Weitere elf Decks tiefer, kam es mir so vor, als ob ich beobachtet werde. Mich umschlich eine Ahnung, warum die Sicherheit ihre Begleitung anbot. –
Vier Decks über der Brücke. Wissenschaftsdeck. Einige Korridor Meter vorm Observatorium tauchten fremde Personen auf, nach der nächsten Ecke fehlte von denen jedwede Spur. … Und auf dem U S R Deck, das ist zwei Etagen über meinem Quartier, lief in den Deckwänden ein Trupp neben mir her. … Ich wollte die Sicherheit rufen, aber mein Bauchgefühl flüsterte mir zu: »Ruhe bewahren. Das Rätsel löst du allein.« Letztendlich schob ich es auf schlecht isolierte Wände, wodurch die vom Umgebungs-Simulations-Programm erzeugten Geräusche zu hören sind.
Wochen später wurde ich eines besseren belehrt. Ich hatte Mittelschicht. Der Lift brachte mich bereits zur Brücke, unterwegs fiel mir ein, ich habe was wichtiges im Quartier vergessen. Bis zum Dienstantritt war noch reichlich Zeit … Also zurück. … Der Lift stoppte auf meinem Deck, meine rechte Hand steuerte den Türöffner an, jählings fror meine Bewegung ein. Vor der Tür krachten Klingen von mindestens zehn Rundschwertern – den Pogna cor aufeinander. Im rasanten Tempo fegten sie am Lift vorbei. Ich zählte bis zwanzig, dann nahm ich die Verfolgung der Raufbolde auf, dabei habe ich Vorschriftsmäßig die Sicherheit informiert. Doch wenige Schritte später lag gähnende Ruhe übern Korridor, zeitgleich sprach mich der angefordert e Sicherheitstrupp an, ich bin vor Schreck fast aus den Stiefeln gekippt. … Sie boten mir erneut ihre Unterstützung an. Ich willigte ein.
Kurioserweise traten die Phänomene der dritten Art nicht mehr auf. Das stimmte bis Vorgestern, da erlebte ich den Oberhammer der Kuriositäten. Am frühen Abend saß ich im Quartier am Schreibtisch und schrieb wieder im persönlichen Bordtagebuch. Das knarren vom Bürosessel machte mich nervös, und als ich dann auch noch fortwährend die Höhe korrigieren musste, reichte es mir. Ich schob das Ding beiseite und sah nach, woran es liegt. Die Feststellschraube am Hebel war locker. Einen Schraubendreher hatte ich hier nicht, aber im Werkzeugkasten auf der Brücke. Angesichts der Lappalie verzichtete ich auf eine Begleitung. – …
Auf der Brücke dachte ich, im Angesicht des von schräg unten zu mir hochschießenden gleißenden Lichts, jetzt drehst du vollkommen am Rad. Aber der Reihe nach.
Unten auf der Hauptbrücke, auf halber Höhe zum Bereitschaftsraum, verschwand urplötzlich die Einrichtung. Es ging so schnell, als wenn man einen Schalter umlegt. Zwei Meter vor mir schoss ein zischendes Geräusch vom Deckboden zur Decke, es hinterließ eine milchige Substanz. Dahinter tippelten Schuhsohlen, und schemenhafte Umrisse von dutzenden Personen liefen umher. Ich blieb stehen und beobachtete das emsige Treiben. In Nullkommanix bauten sie Tische und Stühle auf und das Buffet füllte sich.
Abermals zischte es vor mir. Nach gefühlten zehn Minuten kamen in den festlich beleuchteten Raum andere Personen, ihre Umrisse sahen auch wie hinter milchigem Glas aus. Der Wissensdurst ließ mich auf die zischende Stelle zulaufen. Mein Hausschuh stieß gegen einen leichten Widerstand, aber er passierte ungehindert die undefinierbare Barrikade. Ich huschte hindurch. Das leckere Buffet stand vor mir. Es roch köstlich. Ich nahm einen Teller und mit einem Male drehte sich alles um mich, … und als die Gegenstände zum Stehen kamen, saß ich im Captains Sessel in der Mitte. – Ich fragte mich: »Bin ich eingenickt? Anscheinend Ja. Wirklich? Oder wurde ich betäubt?«
Gedankenversunken lief ich hinauf zum Lift. Ein Deck später fiel mir ein, warum ich in den Bereitschaftsraum wollte. Also noch einmal zurück. Diesmal überflutete Tanzmusik die stark verkleinerte leere Brücke. Im Eiltempo holte ich den Schraubendreher. … Auf den Weg zum Lift streifte mich derselbe leckere Duft wie zuvor. Ich hielt den Atem an und hechtete in den Lift. Beim Aussteigen auf meinem Deck begegnete ich meinen Freund Doc Pieter. Der Schreck lag über mir, ich brachte keinen Ton über die Lippen.
