen, Schatten und Licht. An die beiden Fichten reichte er nicht heran, sie blieben im Dunkel. Aber die Kampfstätte des diesseitigen Ufers grenzte sich deutlicher als zuvor von der glitzernden, feuerbeschienenen Schneedecke ab. Und fast noch röter als bei Tageslicht.
Längst hatte es aufgehört zu schneien. Faghnar bückte sich, griff eine Handvoll Schnee vom Boden auf und warf sie auf das blutgetränkte Stück Erde. Abwartend blieb er stehen, den brennenden Stumpf der Eiche zu seiner Rechten, die Finger vor der Brust um den Eschenstab geschlungen, und sah zu wie sich das Häufchen Schnee nach und nach auflöste, bis auch der letzte Rest Weiß vom Rot außenherum aufgesogen war.
Dann wandte er sich von seinem Stab ab, den er im Boden stecken ließ, und schritt dem am Hang hingestreckten Eichenstamm zu. Überall lagen Zweige und Aststücke verstreut. Eines davon, von seiner Größe und Handlichkeit her als Fackel tauglich, las er vom Boden auf, hielt es in das über dem Wurzelstrunk lodernde Feuer und blies darauf. Wo sein Atem auf das Astende traf, stieben die Flammen fauchend auseinander, von einem glutweißen Zentrum weg, das sich knisternd in das Holz einbrannte und rötlich weiterglomm, als er den Ast wieder aus dem Feuer herausnahm. Auf seinem Weg zum Bachufer blies er auf die Glut und watete Augenblicke später mit einer lodernden Fackel in der Hand hinüber.
Die Dunkelheit hätte ihn wie eine Höhle umwölbt, als er zwischen den Fichten stand und die unbeschneite Stelle am Boden beleuchtete, hätte nicht auch von rechts, vom jenseitigen Ufer her, das Feuer gewabert. Mit dem Fuß scharrte er etwas Schnee auf die rote Erde, und wie schon zuvor löste er sich binnen kurzer Zeit auf. Die den Ort von allen Seiten begrenzende Schneedecke begann derweil zu verharschen, davon zeugte das Knacken unter Faghnars Schritten, als er sich zurück an den Hang begab.
Er übergab die Fackel den Flammen, an denen er sie entzündet hatte, und machte sich daran den gefällten Stamm herbeizuziehen. Dazu umfaßte er ihn mit beiden Armen, stemmte ihn mit einer Drehung um sich selbst auf seine rechte Schulter und wuchtete das gebrochene Ende auf den Stumpf, der mittlerweile nur noch hüfthoch brannte. Die Flammen lohten seitwärts, Funken stieben in alle Richtungen und amberfarbene Glutbrocken verzischten im Schnee, als der Eichenstamm dicht neben Faghnar niederkrachte. Was einem Menschen zum mindesten die Kleidung und wahrscheinlich die Haut darunter versengt hätte, ließ ihn vollkommen unversehrt.
Er zog den immer noch aufrecht im Boden steckenden Eschenstab heraus und ließ sich mit untergeschlagenen Beinen an der gleichen Stelle nieder, das Gesicht der unbeschneiten Kampfstätte zugewandt. Das Kinn auf die Brust gesenkt, hielt er den Stab quer vor sich auf den Knien, und während das Feuer neben ihm auf den Baumschaft überzugreifen begann, maskierte er seine auch im Sitzen noch eindrucksvolle Gestalt durch jene Starre, die selbst den aufmerksamsten Betrachter über seine höchst lebendige Anwesenheit hinweggetäuscht hätte.
So ging die Nacht hin.
Es war gegen Morgen, aber noch bei völliger Dunkelheit, als das Feuer den Baumstamm etwa zu drei Vierteln aufgezehrt hatte. Ein breiter Streifen glimmender Asche zog sich unter emporkräuselndem Rauch den Hang herab, und Faghnar hatte seine Haltung nicht im Mindesten verändert, noch daß er irgendein Lebenszeichen von sich gab. Bis auf ein gelegentliches Knacken des hinter ihm lodernden Brandes war es vollkommen still.
Unvermittelt schlug er die Augen auf. Und wie ereignislos sich seine Umgebung auch zeigte, so präzise war der Moment des Erwachens doch gewählt. Aufmerksam wanderte sein Blick über die funkelnde Schneefläche, vor allem im Umkreis der unbedeckten Stelle direkt vor ihm.
