"Tödliches Finitum". Thomas Helm. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Thomas Helm
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847616863
Скачать книгу
an unsere Vereinbarung? Sie können mir vertrauen mein lieber Ralf, dass es war schwierig! Wir dachten schon, dass wir an diese Kerle wohl nie herankommen. Sie entsinnen sich an Helmuth Steinckes Unfall? Der sich, wie Sie wissen, als ein Anschlag auf ihn entpuppte? Wobei im Grunde genommen alles auf uns gezielt hat! Das war ja auch immer meine Vermutung. Damals hat die Polizei ein Phantomfoto an die Presse gegeben. Das zeigte den Burschen, der Steincke ins Auto gefahren war.«

      Zernick nickte zustimmend. Er registrierte aber gleichzeitig mit Erleichterung, dass Kuragin seine Zigarette soeben wieder ausdrückte.

      »Wir haben unsere Kanäle zu den Tschetschenen genutzt. Was wir dabei herausbekamen, war aufschlussreich. Der gesuchte Typ, den man wenig später tot auf einer Müllhalde fand, war kein Russe oder Tschetschene. Sondern ein Serbe!« Nunmehr zeigte sich Zernick wiederum sehr überrascht. Unruhig rutschte er auf seinem Sessel herum, deutete dann auf Kuragin. »Warum haben Sie uns das nicht gleich gesagt, Alexej? Ich meine, wenn sie das schon so lange wissen?« stieß er entrüstet hervor, hieb mit der flachen Hand erregt auf den Tisch.

      Der Russe zuckte jedoch nur lässig mit den Schultern. »Was hätte Ihnen das genutzt, da wir doch immer den Kopf der Bande haben wollten. Oder? Nur ein kleiner Fisch war das. Nicht mehr«, entgegnete er ungerührt und grinste verächtlich.

      Zernick war versucht ihm sogleich eine scharfe Antwort zu geben. Doch etwas in Kuragins Worten hatte ihn aufhorchen lassen.

      Das ist ja interessant, ging es ihm unvermittelt durch den Kopf, Unser russischer Partner bezeichnet die Gegenseite als »Bande«! Dabei sind wir doch ebenso gestrickt. Wir sind im Sinne des Gesetzes auch eine Bande von Kriminellen. Oder etwa nicht?

      Er wischte seine flüchtige, selbstkritische Überlegung jedoch rasch beiseite. Mit hochgezogenen Brauen schaute er auf Kuragin und hüstelte.

      Der nahm Zernicks beredten Blick als Aufforderung und spann daraufhin seinen Faden weiter. »Es hat dann doch eine ganze Weile gedauert. Ich meine, bis wir uns einen von den Serben schnappen konnten und ihn schließlich zum Reden brachten. Natürlich wussten wir schon so ungefähr, welche der serbischen Gruppen die hier in Berlin arbeiten uns an den Hals wollen. Wir mussten aber erst mal einen von den Typen fangen. Einen, der auch plaudern würde. Nun ja es ist uns gelungen! Wir wissen jetzt genau, dass diese Serbenbande für einen Deutschen arbeitet.«

      Für Zernick sollten die Überraschungen wohl kein Ende nehmen. Ein Deutscher soll der Kopf jener Ganoven sein, die unsere Geschäfte sabotieren? Die Kuragins Leute getötet hatten? Zernick stockte fast der Atem. Denn irgendetwas bedeutete ihm, dass dies wohl nicht die letzte Überraschung für heute war.

      Der Russe nickte vielsagend und setzte nochmals sein süffisantes Lächeln auf. »Dem besagten Deutschen. – Sagt man so? Ja? Also gut. Dem gehörte bis vor kurzem auch ein Bordell in Reinickendorf. Dort hatte er, soweit wir jetzt wissen, seine rechte Hand als Geschäftsführer eingesetzt. Einen Serben! Der soll aber von heute auf morgen verschwunden sein! Und der Deutsche hat den Puff kurze Zeit später wieder verkauft. Warum er das gemacht hat, konnte unser Gefangener nicht sagen.« Kuragin griff nach seiner Zigarettenpackung.

      Der Blick seines deutschen Partners hielt ihn jedoch vom Rauchen ab.

      Der Russe verdrehte stattdessen nur kurz die Augen und sprach weiter. »Seitdem hängen die Serben zumeist nur herum. Irgendwie passiert bei der Bande im Augenblick nicht sehr viel. Sie verdienen anscheinend auch kaum Geld. Das jedenfalls gab der Typ an, den wir auf dem Stuhl hatten. Doch auch diese Informationen scheinen zu stimmen. Denn gegen uns wurde wie Sie sicher bemerkt haben seit eben dieser Zeit nichts mehr unternommen!«

      Zernick starrte schweigend einen Moment vor sich auf den Tisch. Daraufhin nickte er dem Russen wohlwollend zu. »Sehr gute Informationen sind das. Gute Arbeit, Alexej! Aber wer ist denn nun dieser ominöse Deutsche?«

