Damit der Tölpel weiter in ihr Weltbild passt, bekam er neben den Dingen, die in den oberen U P C Kreisen angesagt sind, ein üppiges Taschengeld.
Er mimte den Braven. Die Appeldoms vergüteten es, indem sie ihm keine Drohnen zum Überwachen anhefteten. Und weil er allerhand nützliches Zeug für Haus und Hof zusammenschraubt, vertrauten sie ihm, wenn er im Keller herumwerkelt.
Sein Meisterstück ein Aiws Exoskelett fiel zwischen den Unmengen an Schrott nicht auf. Der fertiggestellte Syndroid glich ihm bis ins letzte Detail. Flex – sein zweites "Ich" – aktivierte er am Tag seines 17. Geburtstags. Der Zeitpunkt war perfekt gewählt. Er und die Appeldoms saßen auf gepackten Koffern, die vom U P C schickten ihre treu ergebenen Bediensteten für ein Jahr nach York – Nord Preton zur Weiterbildung. In einem großen Behältnis, es enthielt Delune's Heimwerker Ausrüstung, lag zu unterst sein Ebenbild: Flex.
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Während die Appeldoms im Hörsaal saßen, erkundete Delune mit Flex das nähere Umfeld von York. Einige Meilen hinter der Stadt gab es zwei U P C Straflager. Sie suchten noch Aufseher. Was besseres hätte Arun nicht passieren können. Ihm reizte es, in die Hochburg der Gewalt einzudringen. Jedoch wenn er sich dort bewirbt, würden sie ihm wegen seiner leiblichen Eltern ablehnen. Kurzum er brauchte Hilfe. Den Appeldoms tischte er deswegen ein phänomenales Märchen auf: »... Der Aufseher Job ist eine klasse Trainingsstätte für meine zukünftige freiwillige Akademiezeit.«
Die Zieheltern fanden die Idee gut. Er bewarb sich und ihre Position öffnete alle Türen im Straflager.
Delune jobbte nicht nur so aus Lust und Laune heraus, sondern er will den Tod seiner Eltern rächen. Gleichgesinnte, die der U P C auch in den blank polierten Arsch treten wollen, fand er in den Armenunterkünften von York.
Währenddessen er dort untertauchte und seine Freiheit genoss, vertrat ihm bei den Appeldoms das "Zweite Ich". Flex hielt ihm auf dem Laufenden und Delune trieb seinen Plan voran.
Gemeinsam mit den Kameraden erkundete er die Umgebung. Sie stromerten nicht einfach so herum, oh nein!, sie spionierten lohnende Ziele aus. Gab es fette Beute, verteilten sie es an Bedürftige.
Wegen schlechter Organisation gerieten sie mehrmals bei den Beutezügen in Gefahr. Es grenzte an Wunder, dass sie ohne Personenschaden von Einsätzen zurückkamen. Delune kam es so vor, als wenn eine schützende Hand über seine Jungs wacht. – Sie nannten es Glück. Aber er betrachtete die brenzligen Situationen als Vorgeschmack für das, was ihm demnächst an der Akademie bevorsteht.
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Mit 18 Jahren schickten ihn die Appeldoms auf den Planeten Vulkan an eine U P C Raumflotten Akademie. Delune wurde zu fünf Jahren verpflichtet und die Appeldoms erhielten im Gegenzug mehr Privilegien.
Ohne sein "Zweites Ich" hätte er die Akademie Drill Hölle nicht überlebt. Aber er gestand sich ein: »Es ist für unsere Untergrundarbeit nützlich.«
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Mit 23 Jahren, Delune hatte das Offizierspatent eben erst erhalten, verpflichteten ihn die vom U P C für den SAS – Special Air Service. Und kaum das die Unterschrift unter den unfreiwillig unterzeichneten Vertrag getrocknet war, schickte ihm die SAS mit einer Hundertschaft auf die Erde. Sie sollten in London ein Rebellennest zerschlagen.
Delune versorgte seine Truppe mit Fakten, sie schlossen sich den Untergrundgruppen an. Gemeinsam legten sie den Köder aus und zerstörten die SAS Basisstation. Es gab keine Überlebende. Unter den Opfern war der Offizier Matise Delune, die DNA einer gefundenen Gliedmaße bestätigte es.
Der beauftragte Genetiker zählte nach diesem Meisterwerk zu Delune's Gruppe.
Zeitgleich mit Delune's ehrenvollen SAS ausscheiden wendete sich das Blatt, und seine Truppe hatte Verluste. Den Grund suchte er zunächst in der Planung. Sie war durchdacht bis ins Detail. Als nächstes betrachtete er ihre Ausrüstung, sie war hervorragend. Und ihre Zielvorgaben entsprachen exakt ihrer Ausbildung. Jedoch ein Blick in die Personalbögen belehrte ihn eines Besseren. Seine Vorgesetzten – die vom Untergrund – hatten gravierende strategische Fehler begangen, die seine Gruppe im Einsatz zu spüren bekam.
