Alfred Stabel
Die Stadt des Kaisers
Alternativweltgeschichte
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Inhaltsverzeichnis
Das Buch
Für Christen gilt das Jahr 1683 als annus horribilis. Ein Vierteljahrtausend nach Byzanz hat wieder ein Sultan Mehmed – diesmal Mehmed IV. - ein christliches Bollwerk erobert: Die schöne Stadt Wien im Herzen Europas. Von Wien aus will der Sultan sein Herrschaftsgebiet im nächsten Jahr nach Westen ausdehnen.
Es folgt der kälteste Winter seit Menschengedenken. Den Wienern gehen die Vorräte aus und der türkische Statthalter kann nicht geben, was er selbst nicht hat. Für die meisten Wiener überraschend bricht im März ein Aufstand los. Ein kaiserlicher Offizier hat ihn angezettelt und dabei auf Hilfe von außen nicht vergessen. Der junge Eugenio von Savoyen geht mit seinen Dragonern nachts über die Mauern. In blutigen Kämpfen wird dem Kaiser die Stadt zurückgewonnen. Doch der Feind schläft nicht und der Kaiser hat nichts unternommen, um den Erfolg der Unternehmung abzusichern.
Zentrale Figur des Romans ist der Offizier Konrad von Breitenbrunn, der Familie und Freunde in den Türkenkriegen verloren hat. Sein derbes Auftreten und die durchschimmernde freiheitliche Gesinnung prädestinieren ihn nicht zu einem Favoriten der durchlauchtigsten Majestät Leopold I. Ungeachtet der gefühlten Ablehnung verfolgt er seine Ziele mit Umsicht und Bravour. Bis sich das Blatt komplett gegen ihn wendet.
Der Autor
Alfred Stabel ist 1950 geboren und lebt mit seiner Familie in Wien. Die Stadt hat er unter anderem durch die Tätigkeit als Fremdenführer und später als Notarzt der Wiener Rettung in ganz unterschiedlicher Weise kennengelernt. Als lebendes Museum, Gedächtnisstätte, Spitalszentrum und moderne Weltstadt. Die Autorentätigkeit beginnt mit dem Schreiben eines Büchleins für die eigenen Kinder. Es wurde nicht veröffentlicht, doch die Freude am Verfassen kreativer Texte ermutigt ihn zu literarischer Tätigkeit.
2014 erschien im Kuebler Verlag die Alternativweltgeschichte: Der Goldene Apfel der Deutschen.
Prolog
„Was bewegt sich am Morgen auf vier, mittags auf zwei und abends auf drei Beinen?“ Breitenbrunn erinnerte sich an das Rätsel aus dem Griechisch Unterricht. Die Sphinx hatte es Ödipus gestellt. „Nun?“ Da keines seiner Kinder die Antwort wusste, griff er zum Gehstock und ging ein paar Schritte durchs Zimmer.
„Unser Herr Vater“ riefen seine beiden Ältesten.
„Nicht bloß ich“ belehrte er sie. „Jeder Mensch, der alt genug wird, geht am Ende auf drei Beinen. Und jetzt wart ihr zwei Stunden hier! Ich bitte die jungen Herrschaften hinaus!“
Anstatt zu gehen stellten sie sich zum Schrank, wo seine Kriegsbeutestücke lagerten. Türkische und französische Fahnen, Waffen und Harnische.
„Hinaus, oder ich versohle euch die Hintern!“ drohte er und schob sie durch die Tür. Kinder waren Geschenke Gottes, gelegentlich Plagen des Teufels, die glaubten, den Vater für sich gepachtet zu haben!
Er setzte sich grummelnd auf den Stuhl, auf dem er Sommer und Winter viel Zeit verbrachte. Am Tisch lag ein Packen mit vergilbten Zeichnungen und Notizen, daneben das Manuskript zum zweiten Buch, dem noch der Prolog fehlte. „Schreibt etwas über Euch!“ hatte der Drucker geraten. „Der Leser möchte wissen, mit wem er es zu tun hat! Also keine falsche Bescheidenheit! Und bedenkt auch, welches Jahr wir haben!“ Energisch tauchte Breitenbrunn die Feder ins Tintenfass.
Geneigter Leser, erlaube mir, dieses Buch mit ein paar Worten über mich, den Verfasser, zu beginnen. Manch einer versucht sich als Dichter, ehe ihm der Bart sprießt. Ich griff erst im reifen Alter zur Feder, nachdem ich meinen Abschied aus der Armee genommen hatte, der, so viel will ich Dir verraten, nicht ganz freiwillig erfolgte. Ich hatte schwere Differenzen mit dem Kriegsminister Guido Schwarzenberg, der ein Hornochse auf zwei Beinen ist.
Vielleicht sollte er das nicht schreiben. Guido Schwarzenberg war ein einflussreicher und nachtragender Mann. Er strich die beiden letzten Zeilen.
Den Abschied nahm ich wegen meines zerschossenen Beins. Nicht meine schlimmste Verletzung, aber die erste, von der ich mich nicht restlos erholte. Ihre Majestät, Kaiser Joseph, machte mir zum Abschied ein Geschenk von fünftausend Talern, so dass ich diese Zeilen ohne Bitterkeit schreibe. Der Krieg ist eine Furie. Ich habe großes Glück, noch unter den Lebenden zu weilen.