Matise schlich von hinten an sie heran, sein Augenmerk huschte für einen Lidschlag zu Stella, gleichzeitig stolperte eine Stiefelspitze über etwas. Den Sturz konnte er gerade noch abfangen, aber seine rechte Hand landete auf einen Terminal, die Finger berührten einen Button. Von jetzt auf hier erschien dicht über seinem Kopf eine kleine 3-D Puffersphere. Der Cybord schnellte herum und feuerte grelle Strahlen aus den Pupillenschlitzen. Als sie auf dem 3-D Abbild aufschlugen, kam es sofort zu einer Phasenverschiebung, mit einem lauten blop verschluckte es die Pixel der Puffersphere.
Dem Trio blieb der Atem weg. In der Schrecksekunde sondierten die Cybord Facetten Augen die Umgebung. (Die Facetten sind um die Pupillenschlitze verteilt.) Von jetzt auf hier schlich sie mit katzenhafter Geschmeidigkeit näher zur Brücken Mitte. Den Kopf bewegte sie dazu langsam hin und her.
Das Trio war sich sicher: ihre spitzen Ohren haben bereits von der Beute die Herzschläge geortet. Aber ihre vor Erregung zuckende Nase sagte: Ich habe keine Übereinstimmung gefunden.
Einen Schnüffler später wischte sie sich aufgebracht mit den schmalen Handrücken über die humanoid aussehende Nase. Es sah aus: als wenn sie irgendwelche ablenkende Gerüche wegwischt. Zwei kräftige Nieser entsorgten es. Und beim nächsten Atemzug schwenkte der Kopf zu Sorels Barrikade. Ihrer Kehle entsprang ein einladender Lockruf. –
Schlagartig gefror Sorels Gesicht zu einer leblosen Grimasse. Er hasste diese hypnotischen Silben abgrundtief. Bis vor Sophies Ankunft, wurde er so vom Cybord zum Speichelfüttern gerufen.
›Durch das Weckmittel bist du immun gegen ihren Gesang und den Speichel. Hol sie dir!‹
Lennards mentale Stimme rüttelte Sorel wach. Unvermittelt ging er zu Boden und nahm die embryonale Haltung ein, seine Zunge schnalzte dabei unentwegt.
Sie antwortete auf derselben Art.
Sorel faltete sich langsam auseinander, und mit gesenktem Kopf stand er auf. Über seinen Lippen floss eine Art Silben-Sprechgesang.
Sie stimmte mit ein, und mit tänzelnden Schritten trat sie vor Sorel. Der Sprechgesang wurde schneller. Ihr Leib bebte, es sah aus, als wenn die schrägen Töne den Cybord in Ekstase versetzten.
Sorels Kopf schnellte hoch und sogleich schlichen sie eng umschlungen umeinander. … Mit einem Male blieben sie stehen und sie stülpte ihre Lippen über Sorels. –
Er sprach daraufhin mit klaren Worten in Lennards Geist: »Es will nur uns töten. An Matise hat sie kein Interesse. … Sag ihm, dass er sie bedenkenlos eliminieren kann. Es ist nur ein Duplikat!«
Genauso schnell, wie sie an Sorel klebte, löste sie sich wieder von ihm, und stattdessen schlichen sie wieder umeinander. … Einen viertel Liebesreigen später, lugte Matise aus seinem Versteck hervor. Sie fummelten aneinander herum. Der Cybord grapschte begehrlich mit den Krallen an Sorels Schritt. Er ließ es ohne Gefühlsregungen geschehen.
Matise stellte sich vor, an Sorels Stelle zu sein, ein Ekelgefühl rauschte über ihn hinweg. Er musste den Freund schnellstens von dieser Brut befreien. Nur wie? Sein Blick huschte über die Hauptbrücke. … »Ja!, das geht!«, sprach er zu sich.
Nicht all zu weit entfernt stand ein Werkzeugkoffer. Weil stets und ständig hier was wackelt, und die Techniker selbst nach mehrfachen Bitten keine Abhilfe schafften, legt die Brückencrew selber Hand an. Matise brauchte erst kürzlich einen langen Schraubendreher. Er robbte wie der geölte Blitz dorthin und griff Blindlings ins unterste Kofferfach. Ein kurzer messender Blick folgte. Sein Fokus wechselte vom Dreher zum Cybord Profil. »Könnte knapp werden«, flüsterte er sich in Gedanken zu. Am Satzende lag er Bauchseitig auf den Deckboden, den Dreher hatte er quer zwischen die Zahnreihen gesteckt. Nonstop robbte er zur Barrikade. … Und als er sich dahinter für den Angriff aufgerappelt hatte, stand Sorel mit dem Rücken zu ihm. »Dreh sie zu mir!«
Fast zeitgleich zu seinem Gedanken kam Sorel der Aufforderung nach. Im nächsten Augenblick sprang Matise wie ein Bulle, der nur noch rot sieht, auf den Klon Stella zu und rammte ihr den Schraubenzieher bis zum Schlag ins Kreuz. Sein Schwung war so gigantisch das er aalglatt und ungebremst durch ihr ansonsten widerstandsfähiges künstliches Fleisch sowie eine ihrer Rippen durchstieß, und erst im positronischen Herzen kam die Waffe zum stehen. –
Stinkendes kybernetisches Öl quoll aus der Einstichstelle, instinktiv ließ Matise den Griff los und sprang beiseite.
