triste. Katrin Sell. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Katrin Sell
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750235069
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Männern

      auf Papier gedruckt. Die habe ich von ferne gesehen.

      Ihr lebenslanger Mut blieb niemandem verborgen, denn ihre Flugzeuge

      flogen höher als andere, und ihre Augen sahen mehr als üblich.

      Bei so was möchte man sich die Fingernägel benagen

      und an dunkle Kinosäle denken.

      Dort läuft ein unerschütterlicher Held durch Wände, ist in Shanghai oder Bombay.

      Und

      lässt sich von Seilen herab auf den Planeten fallen.

      Ein Beifall für ihn, denn er kann auch Rebhühner verschlingen.

      Ein weit glänzendes Abenteuer wird es heute geben,

      denn der Morgen ist immer noch weiß, und die Fische beißen gut.

      (Das will man so.)

      Wenn man still sitzt, von mir aus auf Dünen oder in Couchgarnituren,

      fallen einem manchmal die eigenen Beine auf,

      die Muskelpartie, die weiche Haut an den Waden, und es denkt sich, wie es

      sich so denkt, die Prinzessin zu befreien, ihre fabelhaften weißen Füße zu küssen.

      Ach ja, seufzt es, immer wieder das: das passive Weib.

      Ich gebe zu, und auch du, kleiner Bruder neben mir,

      mit der geliebten Sonne überm Kopf, bist nicht frei

      davon, etwas retten zu wollen, feministisch korrekt diesmal und

      mit kleinen Hunden auf den Armen.

      Da stehe ich, nackt, manchmal, mit einer tödlichen Waffe in der Hand,

      und halte Ausschau nach dem Gegner: Eine ordentliche Klopperei

      könnte mir die Sinne wieder richten. Das bleibt so eine Hypothese.

      Eine herabgesunkene Welt ist es jedes Mal, von Totenschädeln und Fledermäusen,

      wenn man sich aufrichtet aus den vermummten Aggressionen,

      um Gymnastik zu treiben und Zeitungen zu lesen.

      Gewiss, ich will meine Maschine putzen und das ölige Ding anschmeißen

      wie ein freundlicher Auerhahn. Früh ist es noch und ganz weiß.

      Und eine Hundeschnauze leckt an meinen Füßen.

      Selbstermutigung

      Nennt alles, wie ihr es wollt, und fügt den Dingen Namen hinzu. Eine Beschreibung

      muss wenigstens sein für die Entdeckungen und die vielen Erfindungen

      in den Laboren und Büros. Aber ich werde ab heute vergessen,

      fürchte ich, durch Häuser gehen wie durch erstarrte Gebiete und

      verunglückte Schiffe sehen. Denn das Eigentliche verweigerte sich,

      das sich beschrieb, als ein tägliches Gehen und Lachen.

      Es waren Tage, fast ein Leben, inmitten von Menschen,

      vorbei an windigen Kaffeeautomaten und Radiostationen;

      Geburtstagsfeiern auf hoher See gab es noch, eigentlich viel, was sich bewegte

      und auf angenehmen Sohlen ging, gerade so:

      ein unaufhörliches Bauen von Häusern.

      Irgendwann, fragt mich nicht nach Zeiten, flossen Rufe und Namen durchs Hirn,

      und das Vertrauen wurde ein Papier zum Schiffchenbauen.

      Verklagt mich nicht, weil ich keine Versprechen mehr kenne

      und an Orte gehe, die bleiern sind und zu vergrämt,

      beständig fragend: Wie lange noch?

      Die Ewigkeit kam. Als böser Stoß. Als ein: Nie mehr! Nie mehr!

      Und ging in die Knochen und setzte sich dort nieder,

      im Schlamm grabend, als anhaltendes Sterben ohne Wiedersehen.

      Jetzt überschaust du die Häuser, plötzlich, hältst deine Asche in den Händen

      und denkst an die Zärtlichkeit der toten Mädchen und führst dir vor Augen

      die fürchterlichen, bissigen Wahrheiten, auch dass dein Kätzchen

      nun schläft, in einem Pappkarton unter der Erde, seinen Schlaf, den man

      den ewigen nennt; und erinnerst dich an die, die in den Meeren treiben,

      von Schiffen gefallen.

      In diesem Gewimmel der Sehnsüchte und des Vermissens

      gibt es keinen unwahrscheinlichen Moment mehr.

      Wenn dem so ist – und ich befürchte, die Dinge liegen so –,

      wäre dies: ein Zuruf im richtigen Moment

      und

      ein lyrisches Gefühl mal eben.

      Anblicke

      Jetzt kennt sie niemand mehr, die Witwe, die alles verloren hat und seitdem

      durch einsame Häuser geht. Es umkreist sie ein feindliches Regiment,

      wenn sie die Stadt verlässt zum Erkundungsgang der Dinge, die es nicht

      mehr gibt. Ihr bloßes Haar ist offen, mit den Fingern immer suchend,

      streift sie durch Moore, in unpassenden Schuhen und aufgeschreckt

      von den Nesseln in der eigenen Brust. Hunde hat sie auch und ein

      verteufeltes Wesen, weswegen sie auf harten Böden überleben konnte.

      Tagelang musste sie zwischen Trümmern und abgebrochenen Bäumen frühstücken,

      denn Kriege kamen; und die Straßen voller Mörder und kranker Soldaten,

      ja, und wie sie dalagen, erschöpfte Körper und Augen und manchmal

      auch ein Verlöschen in einer Straßenecke und keine Verschwendung mehr

      an Licht. In jenen Tagen hatte sie ein zweites Antlitz bekommen,

      weil sie überlebte, und konnte Meteore sehen und schien in Ewigkeit erhalten

      zu bleiben, mit überirdischen Pulsschlägen.

      In ihrer Zeit sprach man von gewissen Tugenden, die man sich

      erhalten sollte, und jedes Leben war Mühsal, in Uniformen

      und Schürzen gezwängt.

      Sie spielt auf ihrer schlecht gestimmten Geige, auch heute,

      und versteckt sich wie eine bucklige Katze bei Gefahr.

      Wenn man jetzt schriebe, sie kann auch verfluchen und segnen mit ihrem

      struppigen Haar und den Klauenhänden, so wäre das nicht verwunderlich.

      Sie ist ein Mensch, bekannt mit vielem. Denn man könnte auch schreiben,

      dass sie als freundliche Tante einmal Kekse vorholte, Waffenröcke zerschnitt

      und das nicht allzu ferne Frankreich sah.

      Doch auch sie ist nicht ewig: Die Moore sind vertrocknet und Drohnen

      rasen durch Landschaften, nicht vom Tod beschämt.

      Raum und Weite

      Bisweilen kommt er unvermutet, ein massiver Drang nach Leben

      und