Mit gesenkter Stimme teile ich meine Sorge Blake mit: „Wir sind nicht allein. Ich rieche einen Hinterhalt.“ Er antwortet nicht. Seine Muskeln sind mindestens so angespannt, wie meine. Wo sind sie bloß? Ich kann um uns keinen erkennen.
„Sie können sich doch nicht in Luft aufgelöst haben. Hier gibt es so gut wie keine Verstecke.“ Plötzlich erstarrt er in der Bewegung. Er scheint eine Eingebung zu haben. „Es sei denn, dass…“ Wortlos hebt er den Kopf und sieht nach oben. Ich will seinem Blick gerade folgen, als er schon reagiert. „Jessica, pass auf!“ Bevor ich irgendetwas tun kann, stößt er mich zur Seite.
Mir gelingt es zum Glück, auf meinen vier Pfoten zu landen, aber dennoch geht mir alles viel zu schnell. Ich sehe nur noch aus dem Augenwinkel, wie Blake ausholt und dem Angreifer einen heftigen Schlag mit seiner rechten Pfote versetzt, der diesen völlig ausschaltet.
Plötzlich landen hinter ihm zwei weitere Wölfe und ich schreie auf: „Vorsicht! Hinter dir!“ Im selben Moment drücke ich mich noch vom Boden ab und springe über Blake hinweg auf die beiden zu. Den ersten stoße ich zur Seite, während ich dem zweiten meine Zähne seitlich in den Hals ramme. Ich strecke meinen Gegner zu Boden und lasse ihn nicht los, bis er sich nicht mehr bewegt. Blake wurde in der Zwischenzeit in einen Kampf mit dem zweiten verwickelt, der sich von meiner Attacke schnell erholt hat. Er versetzt Blake einen heftigen Schlag ins Gesicht, woraufhin er zu Boden fällt. Siegessicher setzt er dann zu einem weiteren Angriff an, vergisst dabei aber völlig auf mich. Ohne große Mühe kann ich ihn von hinten überwältigen und umwerfen. Als er dann am Rücken liegt, ramme ich meine Klauen in seinen Brustkorb und drücke sie tief hinein, bis sich der Wolf nicht mehr rührt.
„Das bringt nichts! Wir sind umzingelt!“ Blake hat sich wieder aufgerichtet. „Sie sind in den Bäumen! Wir müssen zu der Felswand, schnell!“ Sofort stürmt er los und ich laufe ihm hinterher. Kurz vor der Wand bleiben wir stehen und drehen uns um. Nun haben wir zumindest die nötige Rückendeckung.
Während wir Seite an Seite in drohende Position gehen, beobachte ich, wie immer mehr Wölfe von den Bäumen springen: „Sieht gar nicht gut aus. Sie haben uns wohl schon erwartet. Wir sind ihnen in die Falle gegangen.“ Hilflos müssen wir zusehen, wie sich die vielen Wölfe formieren und einen Halbkreis um uns bilden. Binnen weniger Sekunden sind wir völlig umstellt. Hinter uns ist die Wand, vor uns zahlreiche Wölfe. Es gibt keinen Ausweg mehr.
„Missliche Lage, nicht wahr?“ Die Stimme kenne ich. „Ihr hattet doch wohl nicht gehofft, dass ihr uns unbemerkt verfolgen könnt? Ein äußerst naiver Gedanke, wenn ich das mal so sagen darf.“ In der Mitte treten die Wölfe langsam zur Seite und lassen denjenigen durch, von dem diese Worte gerade kamen. Der große, braune Wolf kommt mit einem Lächeln im Gesicht auf uns zu.
Blake knurrt ihn zornig an: „Leader. Du hast es die ganze Zeit gewusst.“
Daraufhin beginnt er zu lachen: „Natürlich wusste ich es. Für wie dumm hältst du mich eigentlich? Zahlreiche Kopfgeldjäger wollten mich bereits schnappen und eine ordentliche Summe für meine Wenigkeit einkassieren. Du bist nur einer von vielen.“
Nun mische ich mich ein: „Du hast ja keine Ahnung! Blake hat beträchtliche Gründe, um dich zur Strecke zu bringen! Hier geht es nicht nur um Geld, sondern um weit mehr! Also pass besser auf, was du sagst!“
Leader wirkt ratlos: „Was? Du glaubst also tatsächlich, dass…“
„Halt den Mund!“ Blake hat ihn unterbrochen, bevor er weitersprechen konnte. „Wir sind nicht hier, um zu reden. Es hat lange genug gedauert. Heute hole ich mir deinen Kopf, verlass dich drauf!“ Blitzartig startet Blake nach vorne. Er hat sein Ziel genau im Visier. Leader reagiert mindestens genauso schnell und zieht sich zurück. Zwei große, schwarze Wölfe stellen sich Blake in den Weg und stoßen ihn weg. Nun wird es Zeit, dass ich meinen Teil der Abmachung erfülle.
