Rolands Lied. Jochen Schmitt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jochen Schmitt
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847605355
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dort auf ihre Weise!

       Die Strohwitwer am Königshofe nutzten die ihnen zugefallene Freiheit. Die genannten anderen „Damen“ auch. Sie warteten vor ihren Zelten auf den regen Zulauf und kassierten.

      Die männlichen Artisten hatten es schwerer. Sie mussten erst mal den Haushofmeier von ihrem Wert überzeugen, ehe sie zum Amüsement des Königs geladen, und nach überzeugendem Auftritt entsprechend belohnt wurden. Einige hatten es leichter. Sie trugen einen bekannten Namen als Erzähler oder Sänger von Sagen und Märchen aus Geschichte, Volksmund und Tausendundeiner Nacht. Sie traten in wechselnder Reihenfolge auf und sangen von Troja und Odysseus, von Siegfried und seinem Hausdrachen Kriemhild, vom Krieg im fernen Byzanz zwischen dem dortigen Kaiser der Romäer und dem christenmordenden und -schindenden Islam. Da ließ es sich mal so richtig gruseln und schaudern.

      Dieser Erzähler schilderte die Schandtaten des Islam gekonnt lebendig. Er ließ in der Phantasie der Anwesenden den hunderttausendfach im Namen Allahs erlittenen bestialischen Mord an den Männern aufleben, ihre Folterung und Kastrierung. Er beschrieb eingehend die Szenen der brutalen Vergewaltigungen der Frauen und Töchter. Die Beschreibung ihrer anschließenden elenden und jammervollen Märsche in die endgültige Versklavung weckte den Grimm der Franken. Besser hätte auch das bekannte Hetz- und Lügenblatt der größten deutschen Minderheit, der Neandertaler, die Stimmung nicht anheizen können. Die Ironie der Stunde, die Gegenwart der Maurenbotschafter, und dass die Franken im Sachsenland nicht anders gehaust - niemand bemerkte sie. Abdallahs Auftrag war danach erfüllt. Dem Wunsch des Emirs begegnete kein Widerspruch, als der Reichstag sich später diesem Thema zuwandte.

      Vergleichsweise ähnlich leicht gelang den Tanzgruppen der Zugang. Die jungen exotischen Sklavinnen, von ihren cleveren Zuhältern und Eigentümern ebenso bunt entkleidet, wie in allen Hautfarben zugegen, entfachten mit erotischen Tänzen die Lüste der Zuschauer, die sie dann später des Nachts in deren Zelten wieder abbauten. Gegen entsprechende Belohnung, natürlich, deren Höhe mehr von ihren nächtlichen Leistungen als vom Auftritt zuvor bestimmt wurde.

      Die Gaukler hatten es schwerer. Nur wer mit seinen Künsten im Radschlagen, im Jonglieren oder im Verschlingen von Feuer und Schwert den Haushofmeier überzeugte, kam abends zum Auftritt im Saal und einer Entlohnung.

       Den überwältigen Erfolg dieser Gruppe hatte der mit der Tanzbärin. Die ließ er nicht nur vor dem thronenden König tanzen. Sie verneigte sich beim Abgang, senkte ihr mächtiges Haupt vor Karl, und verabschiedete sich von ihm mit einem zierlichen damenhaften Knicks. Sie und ihr Meister mussten nun jeden Abend dabei sein.

       Im Anschluss an den ersten Auftritt bekamen die Anwesenden eine Sonderzulage. Der zu dieser späten Stunde vom Wein schon reichlich beflügelte Graf Roland flankte von der Empore, verneigte sich vor der Bärendame und bat sie zum Tanz!

      Ein befehlendes Schnippen der Finger in Richtung Musik. Leise gab die Trommel den Takt vor. Zimbel, Laute und Zither fielen ein. Jedenfalls die Urahnen davon. Es entstand die benötigte Geräuschkulisse. Sie entsprach in etwa dem Lärm, den Dieter Bohlen erzeugt, sofern man ihn lässt.

       Die wirkte wie elektrisierend auf die Bärin. Sie streckte ihre Klauen aus. Der Graf umschloss sie mit seinen Händen. Artig folgte ihm die Tänzerin und legte mit ihm einen langsamen Reigen, eine Art frühen Walzer aufs Parkett. Lachen, Grölen, und der Beifall donnerte dass die Wände wackelten. So lustig, wie dieser Reichstag im Ausland war noch keiner gewesen, so die allgemeine Meinung danach.

      Spannender war die Einlage am folgenden Abend. Wieder der vom Wein beflügelte Roland. Nach emsiger Diskussion mit Abdallah über Vorzüge oder Nachteile von Schwert und Krummsäbel, von Fechtkunst und Finten, forderte er Abdallah zum Schaukampf. König Karl brauchte nicht überredet zu werden. Er ordnete an, dass zwei Schilde und zwei gleichwertige Waffen, ein Trainingsschwert und ein stumpfer Krummsäbel geholt wurden. Denn Turandal, Rolands neues Schwert mit dem grünen Edelstein, hätte Wunden schlagen oder töten können.

       Die Trainingswaffen waren eigentlich keine richtigen Degen sondern Eisenknüppel in Schwertform, ohne Schneide oder Spitze. Sie hatten bei der Ausbildung und im Training eine Doppelfunktion. Sie stärkten die Arme! Und wer einen Fehler machte, musste einen schmerzhaften Hieb hinnehmen. So was erzieht zur Vor- und Umsicht.

