Автор: | Sabine Roth |
Издательство: | Bookwire |
Серия: | |
Жанр произведения: | Языкознание |
Год издания: | 0 |
isbn: | 9783847667568 |
zunichte. „Was soll das denn? Bin ich etwa dein Gefangener?“ Fassungslos starrte Nantai auf die Tür, die ihm versperrt war. Nun würde er sich dem Aufruhr in seinem Innern stellen müssen. „Verdammt!“ Mit einem lauten Fluch eilte er zum Tisch, wo der Zettel mit seiner Abschiedsbotschaft lag, zerriss das Papier zornig in kleine Fetzen, und warf es in den Mülleimer. Am liebsten würde er Doro nach der Rückkehr wegen ihres Hundes zur Rede stellen... Aber dann müsste er seinen eiligen Aufbruch begründen. Die Notlüge zu schreiben, war ihm leicht gefallen - Doro offen anzulügen, war eine andere Sache. Sie würde die Lüge durchschauen, noch ehe er zu reden begann. Ihm blieb also nur, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, und mit ihr zu frühstücken… Irgendwie würde er diese Mahlzeit überstehen…Er musste ja nicht lange bleiben. Seufzend stellte er Kaffee auf, und deckte den Frühstückstisch mit allem, was er finden konnte: Wurst, Käse, Marmelade, Honig und Butter. Und war eben fertig, als Doro in die Wohnung trat, eine große Papiertüte in der Hand, aus der es verlockend nach frisch gebackenen Brötchen roch. Während Räuber seine Besitzerin mit freudigem Schwanzwedeln begrüßte, bedachte Nantai den Hund mit einem grimmigen Blick. Du falsches Biest! Plötzlich schien Räuber das friedlichste Wesen der Welt zu sein. Tat, als könne er kein Wässerchen trüben. „Du hast ja schon Frühstück gemacht, Nantai!“ Doro strahlte, als sie den liebevoll gedeckten Tisch erblickte. Doch als sie Nantais grimmige Miene sah, wich ihr Strahlen Besorgnis. „Was ist mit dir? Geht es dir nicht gut? Hast du Schmerzen?“ „Nein, keine Sorge. Ich bin ganz okay, danke.“ Nantai wusste nicht so recht, wo er hinsehen sollte. Ihre Nähe verunsicherte ihn über alle Maßen. Verflixter Köter! Ohne dich wäre ich schon längst weg! Zu seiner Erleichterung beachtete Doro ihn nicht mehr. Räubers Kopf tätschelnd, ging sie mit dem Hund zur Küche, packte die Brötchen aus, und stellte sie in einem geflochtenen Körbchen auf den Tisch. Nantai nahm auf dem Stuhl ihr gegenüber Platz. Und verwünschte seine Unsicherheit, als sie ihm erneut ein strahlendes Lächeln schenkte. „Ich habe einen Bärenhunger! Du etwa nicht? Weißt du eigentlich, dass schon beinahe Mittag ist?“ „Ja, ich weiß“ murmelte er. „Ich bin schon lange nicht mehr so spät aufgestanden wie heute.“ „Kein Wunder. Du warst furchtbar erschöpft, nachdem, was du gestern Nacht erlebt hast.“ Und plötzlich verschwand ihr Lächeln, wurde ihre Stimme ernst. „Jemand hat dich gestern fast umgebracht, Nantai! Das darfst du nicht auf sich beruhen lassen. Du musst zur Polizei gehen und Anzeige erstatten!“ Er schüttelte heftig den Kopf. Warum drängte sie so sehr? Hatte er ihr nicht deutlich gesagt, dass er nicht zur Polizei ging? Und hoffte inständig, dass sie das Thema nun auf sich beruhen ließ. Aber Doro ließ nicht locker. „Du solltest dir das gut überlegen. Oder willst du den oder die Angreifer tatsächlich ungestraft davonkommen lassen?!