»Wenn er sich darauf fühlen läßt!«
»Wird mich doch nicht in die Finger beißen? Ist sonst noch etwas vorgekommen?«
»Ja.«
»Was?«
»Etwas sehr Wichtiges.«
»Dann heraus damit!«
»Ich habe das getan, wovor Ihr mich gestern warntet.«
»Weiß nicht, was Ihr meint. Habe Euch vor vielem gewarnt.«
»Grizzlybär.«
»Wie wo waaaaas? Etwa gar ein grauer Bär dagewesen?«
»Und was für einer!«
»Wo denn, wo? Ihr macht doch nur Spaß!«
»Fällt mir gar nicht ein. Da unten hinter dem Gebüsch im Walde. Hat den alten Bullen hineingeschafft.«
»Wirklich, wirklich? Alle Wetter, muß das grad dann passieren, wenn unsereiner nicht da ist! Hat es Tote gegeben?«
»Einen nämlich Rollins.«
»Und Ihr? Was habt Ihr getan? Habt Euch doch fern gehalten?«
»Ja.«
»Recht so! Möchte es aber fast nicht glauben.«
»Könnt es getrost glauben. Habe mich grad so fern von ihm gehalten, daß er mir nichts tun, ich ihm aber mein Messer viermal zwischen die Rippen stoßen konnte.«
»Seid Ihr gescheit! Habt ihn mit dem Messer angegriffen?«
»Ja. Hatte die Büchse nicht da.«
»Welch ein Kerl! Ein echtes, richtiges Greenhorn. Hat extra einen schweren Bärentöter mitgebracht, und nun der Bär kommt, schießt er mit dem Messer anstatt mit der Büchse. Sollte man so etwas für möglich halten? Wie ist es denn gekommen?«
»So, daß Rattler behauptet, ich hätte ihn nicht erlegt, sondern er.«
Ich erzählte ihm, wie sich der Vorgang abgespielt hatte, auch daß ich dann wieder mit Rattler zusammengeraten war.
»Mensch, Ihr seid wirklich ein ganz unglaublich leichtsinniger Kerl!« rief er aus. »Hat noch nie einen Grizzly gesehen und geht darauf los, als ob es sich um einen alten Pudelhund handelte! Ich muß mir das Tier ansehen, sofort ansehen. Kommt, Dick und Will! Ihr müßt doch auch sehen, was dieses Greenhorn hier abermals für dumme Streiche gemacht hat.« Er wollte fort, da aber in diesem Augenblicke Rattler wieder zu sich kam, wendete er sich zuvor an diesen:
»Hört, Mr. Rattler, ich habe Euch etwas mitzuteilen. Ihr habt abermals mit meinem jungen Freunde angebunden. Wenn Ihr dies noch einmal wagen solltet, so werde ich dafür sorgen, daß es überhaupt nicht wieder geschehen kann. Meine Geduld ist nun zu Ende. Merkt Euch das!«
Er entfernte sich mit Stone und Parker. Rattler machte ein grimmiges Gesicht, warf mir haßerfüllte Blicke zu, sagte aber nichts, doch war ihm anzusehen, daß er einer Mine glich, welche im nächsten Augenblicke platzen konnte.
Die beiden Indianer und Klekih-petra hatten sich in das Gras niedergelassen. Der Oberingenieur saß ihnen gegenüber, doch begannen sie ihre Unterhaltung noch nicht. Sie wollten die Rückkehr Sams abwarten, um zu hören, was für ein Urteil er abgeben werde. Er kam schon nach kurzer Zeit wieder und rief schon von weitem aus:
»Welch eine Dummheit ist es gewesen, auf den Grizzly zu schießen und dann zu fliehen. Wenn man ihm nicht standhalten will, so schießt man überhaupt nicht, sondern läßt ihn in Ruhe; dann tut er einem nichts. Dieser Rollins sieht gräßlich aus! Und wer soll den Bär erlegt haben?«
»Ich,« rief Rattler rasch.
»Ihr? Womit denn?«
»Mit meiner Kugel.«
»Well, das stimmt ist richtig.«
»Dachte es!«
»Ja, der Bär ist an einer Kugel gestorben.«
»Also gehört er mir. Hört ihr es, ihr Leute! Sam Hawkens hat sich für mich erklärt,« schrie Rattler triumphierend.