      Kuragin ließ die Zigarettenschachtel in seiner Jackentasche verschwinden. »Also gut. Da bin ich mal gespannt mein lieber Ralf wie Ihr Personengedächtnis funktioniert. Denn der deutsche Chef der Serben ist anscheinend ein alter Kollege von Ihnen. Aus ihrer Zeit bei der Stasi, meine ich!«

      Zernick schnappte nach Luft. »Einer von uns?«, stieß er hervor. Seine Verblüffung war offensichtlich. »Wie heißt er? Was hatte er für einen Dienstgrad?«

      Zumindest den Namen des Betreffenden servierte ihm Kuragin sofort. Natürlich mit der Einschränkung, dass er nicht für einen Klarnamen bürgen könnte. »Er soll angeblich früher ein hohes Tier bei ihrem Ministerium in Berlin gewesen sein. Den Dienstgrad weiß ich leider nicht. Aber er heißt Römer!«

      Zernick presste sich in den Sessel, seine Hände umklammerten die Armlehnen, er atmete heftig.

      Wortlos starrte er ins Leere, sein Hirn jedoch arbeitete auf Hochtouren. Römer! Römer? Irgendetwas sagte ihm dieser Name. Gab es damals im Ministerium nicht diesen Oberst Römer? Der sollte mit irgendeiner Sondereinheit befasst gewesen sein. Und er war kahlköpfig gewesen! Zernick entspannte sich wieder, schaute fest auf Kuragin. »Habt ihr diesen Römer schon mal gesehen? Hat der vielleicht eine Glatze?«

      Der Russe lachte laut auf. Mit einer bedeutsamen Geste legte er ein Foto vor Zernick auf den Tisch. »Das hier hat einer von meiner Truppe gemacht. Erst vorgestern. Als wir uns sicher waren, dass er der Boss von den Serben ist. Wir müssen nur noch heraus bekommen, wo er wohnt und wo er sein Büro hat. Es scheint jedenfalls so, dass er mit seinen Leuten nur übers Handy verkehrt. So, wie wir es auch machen. Aber irgendwo muss er ja seinen Firmensitz haben.«

      Zernick starrte auf das Foto. Es zeigte einen kahlköpfigen Mann um die Fünfzig, groß, breit und füllig. Er stand neben einem dunklen BMW. Ja! Das konnte der frühere Oberst Römer sein. Der Mann, den er damals im Ministerium flüchtig kennengelernt hatte. Zernick bedankte sich bei Kuragin. »Wie ich schon sagte, Alexej, gute Arbeit! Ich glaube aber, dass wir uns parallel zu Ihren Aktivitäten gleichfalls mit Römer beschäftigen sollten.«

      Der Russe schaute einen Augenblick recht überrascht. Dann stimmte er dem Ansinnen mit einem Nicken zu.

      Sie besprachen bei einer Tasse Kaffee in Ruhe noch einige alltägliche, geschäftliche Vorgänge. Kuragin durfte sogar rauchen. Nachdem er sich verabschiedet und das Büro verlassen hatte, rief Zernick über die Sprechanlage Horst Weiler an. Er bat ihn zu sich.

       Gemeinsame Reflexion

      Nur wenige Minuten später betrat der dicke Weiler kurzatmig wie immer das Büro. Er ließ sich in einen der Besuchersessel vor dem Schreibtisch fallen. Hastig tupfte er sich den Schweiß von der Stirn und blinzelte seinen Geschäftspartner erwartungsvoll an. »Was gibt’s denn so Wichtiges, dass du mich zu dir zitieren musst?«

      Zernicks Linke spielte mit dem Foto, das Kuragin ihm mitgebracht hatte. Nachdenklich starrte er einen langen Augenblick auf seinen Partner. Dann kam er rasch zur Sache. »Mein lieber Horst! Ich hatte soeben einen Besucher ganz außer der Reihe. Alexej!« Er bemerkte Weilers erwachendes Interesse, was ihm seinerseits ein Lächeln abrang. Denn ein Besuch des Russen außerhalb der festgelegten, geschäftlichen Termine war in der Tat außergewöhnlich. »Du erinnerst dich sicherlich daran, dass wir vor einigen Jahren Kuragin darum gebeten haben einen lästigen Mitbewerber ausfindig zu machen. Ich rede von den Typen, die damals ein paar von seinen Leuten umlegten und dann unseren Stoff klauten.«

      Weiler nickte zustimmend. »Ich bin ja noch nicht debil, Ralf! Natürlich weiß ich das noch. Hat Kuragin diese Saubande endlich ausfindig gemacht? Wissen wir jetzt wer der Kopf »von’s Janze« ist?«

      Sein Partner grinste und schob das Foto über den Tisch zu ihm hin.

      Weiler nahm es auf und schaute es sich mit gerunzelter Stirn eine geraume Zeit an.

      Zernick übte sich inzwischen in Geduld. Er beobachtete jedoch interessiert die Regungen im Gesicht seines Partners.

      »Richtig! Ja, das könnte er wirklich sein!«, brach Weiler schließlich sein Schweigen. »Das ist oder besser gesagt das war Oberst Römer! Doch! Ich bin mir ganz sicher. Oberst Römer! Mit dem Arschloch bin ich im Ministerium mal gewaltig zusammengekracht. Obwohl er in Wahrheit auf mich losgegangen