Das Kind der Königin. R. S. Volant. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: R. S. Volant
Издательство: Bookwire
Серия: Das Licht von Asconien
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752921342
Скачать книгу
hat Eure Majestät ganz sicher nicht betrogen! Es ist sicher so, wie ich es Euch bereits sagte, er kann sich nicht fallen lassen und hat schlichtweg Angst!“

      „So ein Blödsinn!“, rief Henry wütend aus, „wovor denn? Ich bettle ihn ja geradezu an, wieder so zu sein, wie früher“, sagte er barsch und leerte seinen Pokal erneut, den er danach ziemlich geräuschvoll wieder auf die Tischplatte zurückstellte.

      Gregorius schnaubte überfordert. „Dann weiß ich auch nicht weiter und rate Euch weiterhin zur Geduld, aber…“

      „Was, aber?“, brummte Henry genervt.

      „Da wäre noch etwas, das mir ein wenig Sorge bereitet“, flüsterte Gregorius plötzlich nur noch und Henry lehnte sich weiter zu ihm hin. „Seine Augen“, fuhr der Heiler fort und Henry sah ihn fragend an. „Die Pupillen gefallen mir gar nicht, ist Euch daran nichts aufgefallen?“

      „Bitte? Was meint Ihr?“

      „Sein Blick wirkt irgendwie verschleiert und die Pupillen sind Stecknadelkopf klein. Und dass, bei diesem dämmrigen Licht hier drinnen! Deshalb denke ich, dass es einen anderen Grund dafür hat. Nimmt er Opium?“, fragte der Heiler leise und Henry schien für einen Moment vollkommen perplex zu sein.

      „Nein“, antwortete er erstaunt, „also nicht, dass ich wüsste und woher, sollte er es haben? Fehlt Euch denn etwas davon?“

      „Nein, Eure Majestät, ich habe das letzte Fläschchen wieder an mich genommen, aber“, wieder zuckte er kopfschüttelnd die Achseln, „Eure Majestät sollten ihn beobachten und ihm öfter in die Augen sehen, nicht nur bei Tageslicht! Wenn seine Pupillen ungewöhnlich auf Dunkelheit reagieren sollten, weist dies daraufhin, dass etwas nicht stimmt! Ihr solltet mich dann umgehend rufen lassen“, meinte Gregorius und verbeugte sich kurz. „Und ansonsten Eure Majestät, wenn Ihr ihn liebt, habt Geduld“, riet er ihm nochmals sanft und wandte sich ans Gehen.

      „Meister Gregorius?“, rief da Amanoue plötzlich und blickte verstohlen zu beiden hin.

      „Ja?“, hielt der inne und drehte sich lächelnd zu ihm um.

      „Bitte, `err, wenn ich etwas dasu sagen darf?“, fragte Amanoue mit schiefgelegtem Kopf, so wie er es oft tat. Henry nickte auffordernd und Amanoue rutschte zur Bettkante hin. Er knetete einen Moment lang nervös seine zarten Finger und holte tief Luft.

      „Vielleischd, könntet Ihr misch doch verschneiden? Bald?“, fragte er, ohne aufzusehen und beide starrten ihn fassungslos an. „Dann wäre alles wieder gut“, fuhr Amanoue leiser fort und mit einem schüchternen Blick zu Henry hin. „Und die `err müsste sisch auch nischd mehr darüber ärgern, weil isch misch so dumm anstelle, weil isch dann doch nischds mehr fühlen könnte, da unten, oder? Alles, wäre wieder gut und die `err würde misch noch mehr lieb`aben, weil isch dann perfekt wäre“, sagte er seltsam ruhig.

      Gregorius taumelte fast und hielt sich am Tisch fest, während Henry nur kopfschüttelnd seine Stirn hielt. „Eure Majestät, könnte ich etwas Wein haben?“, fragte er bestürzt und Henry nickte schluckend. Sebastian, der inzwischen ebenfalls wieder aufgestanden und hinzugetreten war, schenkte ihm, Gregorius und sich selbst ein und alle drei tranken einen langen Zug.

      „Eure Majestät, es tut mir leid, dass ich dies nun sagen muss, aber ich befürchte, er ist nicht mehr ganz bei Sinnen“, murmelte der Heiler tief erschüttert. „Das ist mir schon einmal aufgefallen, noch auf der Burg des Herzogs!“, sagte er sehr besorgt. „Ich befürchte, dass sein Geisteszustand Schaden genommen hat!“

      „Was wollt Ihr damit sagen, dass er verrückt ist?“, schnaubte Henry ungläubig.