Nichts deutete auf eine Veränderung hin. Faghnar blieb zunächst regungslos. Nur einmal wandte er den Kopf leicht nach rechts, in Richtung der Fichten jenseits des Bachs. Die Dunkelheit, die sie einhüllte, grenzte sich gegenüber des Feuerscheins auf der hiesigen Seite umso dichter und undurchdringlicher ab. Erst als die Äste hoch über seinem Kopf ein Gittermuster in das Kobalt des heraufziehenden Tags zeichneten, hob sich allmählich auch die Masse tief herabhängender, immergrüner Nadeln aus dem Zwielicht hervor.
Vereinzelt drangen Vogelstimmen durch die eisige und nahezu windstille Morgenluft. Die gleichförmige Wolkendecke deutete auf weitere Schneefälle hin. Als es vollends hell geworden war, erhob sich Faghnar und schritt wachsamen Blicks den Hang ab. Zweimal watete er auch durch den Bach und wieder zurück, ehe er sich daran machte, die vom Brand verschont gebliebenen Äste der gefällten Eiche zu zerkleinern und auf das Feuer zu häufen, das mittlerweile das Ende des Stamms erreicht hatte und im Erlöschen begriffen war. Auch die dicksten Hölzer brach er mühelos mit der Kraft seiner Arme. Die Flammen loderten hell wie zuvor, als der erste Schnee des neuen Tages vom Himmel rieselte.
Aber wo der Boden von der Schneedecke unbedeckt war, blieb er es auch weiterhin. Faghnar griff nach seinem Stab und begab sich zum dritten Mal an diesem Morgen auf die andere Seite des Bachs, und während er im Schatten der Fichten seine Wartestellung einnahm, zehrte das Feuer am Hang prasselnd die letzten Reste der Eiche auf. Je weiter es herunterbrannte, desto mehr Asche und Rauch sandte es himmelwärts, in dicken, weißen Schwaden, die der mittlerweile aufgekommene Wind auseinanderriß und in dem zusehends dichter fallenden weißen Pulver verteilte, das alles wieder herab zur Erde holte. Einförmig schlich der lichtgraue Tag dahin, während der Rand der Schneedecke immer höher anwuchs.
Etwas weiter hangaufwärts, oberhalb des mählich verglimmenden Feuers, sah es so aus als würden die Schneeböen Kontur annehmen, sich zu einem Schatten, einer kleinen, bodennahen Gestalt verdichten. Einen Augenblick lang blieb das Wesen stehen und reckte schnuppernd die spitz zulaufende Schnauze in die Luft, um gleich darauf einen weiten Bogen um die Brandstätte und die hervorwehenden Rauchwolken zu schlagen, wobei es eine leicht zickzackförmige Spur in dem ansonsten unberührten Weiß hinterließ. Abrupt blieb es stehen, scheinbar unschlüssig, welche Richtung es weiter verfolgen sollte, schlich sich dann aber doch vorsichtig an die Aussparung in der Schneedecke heran und ließ neugierig den länglichen Kopf mit den aufgerichteten Ohren über den Rand ragen.
Es war ein Fuchs, und daher hob sich die Farbe seines Fells kaum von der des Bodens ab, als er diesen abseits des Schnees betrat. Als ob er ein Beutetier witterte, stöberte er mit der Nase im feuchten Laub, scharrte mit den Pfoten und drehte sich dabei mehrmals im Kreis. Bis er mit einem Mal erstarrte. Die eben noch so wachen Augen verloren jeden Ausdruck von Lebendigkeit, der steif nach vorne gestreckte Kopf sank tiefer, bis er sich auf einer Höhe mit dem Rumpf befand und mit diesem eine Linie bildete, und langsam sackten die Beine ein. Er lag bereits flach auf dem Bauch, scheinbar von einem plötzlichen Tod ereilt, als auf einmal Faghnars hoch aufragende Gestalt über ihm stand. Ohne weiteres packte er das Tier am Nackenfell, hob es aus der Lücke im Schnee und wickelte es fest in die eiserne Kette, mit der er Tags zuvor die Eiche gefällt hatte. Den so gefesselten Tierkörper unter dem rechten Arm tragend, hastete er zurück über den Bach.
Und blieb wie angewurzelt vor dem Loch in der Schneedecke stehen.
Denn es begann sich aufzufüllen. Der rote Grund war zwar noch immer zu erkennen, aber bereits von einem feinen, weißen Schleier überzogen. Der Schnee blieb liegen, die Kristalle lösten sich nicht mehr auf.
Laut schlugen die Kettenglieder aneinander, als Faghnar den leblosen Körper des Fuchses unter die Äste der am nächsten stehenden Fichte warf, wo auch sein Stab lag. Suchend und mit angespannten Gliedern blickte er um sich, spähte zwischen die Stämme, ins Unterholz, und auch ins leere Geäst über ihm. Denn am Boden gab es diesmal