Mord Legal. Michel Tapión. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michel Tapión
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752910117
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Jetzt geht es an die Schreibarbeit. Bald steht mein erster Roman „Mord Legal!“ in den Buchhandlungen.

      Jetzt schreibe ich meine ungewöhnliche

       Geschichte vom Leben und Sterben eines guten Mannes.

      Karin

       Die eher dicklich geratene Schülerin ruft bei Waldemar, ihrem ehemaligen Mathematiklehrer an. Die Nummer stand ja im öffentlichen Telefonbuch. Eine eher zaghafte Stimme dringt an sein Ohr. „Wolln´s net amol a ‚Dicke‘ schieb´n“ hörte er sie fragen. Dann trafen sie sich auf einem Parkplatz, der mit „Öffis“ gut erreichbar war und fuhren in eine Absteige. Sie war so erregt, dass sie ihm das Hemd aus der Hose zog, bevor die Zimmertür ganz geschlossen war. Bald darauf fanden sie sich im Bett wieder. Unter ihm liegend, zog sie ihn zu sich und ließ ihre kurzen Finger über seinen Oberkörper gleiten. Ihre klobige Figur, ihr Bauch hing trotz ihrer Jugend bereits mit dem Ansatz einer Falte über ihren Schamhügel, hatte nichts Erotisches an sich. Was ohne zärtliche Liebkosung begann, war vorerst schmerzhaft. Etwas später glätteten sich ihre Gesichtszüge wieder und sie lächelte sich in einen entspannten Schlummer. Karin wurde schwanger, obwohl sie ihn sehr darum gebeten hatte, sie nicht in diesen Zustand kommen zu lassen. Bald sah sie aus wie ein überdimensionaler Luftballon und sie litt sehr unter ihrer Fettleibigkeit und der Schwangerschaft. Waldemar war von ihrer Pein und ihrer Mühsal kaum berührt, sie trafen sich dennoch häufig an Wochenenden am Parkplatz. Ihre immer kürzer werdende Atmung erregte ihn zusätzlich und so hatte gegen Ende der Schwangerschaft nur mehr er den Spaß. Nach der Niederkunft verheimlichte sie den Namen des Kindsvaters. Sie zog weg von daheim, vorerst zu ihrer Tante. Doch der Terror dort war noch um einiges subtiler und gehässiger als zuhause, dafür wurde sie aber nicht geschlagen. Ihre Absicht, ein uneheliches Kind zur Welt zu bringen, schockierte Mutter und Verwandte. Doch was hätte sie tun sollen? Es abtreiben lassen, das wollte sie nicht. Die Mutter warf sie aus der Wohnung. Ihre Tochter besudelte sie mit Schande, mit der sie nicht leben konnte. Also musste sie weg, es war ihr egal wohin, einfach weg. Das wäre auch die Lösung für das Ungeborene gewesen, wenn sie schon den Kindsvater nicht ehelichen konnte. Aber die Tochter wollte eben nicht hören, also musste sie fühlen, die Tochter! So lautete der Spruch. Einen ‚Engelmacher‘ hatte die Mutter bereits kontaktiert. Sollte dabei eine Panne passieren, wäre das erträglicher als die Schande einer unehelichen Geburt. Doch Karin nahm lieber ihren Rauswurf aus der elterlichen Wohnung an, als an ihrem Zustand etwas zu ändern. Als sie auf die Gebärstation des Regionalkrankenhauses zur Entbindung kam, ließ ihre Kurzatmigkeit sie nur mehr mit mehreren Polstern im Rücken ruhen. Schlaf fand sie kaum mehr. Waldemar trat einen Höflichkeitsbesuch an. Ein Berg, der bald zu kreißen begann, erwartete ihn. So schob man sie in den Kreißsaal, von der Hebamme und einer Hilfsschwester begleitet. Karin war sehr tapfer und die Geburt ihrer Tochter war ungewöhnlich rasch und problemlos verlaufen. Ihr Schlaf war seit langem wieder tief und erholsam, wenn auch kurz.