      „Nun, nicht direkt, aber eine Geisteskrankheit kann auch durch einen Schock ausgelöst werden und, Eure Majestät, denkt doch einmal über Amanoues bisheriges Leben nach! Bestand es nicht nur aus schockierenden Erlebnissen? Allein von dem, was wir über ihn wissen, würde jeder den Verstand verlieren!“, antwortete Gregorius und trank noch einmal. „Ich denke, dass er überhaupt nicht mehr weiß, wie er sich verhalten soll, geschweige denn, was er Euch gegenüber sagen soll! Er wurde als Knabe verschleppt, vergewaltigt und in die Prostitution gezwungen! Könnt Ihr Euch eigentlich vorstellen, was das bedeutet? Man hat ihm wahrscheinlich geradezu eingeprügelt, wie man sich als `gute´ Hure zu benehmen hat, jahrelang!“, betonte er zynisch. „Und jetzt kennt er es nicht anders, als sich genau so zu verhalten und plötzlich verlangt Ihr das genaue Gegenteil von ihm! Und noch mehr, sogar! Ihr, habt ihn da rausgeholt, er fängt an, Euch zu vertrauen und wird wieder bitter enttäuscht, schlimmer, verraten! Ihr klagt ihn der Hurerei an, lasst ihn an den Schandpfahl binden, nackt und bloß vor aller Augen und auspeitschen und als er endlich anfing, Euch erneut Vertrauen entgegen zu bringen, geschieht das Unfassbare, er wird von Euch verkauft und wieder zur Prostitution gezwungen! Und Ihr, Eure Majestät, versteht die Welt nicht mehr?“, lachte er sarkastisch auf. „Eure Majestät, mit Verlaub, aber ich glaube, da wäre jeder andere schon längst dem Wahnsinn verfallen, auch Ihr und ich!“

      „Dann bin ich also wieder einmal schuld an allem“, raunte Henry aufgebracht. „Wie immer! In Euren Augen!“

      „Seid still, alle beide!“, hörten sie plötzlich Amanoue jammern und sahen zu ihm hin. Er saß mit zusammen gepressten Augen auf der Bettkante und hielt sich mit beiden Händen die Ohren zu. Dann schnaufte er tief durch und sah sich geradezu ängstlich nach beiden Seiten um. „Geht weg“, flüsterte er, einige Male vor und zurückwippend.

      „Haltet Ihr das, noch für `Normal´?“, zischte Gregorius sarkastisch, trank seinen Becher leer und deutete damit in Amanoues Richtung, als der plötzlich aufsprang.

      „Nein, `err“, rief er hektisch, „Isch bin nischd verrückt! `ört nischd auf ihn, bitte! Isch bin schuld, isch allein!“, flehte er und warf sich vor Henry nieder. „Manou wird gans brav sein und wieder lieb, so wie die `err es wünscht! Manou kann nischds dafür, immer kommen sie und reden auf misch ein, so wie eben, aber jesd sind sie fort! Und dann kommt die böse Amanoue wieder in mir durch und sagt dummes Seug, aber nischd isch! Manou wird alles wiedergutmachen und Eusch wieder Freude bereiten, ja? Wenn diese eklische, widerlische Ding, da unten, was die `err so `ässlisch findet, erst weg ist, bin isch auch wieder rein und perfekt und die `err kann misch wieder schön finden und lieb`aben. Isch werde es auch selbst tun, wenn Gregorius es nischd machen möschte“, faselte er mit einem seltsam entrückten Gesichtsausdruck und wirr zwischen ihnen hin und hersehend.

      Gregorius seufzte nur dazu, so als wolle er damit seine Meinung bestätigen, Sebastian war den Tränen nahe und Henry schloss bestürzt seine Augen. Dann zog er Amanoue sanft an den Oberarmen zu sich auf den Schoß.

      „Alles, wird wieder gut, Manou versprischt es die `err“, sagte Amanoue ernst und sah ihn an, wie ein Kind, das seinem Vater versprach, sich zu bessern. Henry konnte ihn nur noch schluchzend an sich drücken.

      „Oh Gott, Liebling, bitte, tu dir nichts an“, flehte er geradezu, „ich liebe dich so, wie du bist, hörst du?! Alles! Alles, an dir, ist doch schon perfekt! Wie konnte ich nur jemals sowas zu dir sagen?“, stammelte er aufgelöst und Amanoue immer wieder hastig über das Gesicht streichend, doch der sah ihn weiterhin nur verzückt lächelnd an und wirkte dabei so, als würde er überhaupt nicht verstehen, um was es eigentlich ging. „Liebling, bitte verzeih mir“, schluchzte Henry verzweifelt, „ich habe das doch nur gesagt, weil ich dich damals verletzen wollte, verstehst du? Nichts, an dir, ist widerlich oder hässlich! Und ich verstehe mich selbst nicht mehr, warum ich überhaupt jemals so einen verdammten Unsinn dahergeredet habe! Bitte, Liebling, du musst mir glauben“, flehte er bitterlich weinend.

      „Arme `err“, sagte Amanoue monoton, „muss weinen, wegen böse Sklave Amanoue.“

      „Großer Gott, Amanoue, hör doch auf“, beschwor Henry ihn und schüttelte ihn an den Schultern durch. „Du bist nicht böse! Ich, ich, hörst du, bin böse! Weil ich dir das alles angetan habe! Aber ich liebe dich, so sehr, dass ich einfach nur Angst hatte, dass du mich verlassen könntest, verstehst du?“

      „Ja, `err“, antwortete Amanoue mit schiefgelegtem Kopf. Er streichelte Henry mitleidig über die Wange und schnaufte schwer durch. „Arme,