Im Netz der Gedanken. Stefan Heidenreich. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Stefan Heidenreich
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738091038
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ich da unten verpasst hätte.

      Ich hörte Birnbaum bereits fragen, ‚Von welchem Keller sprechen Sie? Ich weiß nicht, was Sie meinen.‘ Das hatte er versucht mir klarzumachen, während ich im Mövenpick meine Überraschung mit einem Cognac runterspülte.

      Also willigte ich ein.

      „Schön“ erwiderte Schwarzenbeck „Sie werden feststellen, dass es die richtige Entscheidung war. Ich schlage vor, dass wir uns morgen früh um 9.00 Uhr wiedersehen. Dann werden wir auch die Gelegenheit haben, Ihnen die komplette Einrichtung zu zeigen.“

      Er wandte sich zu Birnbaum und fragte „Reinhard würdest du unseren Gast bitte wieder zu seinem Auto bringen?“

      Birnbaum schaute auf die Uhr. „Ja, ich glaube es wird langsam Zeit für uns.“

      Auch mein Blick ging in Richtung meines Handgelenks, und ich stellte fest, dass es inzwischen 16.30 Uhr war. Gleichzeitig mit meinem Magen fiel mir ein, dass ich seit heute früh noch nichts gegessen hatte.

      Wir waren bereits an der Tür, als sich Schwarzenbeck noch einmal an mich wandte. „Ich brauche sicherlich nicht zu erwähnen, dass alles was Sie heute gesehen und erlebt haben, dieses Gebäude nie verlassen darf.“

      ‚Der muss mich wirklich für blöd halten‘ dachte ich bei mir, wie er mich fast schon mitleidig aufforderte.

      „Und bitte lassen sie morgen diesen scheußlichen Anzug weg. Wir bevorzugen hier alle etwas Lockeres.“

      „Ich weiß was Sie meinen“, erwiderte ich und musterte Birnbaum in seinem Managerzwirn demonstrativ. Diesmal hatte ich die Lacher auf meiner Seite. Also, es ging doch 1:1.

      Auf dem Weg zu meinem Auto, welches ich an diesem Morgen in einer Tiefgarage am Kurfürsten Damm zurückließ, sprachen wir nicht ein einziges Wort.

      Ich betrachtete die Fußgänger, die es anscheinend alle eilig hatten nach Hause zu kommen. Wie immer zu dieser Uhrzeit waren die Straßen wieder einmal restlos verstopft, sodass wir nur langsam vorankamen.

      Ich genoss in diesem Moment unser Schweigen genauso, wie ich es verabscheute. Ich hatte noch so viele Fragen, aber konnte sie nicht stellen. Noch nicht. Morgen würde ich sie stellen, schwor ich mir. Morgen würde ich mich nicht länger vertrösten lassen.

      Unsere Fahrt dauerte volle 30 Minuten. Endlose 30 Minuten. Ich ertappte mich dabei, dass ich bereits zum vierten Mal mein Bargeld überprüfte und hoffte, dass es für die aufgelaufene Parkgebühr reichen würde. (Man sollte diese Parkhaus-Betreiber für ihre Preise alle vor Gericht stellen und der Wegelagerei bezichtigen. Ein paar Jahre als Galeerensklaven würde denen bestimmt guttun.)

      Ich hatte Glück. Offensichtlich war wieder einmal die Schranke an der Ausfahrt defekt. Ein Umstand, der mir bereits auffiel, bevor mich Birnbaum ein paar Meter davon entfernt aussteigen ließ und mir mitteilte, dass er mich am nächsten Tag um 8:45 Uhr vor den Arkaden treffen wollte.

      Ich stieg in mein Auto und stellte fest, dass die Schranke immer noch senkrecht stand. ‚Nun, heute sind diese Wegelagerer noch einmal ungeschoren davon gekommen‘, dachte ich so bei mir und verließ die Garagen mit einem fröhlichen Pfeifen auf den Lippen.

      Ich fuhr direkt in meine Firma, in der Hoffnung noch jemanden anzutreffen. Aber in Anbetracht der Tatsache, dass es bereits kurz nach 18:00 Uhr war, sollte sich dieser Wunsch nicht erfüllen. Ich ging in mein Büro und riss im Vorbeigehen noch ein paar Notizen von der Wand, die für mich neben der Tür platziert worden waren.

      Der erste Zettel enthielt eine Auflistung von Arbeitsmaterialien, die dringend benötigt wurden, die zweite Notiz betraf die Schulungsunterlagen der letzten Woche, die ich normalerweise immer sofort meinen Mitarbeitern zur Verfügung stellte, wenn ich frisch geschult (und endlos motiviert) von einem Seminar kam.