“ Er schwieg. Starrte sie nur mit zusammengepressten Lippen an. Lass mich endlich in Ruhe! Aber Doro erhörte sein stummes Flehen nicht. „Möchtest du denn gar nicht über diese Geschichte reden?“ drang sie weiter in ihn. „Nein, Doro!“ Seine Stimme klang härter, als er wollte. „Ich möchte weder darüber reden, noch möchte ich zur Polizei gehen - und wenn du mir wirklich helfen willst, lässt du mich damit jetzt bitte in Ruhe!“ Selbst ein wenig erschrocken über die Heftigkeit seines Ausbruchs, hätte er sich noch im selben Augenblick am liebsten auf die Zunge gebissen. Doro hatte ihm geholfen, es war nicht fair, sie auf diese Weise anzugehen! Aber diese Einsicht kam zu spät. Mit Tränen in den Augen starrte Doro ihn an. „Es tut mir Leid…ich wollte doch nur…“ Er begriff, wie sehr er sie verletzt hatte, bedauerte er sein Verhalten noch mehr. Und plötzlich drängte es ihn mit aller Macht, Doro in den Arm zu nehmen, und sich bei ihr zu entschuldigen… Doch er tat es nicht. Sah stattdessen hilflos zu, wie sie um Fassung rang. Und atmete erleichtert auf, als sie sich wieder beruhigt hatte, und wortlos Kaffee in ihre Tasse goss. Eine ganze Weile hockten sie einander stumm gegenüber, und aßen, jeder mit sich selbst beschäftigt - bis das schlechte Gewissen Nantai keine Ruhe mehr ließ. „Doro“, wagte er den Versuch einer Entschuldigung, „mein Benehmen eben tut mir fürchterlich Leid. Nachdem du dich so sehr um mich gekümmert hast, sollte ich etwas mehr Dankbarkeit zeigen.“ Und sagte wieder das Falsche. „Ich erwarte keine Dankbarkeit von dir, Nantai“ entgegnete sie, kühler als kühl. „Schließlich hätte ich dasselbe für jeden anderen getan. Und damit du mich und meine lästigen Fragen nicht mehr länger ertragen musst, werde ich mir gleich nach dem Frühstück deine Verletzungen ansehen, und dich danach nach Hause fahren. Dann bist du frei, kannst wieder tun und lassen, was immer du willst.“ Verdammt noch mal, was habe ich denn jetzt schon wieder falsch gemacht? Nantai verzweifelte an sich selbst. Anstatt die Situation zu klären, hatte er alles nur noch schlimmer gemacht. Aber auch Doro haderte mit sich. „Du solltest mehr Verständnis zeigen, und ihn in Ruhe lassen, Dorothea Miller“, schalt sie sich in Gedanken, „Wie würdest du dich fühlen, wenn dich gestern Nacht jemand fast umgebracht hätte? Würdest du einem völlig Fremden dein Herz ausschütten, nur weil er dir zufällig geholfen hat? Nein! Also nimm dich zusammen und spiel nicht wegen einer solchen Lappalie die Gekränkte.“ Sie durfte nicht zornig sein, wenn er sich zu Dankbarkeit verpflichtet fühlte. Und noch weniger durfte sie sich gekränkt fühlen, weil er sich ihr nicht anvertrauen wollte. Schließlich kannten sei einander kaum. Sie entschied, der unguten Stimmung ein Ende zu bereiten. „Wir sollten jetzt über andere Dinge reden“ schlug sie vor. „Ich hasse es, wenn der Tag mit Streit beginnt.“ Und als Nantai erleichtert auf ihr Friedensangebot einging, entspann sich rasch eine lockere Unterhaltung, in deren Verlauf er erfuhr, dass Doro ihr Medizinstudium im nächsten Jahr abschließen würde - die Erklärung für die professionelle Behandlung seiner Verletzungen in der Nacht. Doro hingegen war sichtlich überrascht, dass auch er studierte. „Was hast du danach vor?