Pieter begleitete mich vorsichtshalber ins Quartier.
Nach zwei vierfachen hochprozentigen Drinks hatte ich endlich den Schneid über all das vorgefallene zu berichten. »... Es taucht alles genauso überraschend auf wie das Phantom von Loch Ness. Bloß hier sind es viele.«
An dieser Stelle fiel Delune eine andere Begebenheit ein. Er hatte zum wiederholten Male fremde Personen gesehen. Anfangs glaubte er, dass ihm Zugänge entgangen sind.
Der erste Offizier Arun Potts verneinte es. Sein aufgelegter aalglatter Gesichtsausdruck wirkte für Delune's Verständnis wie eine Maske. Sie verbarg, so dachte er, eine spöttische und verachtende Fratze. Delune nahm es, wie alles Unheimliche auf dem Geisterschiff, als gegeben hin. Allerdings zwei andere ungewöhnliche Dinge, über die er ständig stolperte, beschäftigten ihn: »Warum sind so viele Schotten an Bord. Die vulkanischen spitzen Ohren sind demnach eindeutig in der Minderheit. Zweitens: Worin besteht das Geheimnis der schottischen Crew? Dass Schotten die besten Maschinisten sind, ist allgemein bekannt. Dennoch erklärt es nicht, warum so viele an Bord sind. Aber Schottland ä – das freie Nord Preton ist für die U P C feindliches Gebiet?«
Zu den Fragen öffnete Delune im PAD die virtuelle Crew Liste. Sie enthielt 194 Namen. Bei einem Viertel der Crew, er nahm an: es sind überlebende von Vulkan, klebte ein "Mc oder Macc" vorm Nachnamen.
Unwillkürlich dachte er an den widerwärtigen MacMinn. »Der ist kein Maschinist, sondern Heiler«, zischte Delune. Reflexhaft faste er an den Nacken, die kurz geschnittenen Härchen hatten sich aufgerichtet. »Minn's Umgang mit der gälischen Sprache und wie er die Dialekte benutzt, lassen keinen Zweifel aufkommen, dass der ein waschechter Schotte ist. Bei ihm bedeutet Mac – tatsächlich Sohn von irgendwem. Bei den anderen Crewman muss das Macc ein Hinweis auf einen akademischen Titel sein. Es könnte, wie auf der Erde für Ingenieur, Doktor oder Professor stehen.
Bleibt noch die Hauptsprache an Bord, das alt Sumer. Es war mir bis vorm Arbeitsvertrag unbekannt. Minn sprich die komplizierte Sprache völlig akzentfrei. –
Vergleicht man alt Sumer mit den gängigsten Dialekten der U P C Standardsprache – Sumer – so gibt es keine Übereinstimmungen. Nehmen wir zum Beispiel das Wort: Arzt. Hier sagt man: Heiler. Das Wort dafür ist in den erwähnten U P C Sprachen: Ducun. Es wird mit Dc abgekürzt.« Am Gedankenende rieb sich Delune nachdenklich übers Gesicht. »Bevor ich die Sache weiter verfolge, muss ich den unauffindbaren Planeten Advenu finden. Wie es aussieht, komme ich ohne Minn's Hilfe kein Stück weiter. –«
Allein die Vorstellung, der aufgeblasene Dudelsack schleicht hier herum, ließ Wut in ihm aufsteigen. Kopfschüttelnd brachte er den Unwillen zum Ausdruck.
»… Soweit kommt es noch das ich, vor dem Schönling auf die Knie falle, bloß damit er die Koordinaten von dem Planeten herausrückt. … Nein! Nie und nimmer bitte ich den Freizeit-Captain um Hilfe. Ich finde Advenu!«, es klang entschlossen. »Obwohl einen Versuch ist es wert.« Am Satzende griente er hinterhältig. »Versagt der Pfefferkopf, kann ich ihn ja lautstark von der Brücke werfen. Und wenn er das Rätsel löst, bin ich das zeitraubende Problem los. Andererseits schaffe ich es allein, kann ich beim Eigner punkten.«
Während Delune den letzten Satz sprach, suchte er in den Citraa Datenbanken nochmals den Planeten Advenu. Bevor er darin abtauchte, boxte er mit einer zur Faust geballten Hand in die andere. Dabei sprach er zu sich: »Sire Eigner!, ich naives Greenhorn lasse mich nicht kleinkriegen. Und ich beweise Ihnen, dass ich fähig bin, das verseuchte Gebiet ohne Personenverluste zu durchqueren. Für die unauffindbare Lieferadresse habe ich auch eine Lösung. Hierfür bastele ich einen Planeten