      Diesmal hatte ich sie mit nach Hause genommen, um sie dort zu studieren. Lieber hätte ich an ihrer Stelle ein spannendes Buch gelesen, aber zurzeit war nichts Interessantes auf dem Markt, und mein vermeintliches Gespräch mit Birnbaum hatte Vorrang.

      Als Letztes las ich eine Mitteilung, der ich entnahm, dass Klaus den ganzen Tag über versuchte mich zu erreichen. Ich nahm den Hörer ab und begann seine Nummer zu wählen. Kurz vor der letzten Zahl fiel mir auf, dass ich eigentlich nicht wusste, was ich ihm überhaupt sagen sollte.

      Ich legte den Hörer zurück, um mir eine passende Geschichte für ihn auszudenken. Ich wusste, es wäre das erste Mal, dass ich ihn belügen würde. Aber ich hatte immer noch das Bild vor Augen, wie ich mit beiden Händen voller Banknoten lachend um den am Boden liegenden Mike Tyson tanzte.

      In diesem Augenblick klingelte das Telefon und die Realität holte mich wieder ein. Noch, bevor ich mich melden konnte, hörte ich den vorwurfsvollen Ton von Klaus.

      „Wo hast du dich den ganzen Tag herumgetrieben? Ich versuche schon seit Stunden dich zu erreichen. Was war nun? Was wollte Birnbaum?“

      Ich entschied mich dafür, mich mit Klaus in einem Restaurant zu verabreden, und hoffte bis dahin eine passende Geschichte für ihn parat zu haben.

      „20:00 Uhr in dem Restaurant mit den Mammut-Eisbeinen. Ich kann dir dann erzählen, was so los war.“

      „OK Du zahlst“, drang es in mein Ohr. Klaus hatte bereits wieder aufgelegt.

      ‚Was bildet der sich ein? Der lässt sich diese Woche schon zum zweiten Mal einladen. Hält der mich für Krösus? ‘

      Ich hinterließ meinen Mitarbeitern eine Liste mit Anweisungen für die nächsten Tage und versprach, ihnen die Schulungsunterlagen zukommen zu lassen. In besonderen Fällen könnten sie sich auch an Klaus wenden. (Wir hatten oft genug die Situation erlebt, dass Mitarbeiter des einen, in der Firma des anderen anriefen und um Hilfe baten, wenn sie ein Problem hatten, und der jeweilige Chef nicht erreichbar war. Und das war auch gut so. Ich glaube jeder von uns braucht seinen Klaus. Im Gegenzug wusste er, dass ich im umgekehrten Fall auch immer bereit war, mein Bestes zu geben.)

      Ich selbst hätte ein paar persönliche Dinge zu erledigen, schrieb ich und sie sollten die Zeit ohne den ‚Alten‘ einfach genießen. Ich streute noch ein paar Begriffe wie ‚vollstes Vertrauen‘, ‚Zuverlässigkeit‘ usw. mit ein und verließ das Büro in Richtung Heimat.

      Dort eingetroffen führte mich mein erster Weg zum Spiegel neben dem Telefon. (Ich möchte mal wissen, was die alle gegen diesen Anzug haben.) Dann ging es ins Bad, ins Schlafzimmer und nach 20 Minuten fühlte ich mich wie ein neuer Mensch.

      Na sagen wir mal wie ein gut gebrauchter.

      Wie sagte Schwarzenbeck? Lockere Kleidung. Da ich nur zum Essen gehen wollte, wählte ich eine einfache Stoffhose und ein Sweatshirt.

      Immer noch grübelte ich darüber nach, was ich Klaus erzählen sollte. Aber wahrscheinlich gab es nichts, was meine lange Abwesenheit vor ihm zu rechtfertigen in der Lage wäre.

      ‚Na mal sehen, wie der Abend so läuft.’ Dachte ich mir.

      Schließlich bin ich seit Jahren in meinem Bekanntenkreis als kreativer Mensch bekannt. Da sollte es mir möglich sein, eine entsprechende Story zu entwerfen. Außerdem war ich auch immer derjenige, der zu irgendwelchen Anlässen auf Kommando ein kleines Gedicht in den Raum warf, oder die lose Kegeltruppe, in der wir uns einmal monatlich trafen, mit einer selbst gemachten Kegel-Zeitung überraschte.

      Eines Tages, so nahm ich mir schon damals vor, werde ich ein Buch schreiben. Aber ob es tatsächlich jemals dazu kommt?

      Jetzt war erst einmal ein Abendessen mit Klaus angesetzt und ich hatte einen Bärenhunger. Autoschlüssel gegriffen und ab ins Restaurant.

      Klaus war bei meinem Eintreffen, bereits durchs Fenster hindurch zu erkennen, wo er gerade wild mit dem Ober lamentierte.

      Ich