“ wollte sie wissen. „Möchtest du in der Forschung oder lieber in der Industrie arbeiten?“ Keine Sekunde lang dachte sie daran, er könne die Stadt wieder verlassen. Wozu hätte er dann studiert? „Das weiß ich noch nicht.“ Nantai wich der Antwort aus. Wie sollte sie verstehen, dass er sein Leben nicht in dieser Stadt verbringen wollte, auch wenn er hier studierte? Dass er wegen einer Botschaft der Geistwesen hier war, nur auf das Erwachen seiner Gabe wartete, und die Heimkehr mehr als alles andere herbeisehnte? …Hatte sie jemals von Geistwesen oder Gaben gehört? Rasch stellte er die Gegenfrage. „Und du? Was willst du nach Abschluss deines Studiums machen?“ Doro zuckte mit den Schultern. Sie hatte Pläne gehabt, aber diese hatten sich vor kurzem zerschlagen…„So, wie es aussieht, werde ich zunächst in einem Krankenhaus arbeiten.“ Danach war es nur noch Nantai, der Antworten gab. Schon als Kind war Doro von der Welt der Eingeborenen fasziniert gewesen, sodass sie, nachdem das Eis zwischen ihnen gebrochen war, die Gelegenheit nutzte, sich diese Welt von jemandem schildern zu lassen, der in ihr gelebt hatte. Und Nantai, den ihr Interesse sichtlich freute, beantwortete geduldig jede ihrer zahllosen Fragen. Bis ihr schließlich keine mehr einfiel. „Danke für deine Geduld, Nantai, das war sehr eindrucksvoll“ meinte sie am Ende lächelnd, - und zugleich ernüchtert. „… aber ich verstehe noch immer nicht, dass jemand wie du, auf eine solch primitive Weise leben konnte. Megalaia muss dir ja wie ein Paradies erscheinen!“ Nantai verzog das Gesicht zu einem gequälten Grinsen. Wie sollte er ihr - einer Stadtbewohnerin - jemals erklären, dass Megalaia ihm keineswegs wie ein Paradies erschien, und dass er die Heimat trotz der Annehmlichkeiten der Stadt so sehr vermisste? …Es war besser, er versuchte es gar nicht erst. Weil das Gespräch plötzlich ins Stocken geriet, warf Doro einen Blick auf die Uhr - und stellte erschrocken fest, wie viel Zeit bereits vergangen war. Sie habe eine wichtige Verabredung, erklärte sie Nantai rasch, und müsse vorher mit dem Hund nach draußen. Deshalb werde sie jetzt seine Wunden kontrollieren, und ihn danach wie versprochen nach Hause fahren. Die Vorstellung, sie zu verlassen, versetzte ihm einen heftigen Stich. Nur widerstrebend zog er das Hemd aus und legte sich rücklings aufs Sofa. Versuchte verzweifelt, das Rumoren in seinem Innern vor Doro zu verbergen. Doch als sie sich zu ihm setzte, und seine Wunden - sehr vorsichtig - abzutasten begann, ließ ihn allein diese zarte Berührung zusammenzucken. Doro erschrak. „Entschuldige Nantai, ich wollte dir nicht wehtun!“ „Es geht schon wieder“ murmelte er. Oder sollte er ihr den wahren Grund nennen? Gestehen, dass es nicht Schmerz war, was ihn quälte? „Deine Wunden heilen schon.“ Doro lächelte ihm aufmunternd zu. „Ich glaube nicht, dass sich noch Komplikationen ergeben werden. Nicht, wenn du Folgendes beachtest….“ Sie erteilte ihm eine ganze Reihe von Anweisungen, während sie seinen Verband erneuerte. Wie oft er diesen wechseln musste, welche Komplikationen eintreten könnten, was er zu tun hatte, falls