Fort Vogelsang nach der Fertigstellung unweit des Ufers der Bucht Angra Pequena Aller Anfang war damals sehr schwer.
Quelle : Längin B.: Die deutschen Kolonien, In Treue fest, Deutsch Südwest
Zurück zur Landung des Handelsbevollmächtigten Vogelsang aus dem Hause Lüderitz in der Bucht von Angra Pequena. Herr Vogelsang hatte nach der Landung seine Mannschaft sofort angewiesen, eine vorgefertigte Faktorei – in der Art eines Tante-Emma-Ladens – zu bauen, damit er mit den dort lebenden Eingeborenen in den Tauschhandel treten konnte und nannte die Gebäude „Fort Vogelsang“.
Bald danach unternahm Herr Vogelsang einen fünftägigen Ritt ins Bethanierland, um dem Häuptling der Bethanier-Hottentotten einen Besuch abzustatten. Vermutlich hatten es die Geschenke des Herrn Vogelsang dem Kapitän der Bethanier-Hottentotten angetan, so dass beide in eine euphorische Stimmung kamen und sich während der Verhandlungen über Landerwerb einigten, dass Herr Vogelsang neben der gesamten Angra-Pequena-Bucht den dazugehörigen Küstenstreifen in Besitz der Firma Adolf Lüderitz nehmen durfte. Das geschah am 1. Mai 1883. Aber schon im August 1883 kam es zu einer zweiten Begegnung mit Kapitän Josef Fredericks. Bei diesem Landerwerbsvertrag vergrößerte sich der Lüderitz’sche Besitz beachtlich, immerhin vom Oranjefluss bis in den Norden zum 26. Breitengrad Süd und einer Breite ins Landesinnere von 20 geographischen Landmeilen, das hieß ca. 150 km. Der Preis für den Tausch waren Waren im Wert von 100 britischen Pfund Sterling und 200 Gewehre.
Doch, noch war es ja nicht deutsches Staatsgebiet. Adolf Lüderitz ersuchte Reichskanzler von Bismarck um den Schutz durch das Deutsche Reich.
Handschriftliches Telegramm von Reichskanzler von Bismarck an den Konsul Herrn Lippert in Kapstadt vom 24.April 1884
Quelle: Bernd G. Längin: Die deutschen Kolonien...,Verlag E. S. Mittler & Sohn, Hamburg, 2005, Seite 12
Die preußischen Herren Beamten in Berlin ließen sich wieder einmal unendlich viel Zeit. Diese brennende Angelegenheit sollte sich leider wieder ein ganzes Jahr hinziehen.
Kapitän Joseph Frederiks, der Häuptling der Bethanierhottentotten und Geschäftspartner von Herrn Vogelsang
Quelle: Längli, B., Die deutschen Kolonien, In Treue fest, Deutsch-Südwest, Seite 110
Da der britische Kolonialminister Lord Derby unterdessen die Kapkolonie zu Maßnahmen ermutigte, Adolf Lüderitz’ Landerwerb gewaltsam rückgängig zu machen und dieses dem Reichskanzler zu Ohren kam, war Schluss mit lustig. Der Reichskanzler wurde am 3. Juni 1884 durch den Konsul Lippert in Kapstadt von dem „Ränkespiel“ der Briten, die südwestafrikanische Küste von der Mündung des Oranjeflusses bis südlich von Walvish Bay zu annektieren, über den Korvettenkapitän Aschenborn, Kommandant des Kreuzer SMS „NAUTILUS“, gewarnt, woraufhin die SMS „NAUTILUS“ sofort zur Sondierung der Lage nach Angra Pequena entsandt wurde. Weiterhin sendete er ein Kabelgramm an den Konsul Lippert, in dem dieser aufgefordert wurde, der Kapregierung mitzuteilen, dass dieser Landerwerb des Herrn Lüderitz ab sofort unter dem Schutz des Deutschen Reiches gestellt wird.
Damit hatte die Geburtsstunde des deutschen Kolonialreiches geschlagen. Auf Anweisung des Reichskanzlers setzte daraufhin die Marineleitung am 21. Juni 1884 die gedeckte Korvette SMS „ELISABETH“, ein Kadettenschulschiff, mit Kurs Südatlantik in Marsch, mit dem Befehl, sich im Verein mit der auf der Heimreise von Ostasien befindlichen gedeckten Korvette SMS „LEIPZIG“ und dem bereits im Südatlantik befindlichen Kanonenboot, SMS „WOLF“, an der südwestafrikanischen Küste zu vereinen und den Küstenstreifen zwischen Oranjefluss und Angola endgültig in deutschen Besitz zu nehmen und einer britischen Annexion zuvorzukommen.