In einer Einsatzbesprechung servierte Delune die Missstände: »Weil wir Personalprobleme haben, nehmen wir jeden bedenkenlos auf. Wir müssen sofort eine gründliche Sondierung vornehmen, und den oder die Maulwürfe aussortieren, sonst sind die unser Untergang.«
Sein anprangernder Atem war noch nicht verwirbelt, da trafen ihm bereits erzürnte Blicke. Ihre funkelnden Augen fühlten sich wie Schläge mit der Spießrute an. Die Gegenargumente, dass einige von denen ihr gesamtes erbeutetes Vermögen einbrachten, brannte auf Delune's erhitztem Gemüt wie Brandmarkungen.
Bisher hatte er nur an Aktionen teilgenommen, die gegen die Verschwendungssucht der U P C Günstlinge gerichtet waren. In Gedanken sah er sich schon in einem U P C Straflager. Delune zog seine Konsequenzen. »Das wird mir hier zu heiß.«
Die Untergrundleute wollten den hervorragend ausgebildeten Kämpfer und Schutzpatron nicht verlieren.
»Nimm eine achtwöchige Bedenkzeit und erlebe das Elend in einem Slum Bezirk am äußeren Rande von London. Danach verstehst du es.«
Ihr Gegenvorschlag war für Delune akzeptabel.
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Inzwischen vegetierte er über sechs Wochen inmitten des vom U P C erschaffenen Elends. In der Rolle eines vogelfreien hatte er gelernt, wie sich Hunger und Durst anfühlten. Oder wie es ist im eisigen Februar keine Bleibe zuhaben und jederzeit den Misshandlungen der Handlanger vom U P C ausgesetzt zu sein. Vorzeitig Aufgeben war keine Option für ihn.
Die eigene Haut konnte er verteidigen, anders sah es mit dem Hunger aus. Wie alle in der endlosen Schlange einer Suppenküche für mittellose hatte er tagelang nichts mehr an fester Nahrung in den Gedärmen.
Als Delune sich in Gedanken den ersten pampigen Happen gönnte, scharte die Schöpfkelle den Rest am Topfboden zusammen. Man reichte ihm den letzten Napf. Unwillkürlich blickte sich Delune um, hinter ihm stand eine Mutter, auf dem Arm hatte sie ein kleines kränkliches Kind. Obwohl der Hunger in ihm nagte, gab er den Napf der Mutter. Bevor sie begriff, was er getan hatte, und sie Danke sagen konnte, war er davon geschlichen.
Wenig später fischte er, wie in den Tagen zuvor, unten im Container Hafen mit einer Schnur und einem aus rostigen Draht gebogenen Haken. Er hockte auf einem feuchten Pappstapel und wartete verzweifelt, dass ein Fisch anbiss. Die vom Wind aufgewirbelte eisige Luft legte sich wie ein Tuch über ihn. …
Alsbald durchströmte Delune mollige Wärme. Die, so dachte er, kommt von meinem Nachtlager im Schnee Iglu.
Sanfte Klopfer an den Wangen zwangen ihm, die benommenen Augenlider zu heben. Er lag auf einer bequemen Liege. Direkt über ihm lächelte ein olivfarbenes Gesicht. Delune kannte den Typen, er war ein Kaufmann. Bei ihm hatte er hier im Büro eines Container Umschlagplatzes schon einmal was zu Essen bekommen.
Der Kaufmann Kerun Peshk, er war einer der wenigen vulkanischen Überlebenden, begutachtete sein Fundstück. Als er überzeugt war, an dem Halbgefrorenen bedurfte nichts einer Behandlung, reichte er eine warme köstlich duftende Suppe. Danach unterbreitete Peshk mit umschmeichelnden und werbenden Sätzen ein verlockendes Stellenangebot.
Allein der Umstand, dass es womöglich von einem der verhassten U P C Disputen kommen könnte, hielt Delune davon ab, den angebotenen Posten eines Raumschiff Captains anzunehmen.
Peshk wiederum versicherte, dass er ein unabhängiger Händler ist, dem die U P C gleichfalls zuwider ist.
Delune biss nicht an.
Pokerspieler nannte Peshk solche harten Brocken. Er hatte einen verfänglichen Vertrag, der schubst das Zünglein an der Waage in die gewünschte Richtung.
Die echten Papierblätter, es fasste sich edel an, legte er wortlos vor Delune. Just eine Sekunde später