Doch zurück zur Geschichte die ich Dir erzählen will: An einem warmen Vormittag war ich bei ihr eingetroffen und wir haben gemeinsam etwas Gebratenes gegessen. Natürlich nicht die beste Küche die unser Städtchen zu bieten hat, aber doch dezent gewürzt und auch die Mengen waren ansehnlich. Ich war auf jeden Fall zufrieden und habe deshalb ein Verdauungsnickerchen auf der Fensterbank gemacht. Genau wie beim Menschen regelt eine „innere Uhr“ den Schlaf- und Aktiv-Rhythmus. Hormone wie Adenosin oder Melatonin werden vom Gehirn ausgeschüttet und regeln so unser Verlangen nach Schlaf. Forscher wollen ermittelt haben, dass Hunde 10 Stunden Schlaf brauchen; Pferde, Schafe und Rinder sollen mit 4 Stunden auskommen und uns Katzen werden 13 Stunden Schlaf untergejubelt. Der Schlaf der Tiere ist jedoch nicht am Stück, sondern aufgesplittert und richtet sich nach Faktoren wie mögliches Gefahrenpotential, Lichtverhältnissen, Ernährungsgegebenheiten und aktuellem Zustand des Körpers. Auch das Alter soll eine Rolle spielen. Da jüngere Tiere noch viel zu lernen haben und auch im Wachstum begriffen sind, ist dies besonders anstrengend, was zu erhöhtem Schlafbedürfnis führt. Die sogenannten „Alten Hasen“ beurteilen Situationen sehr rasch, entspannter und brauchen auch weniger Schlaf. Die zwei Schlafphasen des Menschen gibt es auch bei uns Tieren. Da ist zunächst der „REM-Schlaf“, mit schnellen Augenbewegungen (Coon: „REM=Rapid Eye Movement), Zuckungen, Laufbewegungen und oftmals auch Lautäußerungen werden dadurch hervorgerufen, dass nach der Entspannung der Muskeln die Traumerlebnisse nicht durch Körperaktivitäten aufgefangen werden können. Die folgende Non-REM-Phase bewegt sich zwischen Leicht- und Tiefschlafphasen und auch hierbei können wir träumen, wenn auch nicht so plastisch wie beim REM. Ich schlafe friedlich und mit reinem Gewissen und habe sogar von meiner Katzenfreundin Natasha geträumt, als mich plötzlich aus meinen berauschenden Träumen ein lauter Knall herausgerissen hat. Ich bin vor Schreck irritiert aufgespritzt und ein hämisch, lachender Alexander, der cholerische Ehemann von Elke steht vor mir und hat eine zerborstene Papiertüte in der Hand. Einen Augenblick muss ich den Schreck verdauen, bevor mir die Ablauffolge klar wird: Ich habe friedlich geschlafen und der Kerl hat mich schlafen gesehen, eine leere Papiertüte vom Bäcker genommen, Luft hineingeblasen, die Tütenöffnung zugehalten und dann fest in den Händen zerplatzen lassen.
Knalltüte denke ich mir und trolle mich in einen anderen Raum, verfolgt vom hämischen, niederträchtigen Lachen Alexanders. Ich verhalte mich absolut unauffällig und bin nicht mehr zu sehen. Als sich dann Alexander über Beate im Schlafzimmer hermacht, bin ich vorsichtig hineingeschlichen und habe mir dann die Straßen-Halbschuhe von Alexander, einen nach dem anderen geholt. Wieder einmal ist es mein Glück dass ich durch das Umklammern von Türschlingen und danach nach innen ziehen, Türen leicht öffnen kann. Durch die geöffnete Türe bin ich dann mit den Schuhen aus dem Haus gelaufen. Dann ziehe ich die Türe wieder ins Schloss, denn schließlich soll ja keine Möglichkeit bestehen, dass ein Unbefugter ins Haus eindringt. Jetzt stehe ich da mit den zwei Schuhen. Einen Lederschuh habe ich mit aufs Dach geschleppt und dort in die Dachrinne von Beates Haus gezerrt. Der andere Schuh wurde von mir mitgenommen und endete zwischen den Metallöffnungen einer Armatur zum Schutze von Filtereimern im Straßenbereich. Es steht so schön: „Guss-Armaturenwerk, Q DIN 1207“ für den Hersteller drauf, aber so ganz durchdacht scheinen mir die Abstände zwischen den einzelnen Metallstreben nicht zu sein. Vielleicht sollte man den Produzenten einmal empfehlen mindestens 5 bis 6 Millimeter mehr Öffnungsbreite zu planen, denn es ist ganz schön kraftraubend so einen Lederschuhe dort durchzudrücken. Aber dafür ist er danach so gut wie unsichtbar, denn wer schaut schon von oben hinein? Bestimmt werden erst in einigen Monaten die Straßenhandwerker die Plastik- oder Metallfilter der Gullys entleeren. Dann werden die aber schön überrascht sein einen Lederschuh im Filtereimer vorzufinden. Zufrieden bin ich dann weiter durch mein Refugium marschiert, denn sie hastige Suche die Alexander in einigen Stunden an den Tag legen wird, kann ich mir getrost ersparen. Vielleicht lernt es der gemeine Kerl auf diese Art und Weise, dass man friedliche, schlafende Kater, besser nicht mit knallenden Papiertüten erschrecken sollte? Interessiert hätte es mich schon ein wenig, ob Alexander noch irgendwo in seinem Auto ein Ersatzpaar Schuhe liegen hat, denn sonst muss er mit Strümpfen durch das Städtchen nach Hause kommen. Auch die Erklärungen seiner Frau gegenüber bei welcher Gelegenheit er denn seine Straßenschuhe eingebüsst hat, wären bestimmt interessant und eines Freiherrn von Münchhausen würdig.