Der Cybord erstarrte, zeitgleich schoss aus der Einstichstelle ein Energiestrahl. Zischend schlug er auf die Barrikade von Matise ein, um Haaresbreite verfehlte es ihm. Am Einschlagpunkt entstand sofort ein Dimensionsriss, dahinein saugte es das Aufgestapelte. … Bevor die Cybord Augen starben, verschwand der Riss.
»Was zur Hölle war das?«, schrie Matise, er zeigte auf das am Boden liegende.
Sorel lachte bei der Frage dunkel, er teilte bis vor kurzem mit dem original Klon weit mehr als nur das Quartier. »Das war definitiv nicht meine Gefährtin.« – Lennard klopfte ihn mitfühlend auf die Schulter. – »Das vor uns liegende ist eine Cybord Kreatur der neuen Generation. Eine ihrer Spezialitäten sind Energiestrahlen, mit denen kann sie einen Übergang zu einer anderen Dimension öffnen«, in Sorels Tonfall lag ein Frösteln, »... Und wo eine ist, sind meist noch mehr.«
Auf die Feststellung hatte das nächste Biest anscheinend gewartet. Furchterregend fauchend machte es auf sich aufmerksam. Wie das Erste kam es aus dem Zugang der Rettungskapsel. Und im nächsten Moment schoss es durch die Verbindungsröhre. Punktgenau landete es auf dem Brückenboden vor der hüfthohen Luke. Ihre aufrecht stehende Gestalt glich exakt, der zuvor eliminierten Stella Kama.
Im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin hing sie an einen fetten Strang aus Silber Schlieren, und sie wusste sofort, wo sich die Beute versteckt. Sie setzte zum Sprung an, jählings starb die Anspannung. Ihr Kopf schoss herum, im Fokus lag das am Deckboden liegende Ebenbild. Ein heulender Laut brodelte über ihre Lefzen, und in die angespannte Arm Muskulatur kam Bewegung. Ihre Facetten schwenkten zu Sorel, im selben Moment spitzte sie die Lippen und feuerte eine Speichel Salve auf ihn.
Sorel konnte gerade noch ausweichen, jedoch irgendetwas an ihm zog den Speichel magisch an. Jeder einzelne Tropfen regnete auf ihn nieder und wo sie aufschlugen, wurde das fein gewebte Gitter sichtbar, es umspannte den gesamten Körper. Aus jeder Verästelung wuchsen in rasender Geschwindigkeit Unmengen silbrig schillernde Fäden. In ebendiesem Tempo hoben sie vom Gespinst ab, und in der Luft formatierten sie sich zu einem faustdicken Strang, dieser Zyklus wiederholte sich stetig.
Der Strang hangelte indessen in Richtung Cybord Klon, der den Schraubenzieher im Kreuz hatte.
Blankes Entsetzen lag in Lennards Gesicht. –
Der zweite Cybord Klon stand mit den Rücken zu Matise. Ein knapper Meter trennte sie voneinander. In den Händen hielt er ein Sesselunterteil. Er holte Schwung und raste auf sie zu. Sie drehte sich um, im selben Moment bretterte das Sesselunterteil in ihre Brust. Sie kippte nach hinten weg und blieb regungslos liegen, ihre Pupillenschlitze flackerten kurz, dann glimmten sie nur noch.
»Ja–a«, jubelte Matise. »Die ist erledigt.«
Lennard flitzte zu Sorel, dabei kam er an beiden Cybords vorbei.
»Negativ! Ich empfange von beiden kräftige Schwingungen. Entweder checken die Biester bloß ihr System oder sie warten darauf, dass wir sie aus dem Weg räumen wollen.« Er wandte sich zum Schwager um. Der blickte ihn müde an. »Vertrau deiner Kalab«, flüsterte Lennard in Gälisch.
Die Augenlider klappten zu.
Matise trat heran. »Soll ich ihn mit raus buhlen?«
»Oh nein nein. Berühre nicht das Gespinst.«
»Was ist mit ihm?«
Seine Kalab – sein Grips – legte ihm in eine Art Starre,