       Tante Hanni

       Der Buschauffeur kennt den unaussprechlichen Ort, der ihm genannt wird. Mit etwas Unbehagen begibt sich Karin mit ihrer Tochter Dorli, wie sie sie nennt, auf die Reise zu ihrer Tante Hanni. Sie hofft abgeholt zu werden und gleichzeitig ängstigt sie sich vor der Begegnung mit Hanni und ihrer Familie. Die Busfahrt ist unbequem und schüttelt die beiden, doch Dorli scheint das nicht zu stören. Karin hat sich über die Dauer der Busfahrt nicht erkundigt und ist nach dreistündiger Fahrt in voller Erwartung ihre neue Bleibe kennen zu lernen. Als der Bus dann doch hält, steht ein Bub von etwa zehn Jahren an der Haltestelle und erwartet sie bereits. Die Begrüßungen sind rasch ausgetauscht und Karin folgt ihm zu einem Einfamilienhaus ganz in der Nähe. Hanni ist mit Küchenarbeit beschäftigt, als Karin mit Dorli im Arm eintritt, zur Begrüßung hört sie Hanni sagen „Do seids jo, es Gfris umassist“, was soviel bedeuten sollte wie „Da seid ihr ja, ihr überflüssigen Gesichter.“ Dieser Satz war prägend für den gesamten Aufenthalt in diesem Haus. Als bald wurden Karin Aufgaben zugewiesen. Diese waren Gänsehüten, Holzarbeiten und Beerenpflücken. Auf die Reihe der Ausführung kam es nicht an. Sollte eines davon nicht zur Zufriedenheit für Tante Hanni erfüllt werden, gab es eine Mahlzeit weniger am Tag. Das bedeutet Hunger, weil die Mahlzeiten für das überflüssige ‚Gfris‘ unter normalen Umständen bereits sehr karg bemessen sind. Üblicherweise begann der Tag nach Bettenbau und Morgentoilette mit einem Brei aus Heidenmehl, das war Buchweizenmehl, mit Wasser und dazu Feigenkaffee. Danach hatte Karin zwar Appetit auf etwas Süßes, aber es gab nichts Derartiges. Der Brei war alles andere als schmackhaft, er war zum Kotzen, wie sie feststellte. Das kam auch Tante Hanni zu Ohren und von nun an gab es für sie bis auf Weiteres nur noch eine Schale Kaffee ohne Brei. Danach ging es jeden Tag zuerst zum Holzhacken, in der Mitte des kleinen Hofes befand sich der Hackstock und aus einer Nische nahm Karin die Scheite. Etwas unbeholfen nahm sie die große Hacke, die im Hackstock steckte und versuchte die Scheite zu zerteilen. Sie wusste, dass ihr dabei kein Missgeschick zustoßen dürfe, denn ihr würde nicht geholfen werden. Das nächste Krankenhaus war erst in einer Stunde erreichbar und bis dahin könnte sie verblutet sein. So gab sie sich redlich Mühe, um gut voranzukommen und trotzdem war sie vorsichtig, um sich nicht zu verletzen. Ihr blieb aufgrund der abgebrochenen Schulausbildung keine andere Wahl, wenn sie nicht ohne Brot und Bett dastehen wollte, mit Dorli am Arm, als Bettlerin durch das Land zu ziehen, musste sie diesen Gulag mitmachen. Doch dann kam ihr eine glänzende Idee. Sie wunderte sich selbst, warum sie nicht schon früher daran gedacht hatte. Aber so war sie. Sie dachte kaum an sich, immer nur daran, wie es den anderen mit ihren Handlungen geht. Das hat ihr die Mutter anerzogen und während ihrer Kindheit hat sich diese Einstellung entwickelt. Ihre Mutter schlug sie kaum, sie bekam selten eine Ohrfeige, aber ihre kreischende Stimme bewirkte in ihr einen Schmerz, den sie in den Knochen spürte, so als ob er ihre Gebeine zersägte. Waldemar war wenig erfreut, dass er sich mit Karin treffen sollte, schließlich gab es in diesem unaussprechlichen Ort kein Kurbad und die Attraktivität Karins war durch Dorli noch tiefer in den Keller gerückt. Dann kam aber doch ein Wiedersehen zustande. Sie trafen sich auf weiter Flur, etwas unromantisch, so wie diese Beziehung war, abseits der Landstraße in einiger Entfernung von Hannis Haus. Die Gänse schnatterten um ihn und es brauchte etwas Geduld sie zu beruhigen. Um sie herum war Wiese und Karin hatte keine Schuhe an. Als Waldemar sie danach fragte, begründete sie es damit, nur ein Paar zu besitzen und das wolle sie nicht mit Gänsekot beschmutzen und außerdem sei der Boden schon etwas kühl und der Gänsekot wärme sie ein wenig. Sie bringt das Thema auf ihr Anliegen, warum sie Waldemar gebeten hatte, in diese Gegend nahe diesem unaussprechlichen Ort zu kommen. Ob es ihm denn so schwer falle sie zu ehelichen und für sie und Dorli zu sorgen. Sie würde in der Stadt eine Arbeit annehmen, vielleicht als Bedienerin. Würde etwas zum Leben beisteuern wollen, damit er es nicht allein tragen müsse. Waldemar, sichtlich beschämt, fragt sie ganz unvermittelt danach, wieviel Zeit sie für die Abreise benötige. Nach kurzer Überlegung sagt sie, sie müsse noch die Gänse und Dorli versorgen. „Treffen wir uns beim Gasthof am Kirchplatz, so etwa in einer Stunde.“ Es war das zweite Glas Bier, das Waldemar gerade bestellte, als Karin zu ihm trat. Der Kellner warf ihr einen fragenden Blick zu während sie sich neben Waldemar setzte, ohne ein Getränk zu bestellen. Waldemar goss das Bier in einem Zug in sich hinein, stand auf, rief den Kellner, um zu bezahlen und die drei verließen in Windeseile die Gaststätte.

      Hochzeit

       Karin spielt mit Waldemar zwischen den Wäschestangen des großen Hofes Fußball. Dorli läuft lachend dem Ball nach. Die Szene strahlt Harmonie aus und Karin plant in Gedanken, wie es wäre, außer dem Bedienen der wohlhabenden Beamtenfamilie eine Arbeit in der Fabrik zu beginnen. Gerade jetzt stünden die Chancen günstig aufgenommen zu werden. Waldemar würde nichts dagegen haben, wenn sie eine Arbeit als Helferin annähme und ein paar Stunden die Woche im ersten Stock des Mehrparteienhauses die Wäsche und die gröberen Arbeiten eines Beamtenhaushalts erledigte. Die Vorbereitungen zur Hochzeit nahmen Gestalt an. Das gemeinsam genutzte Zimmer, bis jetzt lebten die beiden im Konkubinat, wurde von Karin auf Hochglanz gebracht. Die Spuren der vergangenen Tage, als noch das Preferencen das Zimmer beherrschte, waren beseitigt. Statt der schönen Wolldecke, auf der Karten und Spielkapital die Besitzer wechselten, wurde ein Tischtuch aus Damast aufgezogen. Die Aschenbecher wurden entleert und geputzt in den Küchenschrank gestellt. Die leeren Bierflaschen waren