Mit einem Mal bündle ich all meine Energie und die schwarze Aura breitet sich wie Rauch explosionsartig über meinen ganzen Körper aus. Ich stürze mich auf den ersten der beiden Wölfe und gemeinsam überschlagen wir uns mehrmals. Als wir zum Stehen kommen, liege ich auf dem Rücken, der schwarze Wolf ist über mir. Er schnappt wild nach meinem Hals, aber ich halte ihn mit meinen Pfoten zurück. Dann drücke ich ihn mit meinen Hinterbeinen von mir, sodass er sich überschlägt. Zugleich springe ich auf und lasse ihm keine Chance, sich zu wehren. Ein gezielter Biss genügt, um seine Halsschlagader zu durchtrennen.
„Jessica! Leader flieht!“ Ich drehe mich zu Blake, der sich in der Zwischenzeit um den zweiten Wolf gekümmert hat. Dann wandert mein Blick durch das aufgebrachte Rudel und hinter ihnen erkenne ich Leader. Er läuft tatsächlich davon. „Wir müssen uns beeilen, sonst erwischen wir ihn nicht mehr!“ Wahre Worte. Leider stehen zwischen ihm und uns viele Wölfe in drohender Position und es sieht nicht so aus, als würden sie uns freiwillig vorbeilassen. Ein Plan muss her und ich habe schon eine Idee.
Sogleich teile ich Blake meinen Gedanken mit: „Verwandle dich! Sofort!“ Er sieht mich ungläubig an und will gerade etwas einwenden, aber ich lasse ihm gar keine Chance. „Tu es einfach! Vertrau mir, oder wir werden Leader verlieren!“
Meine Worte stimmen ihn um: „Na schön, ich mache es!“ Augenblicklich folgt er der Anweisung. „Und was jetzt?“ Keine Zeit zu antworten. Ich laufe zu ihm und packe ihn am Rücken. Während ich meine Zähne tief in den Stoff seines Hemdes vergrabe, hebe ich Blake hoch und drehe mich mehrmals um die eigene Achse. Als ich genug Schwung habe, reiße ich meinen Kopf in die Luft und lasse Blake im selben Augenblick los. Er fliegt in hohem Bogen mehrere Meter über das Rudel hinweg.
„Verwandeln! Jetzt!“ Als er meine Schreie hört, reagiert er genau im richtigen Moment. Am höchsten Punkt seines Fluges nimmt er wieder die Gestalt des weißen Wolfes an und verlagert sein Gewicht nach vorne. Mit Leichtigkeit landet er auf seinen Pfoten und nimmt sofort die Verfolgung auf. Leader gehört nun ihm.
Das Rudel starrt ihm gebannt hinterher, als einer plötzlich ruft: „Wir müssen ihm schnell hinterher! Er darf unseren Anführer nicht einholen! Lasst uns…“ Er konnte seinen Satz nicht mehr beenden, denn ich habe ihm mit einem gezielten Schlag auf den Kopf bereits das Bewusstsein genommen. Schockiert sehen nun alle Wölfe zu mir.
Mit einem provozierenden Lächeln stehe ich vor ihnen: „Habt ihr da nicht jemanden vergessen?“ Knurrend kommen sie nun näher. „Dann lasst die Spiele beginnen!“ Ohne Rücksicht dringe ich in ihre Reihen ein. Mehrere Wölfe springen mich auf einmal an, aber ich schüttle sie alle ab. Diesmal habe ich nicht den Fehler gemacht, mich erst im Laufe des Kampfes zu verwandeln. Nun sind die Bedingungen ausgeglichen.
Ich reiße einen nach dem anderen zu Boden. Mit Zähnen und Klauen setze ich mich gegen die vielen Gegner zur Wehr. Selbst erleide ich nur kleine Wunden, was ich von meinen Gegenübern nicht behaupten kann. Jaulend und winselnd fallen die meisten nach bereits einem Schlag zu Boden. Meine Wut, der Ehrgeiz meiner Gegner und das viele Blut treiben mich noch mehr an. Ich denke gar nicht daran aufzuhören, ehe nicht jeder von ihnen leblos vor mir liegt.
„Das schaffen wir nicht! Sie ist zu stark!“ Einer von ihnen scheint wohl den Ernst der Lage erkannt zu haben. „Rückzug! Verschwindet von hier!“ Mehr kann er nicht mehr sagen, da ich ihn bereits am Genick gepackt habe und dieses mit einer kurzen Bewegung breche.
Nun schreit eine andere Wölfin auf: „Flieht! Lauft um euer Leben!“ Die übrigen Wölfe reagieren auf die Warnung und ergreifen tatsächlich die Flucht.
Wütend rufe ich ihnen nach: „Zwecklos! Euer Schicksal war schon besiegelt, als ihr euch für einen Kampf mit mir entschieden habt!“ Mit diesen Worten laufe ich ihnen hinterher und nehme einen Wolf ins Visier. Ich hole ihn schnell ein und packe ihn am rechten Hinterlauf. Als ich fest zubeiße, bricht sein Knochen und er fällt zu Boden. Hilflos rollt er sich auf den Rücken und will mich noch wegdrücken, aber ich lasse ihm keine Chance. Voller Wut vergrabe ich meine Zähne in seinem Hals. Sein Zucken