Geliebter Prinz. Billy Remie. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Billy Remie
Издательство: Bookwire
Серия: Legenden aus Nohva 1
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738073348
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Körpers. Es störte ihn nur dann, wenn seine Familie ihn wie ein Stück Dreck behandelte, das entfernt werden musste. Desiderius würde seine Freiheit, und die damit verbundenen Abenteuer, niemals gegen ein Leben in einer Burg eintauschen.

       Niemals!

      Ein lautes Poltern ließ Desiderius aus seinen Gedanken hochfahren. Er fuhr herum und blickte zur Seite.

      Einige Meter von ihm entfernt, an einem verstaubten Fenster, durch das nur schwach das Licht des großen Mondes hereinfiel, war ein Tisch unter dem Gewicht zweier Kerle zusammengebrochen, die sich ineinander verkeilt hatten und mit den Fäusten aufeinander einprügelten.

      Desiderius war kein Mann, der sich in einen Streit einmischte, der ihn nicht betraft. So beobachtete er unbeteiligt, wie jeder andere auch, die Prügelei aus kühlen Augen.

      Die Dirne kam zwischendurch und brachte ihm seinen Wein. Er schenkte sich ein, und die junge Frau ging wieder an die Arbeit, auch sie kümmerte die Schlägerei der zwei Männer nicht.

      Bei näherer Betrachtung konnte sich Desiderius denken, um welche Art Streit es sich handelte. Einer der Männer war verzottelt und trug dreckige, zerrissene Kleidung, er hatte krumme Finger, aber eine harte Faust. Sein Gegenspieler, der ihm weit unterlegen war, trug feine Kleidung aus bunter Seide und wies ein gepflegtes Äußeres auf. Sein pausbäckiges Gesicht war gepudert und sein blondrotes Haar schimmerte gesund.

      Das offensichtliche Problem in Bordellen an der Küste war die Vermischung der gesellschaftlichen Schichten. Hier traf Hafenarbeiter, Räuber und Pirat auf Kaufmann und Lord. Erst tranken sie zusammen, dann kam das Gespräch auf ein heikles Thema, zum Beispiel, auf erhöhte Steuern, und schon flogen die Fäuste.

      Keiner scherte sich darum, wenn jemand verletzt wurde. An den Küsten gab es keine Soldaten, keine Stadtwachen oder andere Vertreter der königlichen Gesetze. Wer an die Küsten kam, musste damit rechnen, verprügelt, ausgeraubt oder erstochen zu werden. Manchmal sogar alles zusammen. Und keine Seele kümmerte es. Die Leichen wurden ins Meer geworfen, wenn sie zu stinken anfingen.

      Aber der in feine Seide gekleidete Kerl hatte an diesem Tag das Glück auf seiner Seite, denn der Bordellbesitzer unterbrach die Prügelei, indem er den Überlegeneren eigenhändig hinauswarf.

      Belustigt verfolgte Desiderius, wie der hünenhafte Betreiber des Bordells den zerzausten Mann im Nacken packte und zur Tür schleifte.

      Als sein Blick gemeinsam mit den beiden Männern an der Tür angelangte, streiften seine grünen Augen über etwas, das sein Interesse mehr weckte als der hochkantige Rausschmiss, der mit einem gezielten Arschtritt ausgeführt wurde.

      Unweit von der Tür entfernt entdeckte Desiderius einen jungen Mann, etwa in seinem Alter. Jedoch einen ganzen Kopf kleiner und unter der feinen Kleidung um ein Vielfaches schmächtiger.

      Er war Desiderius’ genaues Gegenteil. Sein kurzes, gelocktes Haar war goldblond und schimmerte erhaben im Schein der Fackeln. Sein Gesicht wies sanfte, feminine Züge auf, seine Lippen waren voll, versprachen Wollust, und seine eisblauen Augen waren groß und von langen, dichten Wimpern umrandet. Er war schön. Ein Anblick, der einem Mann nicht alle Tage geboten wurde. Eigentlich noch nie – und vermutlich auch nie wieder. Ein zartes Geschöpf, das von Unschuld umgeben wurde, verloren in der bunten Welt des Bordells.

      Schüchtern und unsicher ließ der junge Mann seinen wachen Blick durch den Raum gleiten, nachdem das Schauspiel an der Tür ein Ende gefunden hatte, als der Bordellbetreiber sie laut zuknallte.

      Ihre Blicke streiften sich flüchtig, und der Blonde stockte für einen Augenblick. Wirkte überrascht, fasziniert. Doch er hielt Desiderius’ fixierenden Blick nicht stand und senkte eilig seine wunderschönen, eisblauen Augen.

