Das Mysterium der Wölfe. Anna Brocks. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Anna Brocks
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754954881
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es einer gewissen Höflichkeit, sich von Angesicht zu Angesicht zu unterhalten, nicht wahr?“ Er blickt kurz nach links und rechts, woraufhin sich auch der Rest des Rudels verwandelt. Während sie das tun, spricht Marlow weiter. „Es wundert mich, dich allein hier anzutreffen. Wo sind denn deine kleinen Freunde? Der Lichtwolf scheint nicht in der Nähe zu sein, sonst hätte ich ihn schon längst wahrgenommen.“

      Bei dieser Bemerkung werde ich wieder ernst: „Sie sind nicht hier, keiner von ihnen. Ich selbst habe keine Ahnung, wo sie sich befinden.“ Marlow wirkt neugierig. Er will wohl, dass ich das noch weiter ausführe. „Meine Zeit bei ihnen ist beendet. Es gab gewisse Differenzen zwischen uns, die nicht geklärt werden konnten. Also habe ich sie verlassen.“ Die Schattenwölfe tauschen untereinander verwirrte Blicke aus. Sie scheinen noch nicht recht glauben zu können, was ich eben gesagt habe. Nur Nathan lächelt. Seine blutroten Augen leuchten hinter den schwarzen Haaren hervor und er fixiert mich noch immer.

      Dann platzt Mara heraus: „Wieso sollen wir dir glauben? Du bist immerhin zum Teil eine Lichtwölfin! Denen kann man nie trauen!“

      Ian, der neben ihr steht, legt seine Hand auf ihre Schulter: „Das mag schon sein, aber sieh sie dir doch mal genauer an und konzentriere dich auf das, was du spürst. Nach außen hin ist da kein Fünkchen Licht mehr wahrzunehmen.“

      Den Blick wieder auf mich gerichtet, ergreift Marlow das Wort: „Deinem Aussehen nach zu urteilen hast du deine Meinung bezüglich uns Schattenwölfen geändert, sehe ich das richtig?“

      Es wird wohl Zeit für eine ausführliche Erklärung: „Nun gut, ich sage euch, warum ich hier bin.“ Gespannt hören sie mir alle zu. „Meine Zeit bei dem anderen Rudel und somit auch meine Zeit als Lichtwölfin ist vorbei. Nach langem Nachdenken und ewigem Hadern mit mir selbst habe ich endlich herausgefunden, wo ich wirklich hingehöre. Zu den Schatten.“

      Plötzlich unterbricht mich Nathan: „Was sie sagt, ist die Wahrheit. Ich habe es selbst miterlebt, als sie sich am See der Spiegel entscheiden musste. Sie hat sich für die Dunkelheit entschieden. Ohne Zweifel.“

      Marlow nickt: „Ja, ich weiß. Du hast uns mehrmals davon berichtet, Nathan. Ich will trotzdem hören, was sie noch zu sagen hat.“

      Das war mein Stichwort, um fortzusetzen: „Wie gesagt, ich habe erkannt, dass alle Dinge, die mir über die Schattenwölfe erzählt wurden, nichts als leere Worte waren. Auch der Gedanke, die Menschheit vor der Dunkelheit schützen zu müssen, war gelogen. Die Menschen sind grausam. Das wurde mir nun schon oft genug bestätigt.“

      Nun unterbricht mich Jaden: „Sie scheint nicht zu lügen. Man kann in ihren Augen dieselbe Überzeugung sehen, die uns alle antreibt.“ Das hat wohl auch Marlow erkannt, denn er findet offensichtlich großen Gefallen an dem, was ich sage.

      Dennoch will ich sie voll und ganz überzeugen: „In der Zeit, die ich nun allein umhergereist bin, wurde mir gezeigt, wie wenig man anderen vertrauen kann. Schattenwölfe werden überall verstoßen und können entweder allein oder nur mit ihren Artgenossen leben und das ist der Grund, warum ich hier bin.“

      Nach kurzem Schweigen beginnt Marlow wieder zu sprechen: „Ich denke, es bedarf keiner weiteren Erklärung, um zu verstehen, worauf du hinauswillst. Es freut mich sehr, dass du deine engstirnigen Ansichten den Schatten gegenüber endlich abgelegt hast. Wie du ja weißt, wollte ich dich schon immer gerne im Rudel haben, denn wir wenigen unserer Art gehören zusammen.“

      Plötzlich mischt sich Mara ein: „Also mir reicht das ganz und gar nicht! Seid doch nicht alle so leichtsinnig! Sie mag zwar zum Teil eine von uns sein, aber ihr dürft dabei nicht die Lichtwölfin in ihr vergessen! Ich habe es euch schon einmal gesagt und ich werde es auch noch tausendmal wiederholen. Sie ist nicht wie wir!“ Marlows verärgerter Blick lässt sie verstummen. Ich selbst äußere mich nicht dazu. Ihr Vertrauen zu gewinnen, ist wohl doch schwieriger, als ich anfangs gedacht habe. Wie kann ich ihnen nur beweisen, dass ich es ernst meine?

