Die weder See noch trocknes Land erschien,
Versank er fast in jener dichten Masse
Halb schreitend und halb fliegend, um zugleich
Die Ruder und die Segel zu gebrauchen.
Wie wenn ein Greif in schnellem Flügellauf
Hoch über Hügel und durch sumpfig Tal
Dem Arimaspen folgt, der seiner Hut
Heimlich vertrautes Gold entwendete:
So wild verfolgt der Satan seinen Weg
Durch Moor und über Berge, Schlucht und Heide,
Mit Haupt und Händen, Flügeln oder Füßen,
Er schwimmt und sinkt, er wadet oder fliegt,
Bis endlich an sein Ohr ein wild Getös
Gemischter Töne wie verworrner Stimmen
Mit Heftigkeit durch's hohle Dunkel dringt.
Dort eilt er hin, um ungeschreckt zu forschen,
Was für ein Geist des allertiefsten Schlundes
In diesem Lärme haust, um ihn zu fragen,
Wo er des Dunkels nächste Küste treffe,
Die an das Lichtmeer grenzt. Da plötzlich sieht
Er jenen Thron des Chaos und das Zelt,
Das dunkel über öder Tiefe gähnt.
Bei ihm saß auf dem Thron in schwarzem Kleid
Die Nacht, das älteste von allen Dingen,
Die Teilerin seines Reichs, und dabei standen
Orkus und Hades, und das Schreckensbild
Von Demogorgon. Zufall und Gerücht,
Aufruhr, Verwirrung standen um sie her,
Und Zwietracht mit den tausendfachen Zungen.
Zu ihnen wandt' sich Satan kecklich so:
»Ihr Mächt' und Geister dieses tiefen Schlundes,
Chaos und alte Nacht, ich komme nicht,
Als Späher, in der Absicht, eures Reichs
Geheimnis zu ergründen und zu stören,
Nein, nur gezwungen wandl' ich durch die dunkle
Und wüste Gegend, da mich just mein Weg
Zum Licht hierher führt, wo ihr herrschend thront.
Allein und ohne Führer, halb verloren
Such' ich den Pfad dahin, wo euer Reich
An's Licht des Himmels grenzt. Ja gibt es einen
Noch andern Raum, der Euch entrückt, und jüngst
Vom Himmelskönig in Besitz genommen,
So geht mein Weg durch diese Tiefe hin;
Zeigt mir den Weg und wenn ihr dieses tut,
Wird euch kein schlechter Lohn dafür, denn wieder
Einnehmen will ich das verlorne Reich,
Wenn ich die Anmaßung des Herrn vertilgt,
Und in ursprünglich Dunkel wieder führen,
Und was der Reise Ziel, auf's Neu' das Banner
Der alten Nacht noch einmal dort errichten.
Euch sei der Vorteil, mein die Rache nur.«
Also sprach Satan, und Erwiderung gab
Ihm der Anarch betreten und nur stammelnd:
»Wohl weiß ich Fremdling wer Du bist, der Engel
Gewalt'ges Haupt, der jüngst dem Himmelskönig
Sich widersetzt und dann vernichtet ward.
Ich sah und hört es, denn solch zahlreich Heer
Wie Deines, floh nicht schweigend durch die Tiefen,
Mit Sturz auf Sturz, Zerrüttung auf Zerrüttung,
Verwirrung, die sich ärger noch verwirrt,
Da aus den Himmelspforten Millionen
Siegreicher Horden euch verfolgten. Hier
Auf meinen Grenzen halt' ich meinen Sitz,
Ob mir's gelingt, das Wenige, was mir blieb,
Zu schirmen, das durch Euern innern Zwist
Stets angegriffen ward, wodurch das Zepter
Der alten Nacht noch mehr geschwächt. Zuerst
Verlor die Höll' ich, euern Kerker, der
Sich unten weit und breit erstreckt und jüngst
Noch Erd' und Himmel, eine neue Welt,
Die über meinem Reiche hängt, geschmiedet
An goldne Ketten, an des Himmels Seite,
Wo eure Legionen niederstürzten: –
Geht dort Dein Gang hin, hast Du nicht mehr weit,
Und näher die Gefahr. Beeile Dich;
Verwüstung, Raub und Sturz sind mein Gewinn.«
Er schwieg; und Satan stand nicht Antwort ihm,
Sprang aufwärts, hocherfreut, daß auf einmal
Sein Meer ein Ufer finden sollte, frisch
Und mit erneuter Kraft und Munterkeit
Gleich einer Feuerpyramide nach dem Raum
Und schlägt sich durch der Elemente Kampf,
Die ihn umringten, seinen Weg hindurch;
Gefährlicher und enger war die Bahn,
Als wie die Argo sie bestanden einst,
Da sie durch Felsen fuhr im Bosporus, –
Und wie Ulysses die Charybdis mied
Und auch vorbei der Scilla steuerte:
So mühsam setzt er seine Reise fort
Mit harter Schwierigkeit, doch als er endlich
Hindurch gedrungen, welch ein eigner Wechsel
Erschien auf einmal nach des Menschen Fall:
Denn Tod und Sünde folgten seiner Spur
Mit aller Macht, so war's des Himmels Wille,
Und bahnten hinter ihm bequemen Weg
Durch jenen finstern Schlund, des’ wilder Golf
Geduldig eine Brücke schlagen ließ
Von wunderbarer Länge, die sich stracks
Bis zu dem Außenring der Erde dehnt.
Auf dieser wandeln die gefallnen Geister
Gemächlich hin und her, um bald die Menschen
Zu locken, bald zu strafen, wenn nicht Gott
Und Engel sie besonders gnädig schirmen.
Jedoch zuletzt erscheint der heil'ge Strom
Des Lichts, und flutet von den Himmelsmauern
Bis in den Busen jener dunkeln Nacht
Mit Dämmerschein; und hier beginnt zuerst
Die fernste Grenze der Natur, – es weicht
Zurück das Chaos, wie ein Feind geschlagen
Aus seinen Schanzen wird; auch das Getöse