13: Melanie und Alexa:
An einigen Tagen in Jahr bin ich auch jenseits der Hauptstraße, im anderen Teil unseres Städtchens unterwegs, auch wenn es nicht zu meinem Gebiet gehört. Als ich dort einige Gärten durchstreife, bemerke ich ein Häuschen mit einem großen, geöffneten Wintergarten, der den ungehinderten Blick ins Hausinnere zulässt. Was man noch nicht kennt, muss man erkunden und so stehe ich schon nach kurzer Zeit im Wohnzimmer des Hauses, wo es sich auf einer roten Couch, eine junge, brünette Dame bequem gemacht hat. „Ja, Katerchen, wer bist du denn“? werde ich gefragt. Ich miaue und stelle mich so als: „Coon“ vor. Die Brünette lacht: „Ich bin Melanie und werde mal schauen ob ich für ein so hübsches Katerchen etwas im Kühlschrank habe. Kannst dich ruhig hierher setzen“. Dabei tätschelt sie mehrfach mit der flachen Hand auf die Couch.
Als Gast gilt es natürlich solchen Wünschen Rechnung zu tragen und nach kurzer Zeit sitze ich auf der Couch und kann direkt auf einen Fernseher sehen, in dem Verkaufsartikel angeboten werden. Als Melanie in die Küche geht, schaue ich mich weiter im Raum um. Viele weiße Schränke und Regale im Raum. Die Couch und der Tisch sind mit einem roten Überzug versehen. Auch die Bilder an der Wand haben einen roten Rahmen und auf dem Boden steht ein roter, zylindrischer Gegenstand von etwa 15 cm Höhe und einem Durchmesser von etwa 9 cm. Über ein Kabel ist dieser Zylinder mit einem kleinen Kästchen verbunden. Jetzt kommt Melanie nochmals kurz ins Wohnzimmer und ich höre sie „Alexa“ rufen und der Zylinder auf dem Boden scheint auf Sendung zu sein, denn er hat einen blauen Leuchtring. Dann ruft Melanie ganz laut: „Alexa, Pizza bei Alfredo, mit Sardellen und Artischocken“. Der komische Alexa-Gegenstand bestätigt die Bestellung. Melanie lacht zufrieden und grinsend meint sie zu mir: „Wie umständlich haben früher meine Eltern Bestellungen aufgeben müssen? Alexa ist für mich einfach toll. Ein Lautsprecher mit Vielfachmöglichkeiten. Neue Nachrichten, Lieblingslieder, Terminhandling, Einkaufslisten und Hörbücher anhören, alles ist möglich. Mit dem kleinen Zusatzgerät am Lautsprecher brauche ich noch nicht einmal mehr die PIN-Abfragen vor den Bestellungen vorzunehmen. Somit habe ich die Freigaben für Bestellungen bereits im Vorfeld gewährleistet“.
Zufrieden mir die größten Vorteile von Alexa aufgezählt zu haben, ist Melanie zurück in die Küche gegangen. Ich liege auf der Couch und habe die Fernsehfernbedienung vor mir liegen. Was liegt also näher als mit den Krallen andere Fernsehsender aufzurufen. Als dann Werbung über Torten auftaucht, ist der blaue Ring von Alexa plötzlich angegangen. Auch mit der Bestellung von Musikkarten für ein Konzert in Hamburg, scheint Alexa keine Probleme zu haben, wie ihr blauer Aufnahmering zeigt. Der Apparat scheint auch sehr arbeitsfreudig zu sein als es um eine Matratze, für seinen Bestellmodus geht. Der blaue Leuchtring suggeriert seine Zufriedenheit mit der Bestellung und bestätigt das ganze nochmals kurz wörtlich. Dann geht es weiter, jeweils mit dem „Blauen o.k.“ für ein Musical, eine Mitgliedschaft in einer Partnerbörse, eine Kiste Champagner, für Spenden nach Afrika und für Prospekte in ein fernes Reiseland.
Als Melanie nach einiger Zeit mit der Zubereitung des Essens fertig ist und uns die gefüllten Teller damit bringt, sieht sie gerade noch wie Alexa mit dem blauen Leuchtring soeben wieder eine Bestellung in die Wege geleitet hat. Ich esse gemütlich, während Melanie panikartig auf das Display ihres Handys schaut und nachzuvollziehen versucht was alles bestellt wurde. Mit Schweiß auf der Stirn hat sie dann einen Bekannten angerufen, der vorbeikommen soll um die gröbsten Bestellungen rückgängig zu machen. Dann hat sie komplett Alexa ausgeschaltet und dem Lautsprecher-Automaten einen kräftigen Fußtritt verpasst. Vom ersten Überschwang an Technikbegeisterung ist, außer einem wütenden Gesicht, nichts mehr übrig geblieben.
„Da wird nur unnötiger Schnickschnack bestellt und ich will lieber, wie früher, meine Bestellungen telefonisch aufgeben. Die „Old School“ ist doch immer noch das sicherste Verfahren“. Nachdenklich hat sie dann auch gegessen. Als ich mich miauend bedanke und verabschiede, hat sie noch einmal mein Fell gekrault