      „Eigentlich ist es doch ganz simpel.“ Diese leise Stimme ist mir nahezu unbekannt. Auch die Schattenwölfe blicken etwas perplex zu der Wölfin, von der die Bemerkung kam. Es war Akeyla. „Nathan soll einfach bestimmen, ob sie es wirklich so meint oder nicht. Dafür ist seine Fähigkeit am besten geeignet.“

      „Da hat sie allerdings recht.“ Marlow wendet sich an Nathan und nickt ihm zu. „Hast du gehört? Sieh dir ihre Gefühle an, Nathan. Das wird Klarheit bringen.“

      Alle Augen wandern zu Nathan, der ziemlich überrascht wirkt: „Natürlich. Darauf hätte ich selbst kommen können.“ Er dreht sich zu mir und sieht mich lange und eindringlich an. Die Konzentration ist ihm wahrlich ins Gesicht geschrieben. Dann plötzlich entspannt sich sein Körper wieder und er lächelt. „Es besteht kein Zweifel. Sie meint das, was sie gesagt hat, völlig ernst. Kein Grund, ihr nicht zu vertrauen.“

      Diese Antwort gefällt Marlow offensichtlich: „Na also, dann wäre das ja auch geklärt. Noch irgendwelche Einwände?“ Er sieht provokant zu Mara, die diesmal aber schweigt. „Gut, somit kann ich endlich feierlich verkünden, dass unser Rudel vom heutigen Tage an ein neues Mitglied hat. Willkommen in der Familie, Jessica.“ Ich weiß nicht warum, aber diese Worte berühren mich so sehr, dass ich nahezu sprachlos bin. Endlich gehöre ich wieder zu einem Rudel. Die Zeiten der Einsamkeit sind vorbei. Es ist lange her, dass ich das von mir behaupten konnte, aber ich verspüre gerade nur ein einziges Gefühl. Ich bin glücklich.

      Lächelnd wende ich mich an das gesamte Rudel: „Vielen Dank, dass ihr mir eine Chance gebt. Ich werde euch nicht enttäuschen, versprochen.“

      Dann meldet sich Ian zu Wort: „Ich will euch ja nicht den Spaß verderben, aber so wie ich das sehe, tut sich draußen auf dem Schiff langsam etwas. Die Menschen beginnen zu arbeiten. Wir sollten uns wieder verstecken.“

      Jaden stimmt zu: „Ja, sehe ich genauso. Lasst uns wieder in die Container gehen und warten, bis sie den Frachtraum versperren und das Schiff den Hafen verlässt.“ Er wirft Marlow einen fragenden Blick zu, der einfach nur nickt. So teilen sie sich auf und jeweils zwei gehen in eine Richtung. Während Jaden und Ian einen Container ansteuern, machen Marlow und Mara das Gleiche.

      Ich bleibe etwas unbeholfen stehen, als mir jemand an die Schulter fasst: „Du kannst gerne mit Akeyla und mir kommen. In den Containern ist genügend Platz für drei. Außerdem sollte dich noch jemand in die Regeln des Rudels einweihen.“ Nathan lächelt mich an.

      Etwas neben der Spur antworte ich: „Ja, sehr gern.“ Dann folge ich ihnen. Es ist schwer zu beschreiben, aber Nathan hat eine eigenartige Wirkung auf mich. Dieses Gefühl, das ich habe, wenn er mit mir spricht oder mich ansieht, kann ich nirgends einordnen. Fakt ist, dass mir sein Verhalten anders erscheint, wenn er allein mit mir ist oder, wie gerade eben, nur Akeyla dabei ist. Wenn sich das ganze Rudel in der Nähe befindet, erscheint er mir unnahbar.

      Eines steht auf jeden Fall fest, dieses Rudel könnte ungewöhnlicher nicht sein. Aus den verschiedenen Mitgliedern muss ich erst noch schlau werden. Anfangs werde ich mich wohl noch still verhalten und mich ihnen anpassen müssen. Nichtsdestotrotz bin ich mir sicher, dass das die einzig richtige Entscheidung war. Hier gehöre ich hin, hier kann ich etwas erreichen. Für mich hat ein neues Kapitel begonnen. Das Leben unter den Schatten.

      Nach einigen Stunden wurde die Luke zum Frachtraum geschlossen und das Schiff hat den Hafen verlassen. Das erste Mal, seit ich hier unten bin, habe ich nun etwas Zeit für mich. Es gibt so einiges nachzudenken.

      Zum Glück haben mich Nathan und Akeyla über das Verhalten im Rudel aufgeklärt. Genau genommen ist es nicht viel anders als bei normalen Wölfen, außer dass Loyalität hier enorm wichtig ist. Dies gilt nicht nur gegenüber Marlow als Anführer, sondern generell. Auch wenn sie nach außen hin versuchen, bedrohlich zu wirken, scheinen die Schattenwölfe doch eine sehr enge Beziehung zueinander zu haben. Jeder passt auf jeden auf und wenn jemand Probleme hat, gilt das für das gesamte Rudel.

      Ihre Art zu denken gefällt mir immer mehr. Außerdem fühle ich mich nun wohler, da ich in Nathan und Akeyla neue Freunde gefunden habe. Bei Nathan dachte ich mir schon, dass ich schnell eine Beziehung zu ihm aufbauen könnte. Immerhin habe ich mich mit