»Ja, für Euch. Eure Kugel ist ihm am Kopf vorbeigegangen und hat ihm ein Spitzchen vom Ohr weggenommen. Und an so einem Ohrenspitzchen stirbt so ein Grizzlybärchen natürlich auf der Stelle, hihihihi! Wenn es wirklich so ist, daß mehrere geschossen haben, so haben sie in ihrer Angst eben grad vorbeigeschossen; nur eine Kugel hat das Ohr gestreift; sonst ist keine Spur von einer Kugel vorhanden. Aber vier tüchtige Messerstiche sind da, zwei neben das Herz und zwei dann grad hinein. Wer aber hat gestochen?«
»Ich,« antwortete ich.
»Ihr allein?«
»Weiter niemand.«
»So gehört der Bär Euch. Das heißt, da wir eine Gesellschaft bilden, so ist der Pelz Euer, und das Fleisch gehört allen; aber Ihr habt zu bestimmen, wie es verteilt wird. Das ist so Brauch im wilden Westen. Was sagt Ihr nun dazu, Mr. Rattler?«
»Hol Euch der Teufel!«
Er ließ noch einige grimmige Flüche hören und ging dann zum Wagen, auf welchem das Brandyfass lag. Ich sah, daß er sich Branntwein in den Becher laufen ließ, und wußte, daß er nun so lange trinken würde, bis er nicht mehr konnte.
Diese Angelegenheit war nun geordnet, und so forderte Bancroft den Häuptling der Apachen auf, seinen Wunsch vorzutragen.
»Es ist kein Wunsch, sondern ein Befehl, welchen ich aussprechen will,« antwortete Intschu tschuna stolz.
»Wir nehmen keine Befehle an,« versicherte der Oberingenieur ebenso stolz.
Über das Gesicht des Häuptlings wollte es wie Ärger gleiten; er beherrschte sich aber und sagte in ruhigem Tone:
»Mein weißer Bruder mag mir einige Fragen beantworten und mir dabei die Wahrheit sagen. Hat er ein Haus da, wo er wohnt?«
»Ja.«
»Und einen Garten daran?«
»Ja.«
»Wenn nun der Nachbar einen Weg durch diesen Garten bauen wollte, würde das mein Bruder dulden?«
»Nein.«
»Die Länder jenseits der Felsenberge und im Osten des Mississippi gehören den Bleichgesichtern. Was würden diese dazu sagen, wenn die Indianer kämen und dort eiserne Pfade bauen wollten?«
»Sie würden sie fortjagen.«
»Mein Bruder hat die Wahrheit gesprochen. Nun aber kommen die Bleichgesichter hierher in dieses Land, welches uns gehört; sie fangen uns die Mustangs fort, sie töten unsre Büffel; sie suchen bei uns Gold und edle Steine. Nun wollen sie gar einen langen, langen Weg bauen, auf dem ihr Feuerroß laufen soll. Auf diesem Wege kommen dann immer mehr Bleichgesichter, welche über uns herfallen und uns auch noch das Wenige nehmen, was man uns gelassen hat. Was werden wir dazu sagen?«
Bancroft schwieg.
»Haben wir etwa weniger Recht als ihr? Ihr nennt euch Christen und sprecht immerfort von Liebe. Dabei aber sagt ihr: ihr könnt uns bestehlen und berauben; wir aber müssen ehrlich gegen euch sein. Ist das Liebe? Ihr sagt, euer Gott sei der gute Vater aller roten und aller weißen Menschen. Ist er nun unser Stiefvater, dagegen euer richtiger Vater? Gehörte nicht das ganze Land den roten Männern? Man hat es uns genommen. Was haben wir dafür bekommen? Elend, Elend und Elend! Ihr jagt uns immer weiter zurück und drängt uns immer weiter zusammen, so daß wir in kurzer Zeit elendiglich ersticken werden. Warum tut ihr das? Etwa aus Not, weil ihr keinen Raum mehr habt? Nein, sondern aus Habgier, denn in euern Ländern ist noch Platz für viele, viele Millionen. Jeder von euch möchte einen ganzen Staat, ein ganzes Land besitzen; der Rote aber, der wirkliche Eigentümer, darf nicht haben, wohin er sein Haupt zur Ruhe legt. Klekih-petra, welcher hier neben mir sitzt, hat mir von euerm heiligen Buche