Korvette SMS „LEIPZIG“
Quelle : Längin B.: Die deutschen Kolonien, In Treue fest, Deutsch Südwest
Das denkwürdige Ereignis der offiziellen Flaggenhissung in der Bucht von Angra Pequena fand am 7. August 1884 statt. Der feierliche Hoheitsakt wurde von den Besatzungen der Korvetten SMS „LEIPZIG“ und SMS „ELISABETH“ vollzogen.
Dieser Hoheitsakt brachte großes Aufsehen in der in- und ausländischen Presse, löste aber Begeisterung im deutschen Volk aus, aber auch einen beträchtlichen außenpolitischen Wirbel, besonders mit dem britischen Empire (vergleiche Walter Nuhn, Kolonialpolitik und Marine Seite 46, 47).
Kapitän zur See Raven von SMS Kanonenboot „WOLF“ bekam auch noch den Auftrag, im Rahmen einer kühnen Überraschungsaktion vom Nordufer der Swakopmündung bis an die Grenze von portugiesisch Angola an markanten Punkten deutsche Hoheitspfähle in den Boden zu schlagen. Dieser Coup war gelungen. Lüderitz hatte bereits zu diesem Zeitpunkt vom Topnaarkapitän Piet Haibib weiteres Land in den Grenzen der Breitengrade 22° bis 26° Süd Land für 20 britische Pfund Sterling erworben. Schon im September erkannte die britische Krone die deutsche Schutzherrschaft an. (vergl.: In Treue fest Deutsch-Südwest, Seite 111).
So sah der Zeichner damals das Ereignis der Kolonialgründung in
Südwestafrika
Quelle: Walter Nuhn, Kolonialpolitik und Marine, Bernhard & Graefe Verlag, Bonn, 2002, Seite 347
Eigentlich wäre ich jetzt mit der Nachhilfe im Geschichtsunterricht aus dem Kaiserreich am Ende. Doch nicht ganz. Es sollte noch einmal interessant werden mit dem Fortgang dieser Geschichte.
Quelle : Längin B.: Die deutschen Kolonien, In Treue fest, Deutsch Südwest
Herr Lüderitz klotzte ran, seine Leute errichteten in Aus, Kuibis und Bethanien eine Faktorei nach der anderen. Sie schlossen Kaufverträge ab und erwarben Minenrechte in geographisch grob und unklar begrenzen Gebieten. Lüderitz’ Agent Koch erwarb von dem Afrikaaner-Kapitän Jan Jonker den Platz Windhuk und das dazugehörige Weideland mit Ausnahme der Privatrechte des Stammes für 100 brit. Pfund Sterling. Das heißt, er hatte jetzt Landerwerb im Überfluss, aber auch gleichzeitig ein total verkorkstes Geschäft. Er war eigentlich pleite.
Angereiste Mineningenieure und Geologen fanden absolut keine abbauwürdigen Bodenschätze, kein Gold, kein Kupfer, kein Silber, kein Blei und keine Kohle, nur Sand bis Walvish Bay. Der Tauschhandel mit den Eingeborenen lohnte sich sowieso nicht. Irgendwann hatte er 1885 rund eine Million Goldmark in seinen afrikanischen Landbesitz gesteckt. Und als dann auch noch seine Brigg „TILLY“ aus Deutschland kommend mit teuren Bohrmaschinen an Bord in der Einfahrt der Angra-Pequena-Bucht auf dem Angra-Riff auflief, Wasser machte und sank, da sank auch der gute Stern des Adolf Lüderitz. Seiner Firma ging die Puste aus, und er verkaufte im April 1885 große Teile seiner Besitzungen mit den dazugehörigen Minenrechten an die Deutsche Kolonialgesellschaft für Südwestafrika. Den neuen Herren der alten Erde wurde von Berlin aus die Landeshoheit übertragen. Adolf Lüderitz, der hanseatische Großkaufmann aus Bremen, gab trotzdem nicht auf.