      Nun schlug Desiderius’ Lust zu etwas um, das nichts mit dem Durst auf Wein zu tun hatte. Ein tief verwurzelter Instinkt erwachte in seinem Inneren und ließ ihn aufstehen. Er musste, wollte jagen. Sehnte sich nach Beute, die er verschlingen, aber nicht töten wollte.

      Er bahnte sich mit raubtierähnlichem, geschmeidigem Gang einen Weg durch aneinander gedrückte Körper und zusammengestellte Tische. Er wies mehrfach einige Dirnen ab, Frauen und Männer, bis er sich schließlich hinter seiner Beute an den Tresen der Bar lehnen konnte.

      Der Blonde, der nur zwei Schritte entfernt mit verschränkten Armen hilflos dastand und eine verschlossene Zimmertür im Auge behielt, hatte ihn noch nicht bemerkt.

      Desiderius nutzte die Gelegenheit und betrachtete die Rückseite des Mannes. Er hatte breitere Schultern, als es von weitem den Eindruck gemacht hatte, dennoch wirkte er schmal und dünn. Abgemagert, etwas kränklich. Doch sein Hintern war wohlgeformt. Klein, rund und prall. Die knackigen Backen zeichneten sich unter der eng sitzenden Hose ab. Lockten. Luden dazu ein, berührt, geknetet zu werden.

      Lässig lehnte Desiderius auf dem Tresen, seinen Körper hatte er dem Raum zugewandt, im Rücken spürte er die Kante der hölzernen Bar.

      Laut fragte er: »Wie viel?«

      Es dauerte einen Moment, bis der Blonde sich verwirrt über die Schulter blickte und erkannte, dass er angesprochen wurde. Halb drehte er Desiderius das fragende Gesicht zu. »Meint Ihr mich?«

      Desiderius breitete verständnislos die Arme aus. »Wen sonst?«

      Der Blonde starrte ihn verwundert an. Musterte ihn skeptisch. Dann stieß er kopfschüttelnd den Atem aus und drehte sich wieder mit dem Gesicht zum Raum um. Doch er fragte: »Meint Ihr, ich wäre käufliche Ware?«

      Desiderius konnte das Schmunzeln in seiner Stimme hören und grinste triumphierend, wohlweißlich, dass der andere es nicht sehen konnte.

      So, so, da mochte noch jemand Spielchen, erkannte Desiderius amüsiert.

      »Sehe ich aus wie billige Ware?«, fragte der Blonde und warf ein Lächeln über die Schulter, nachdem Desiderius nichts erwidert hatte.

      »Nein.« Desiderius schüttelte den Kopf. »Edle Ware, ohne jeden Zweifel. Deshalb verhandeln wir Euren Preis.«

      Der Blonde schnaubte, war aber noch immer belustigt, als er wieder sein überaus ansehnliches Gesicht abwandte.

      Desiderius stieß sich von der Bar ab und umrundete seine Beute einmal mit einer eindeutigen Musterung, die der Blonde mit einem Schmunzeln über sich ergehen ließ. Er zuckte nicht zurück, machte keine Anstalten, fliehen zu wollen. Desiderius war erfreut. Das bedeutete, dass seine Jagd heute erfolgreich sein würde.

      Dicht vor seiner Beute blieb Desiderius stehen. Doch bevor er etwas sagen konnte, erklärte der Blonde: »Ich bin kein käufliches Stück Fleisch, werter Herr.«

      »Was seid Ihr dann?«, grinste Desiderius erheitert. »Ein verirrtes Vöglein?«

      »Ein Gast«, antwortete der Blonde und streckte stolz sein schmales Kinn empor.

      Schmal aber lang und spitz zulaufend. Desiderius starrte darauf, erkannte die winzigen Bartstoppeln, die im Schein der Fackeln blond schimmerten. Er wollte sich vorbeugen und daran knabbern.

      Stattdessen begnügte er sich damit, seine Hand zu heben und mit zwei Fingerspitzen über das schmale Kinn des Blonden zu fahren. Die Stoppeln fühlten sich weich und einladend an. Desiderius hätte sie gern an anderen Körperregionen gespürt. Doch vorerst freute er sich einfach nur darüber, dass seine Berührung begrüßt wurde.

      Schmunzelnd ließ er die Hand wieder fallen und erklärte: »Jedes Fleisch ist käuflich.«

      Der Blonde verengte argwöhnisch seine schönen blauen Augen.

      »Also«, fragte Desiderius erneut, »wie viel?«

      Mit einem amüsierten Lächeln, das seine sinnlichen Lippen umspielte, legte der Blonde sein Haupt schief und betrachtete Desiderius’ Gesicht. Eisblaue Augen flogen immer und immer wieder über seine Gesichtszüge, bis der Blonde neckisch fragte: »Müsst Ihr immer dafür zahlen?«

      Desiderius zuckte gleichgültig mit den Schultern.

      Der Blonde runzelte neugierig seine Stirn. »Wirklich immer