       Roland, wie nicht anders zu erwarten, überließ dem Mauren den Vortritt. Die Kämpfer traten vor des Königs Stuhl, verneigten sich, traten in Position und Karl gab den Kampf frei.

      Es folgte zunächst nur Schau. Die beiden prügelten sich warm. Dem Schwerthieb folgte dröhnendes Echo vom getroffenen Schild. Nun umgekehrt vom anderen. Dann wurde dem sachkundigen Publikum der Übergang zum Fechtkampf erkennbar. Erste Finten. Es folgten Paraden. Rufe der Begeisterung kamen auf, und laute Kritik. Nun klirrten in schneller Folge die Eisen aufeinander. Die Schilde, überflüssig nun, flogen beiseite. Beide kämpften ohne jeden Schutz im knappen engen Untergewand. Das machte die Sache so spannend. Ein echter Treffer hätte ein k.o. zur Folge gehabt. Mehrfach war einer von ihnen nahe daran. Es gab Streifschäden, Schürfungen, blaue Flecken auf beiden Seiten. Der Kampf wogte hin und her. Mal trieb der Graf den Mauren mit schnellen kräftigen Schlägen vor sich her. Musste vor einer blitzschnellen Finte Abdallahs, auf seinen Bauch gezielt, zurückschnellen. Nun trieb der Maure den Franken mit einem Gewitter von Säbelschlägen, Querhieben und -stößen in die andere Ecke.

      Als nichts zum Ziele führte, versuchte der Graf seinen letzten Trick. Um mehr als einen Kopf kleiner, schien der eigentlich unterlegen. Seine übergroße Körperkraft glich das deutlich aus. Nun nutzte er die Bodennähe seiner Figur, ließ sich fallen und hieb quer gegen des Mauren Knöchel. Abdallah sah es im letzten Moment, dass der vermeintlich Gestürzte in Wirklichkeit eine List einsetzte. Nur seine körperliche, hochtrainierte Chassa-Gewandtheit rettete ihn. Er hüpfte so hoch er vermochte, ließ des Grafen Klinge unter seine Füssen durchsausen, und suchte nach seinem Gleichgewicht.

      Hier griff Karl ein. Abwechslung ist das halbe Leben. Um Schau war es gegangen. Echte Verletzung war nicht erwünscht. Die beiden Kämpen hatten zur Genüge bewiesen, dass sie mit ihren so grundverschiedenen Waffen meisterlich umzugehen wussten. Sensationelle Darbietungen anderer Gaukler warteten. Er machte dieser Schau ein Ende und befahl die Kämpen vor seinen Stuhl. Eginhard zuzwinkernd, zählten er und sein Salomon bei jedem 11 blaue Flecken und Schrammen.

       „Unentschieden!“ Dröhnte Karl sein unanfechtbares Schiedsrichter-Urteil in den Saal. Sein Kanzler Eginhard, der stets umsichtiger Verwaltungsmeister, hielt ihm zwei gleichwertige goldene Ringe hin. Mit denen zeichnete er die beiden aus. Donnernd brandete der Beifall.

      Die eleganten Mauren-Chassas hatten nicht nur bei den Männern Eindruck erzeugt. Bei den wenigen anwesenden Damen, ihren Mägden und Sklavinnen noch mehr. Diese schlanken braunen jungen Männer, ihre elegante und exotische Kleidung, ihr selbstbewusstes und höfisch gewandtes Auftreten ließ ihnen die Herzen der Weiblichkeit zufliegen. Exotik ist die Mutter des Charmes! Keiner unter den vier musste gegen Bezahlung die Dienste in jenen Zelten in Anspruch nehmen. Ganz im Gegenteil. Die Gelage im Königssaal endeten gewöhnlich mit Ehemännern im Bett, die nahe einem Koma schnarchten. Was lag da noch näher? Eine besonders mutige oder leichtsinnige hohe Dame fasste sich ein Herz! Sie eröffnete gleich am ersten Abend den nachfolgenden Reigen. Eine vertraute Magd überbrachte unauffällig die Botschaft. Zu später Stunde fand zusammen was zusammen gehört.

      Der überwältigende Erfolg eines beiderseits entladenen Aufstaus durfte der besten Freundin nicht vorenthalten werden. Die prüfte ihrerseits die Fakten. Bald wusste alle Weiblichkeit Bescheid. Die potenten Chassas waren gemäß ihrem Ritterethos allzeit ebenso einsatzwillig, wie auch ebenso einsatzbereit. Frühe Pfadfinder halt! Waren die Damen befriedigt, nahmen sich ihre Töchter und Mägde der Mauren-Ritter an. Die Tage mussten zu einem guten Teil der Erholung und dem nachzuholenden Schlaf gewidmet werden. Die Nächte waren voll ausgebucht.

      Selbst Abdallah wurde einbezogen. Seine Gotin hatte ihn zwar regelmäßig bedient und seine Not war demgemäß gering. Ein entsprechend zugeflüstertes Angebot weckte dennoch seine Neugier, und Abwechslung ist ohnehin das halbe Leben. Nur ein schlechter Kater will stets vor demselben Loch mausen, und der emsige Hahn wird selten fett - das waren seine Lebensmaximen. Er eilte zum geheimen Treffen im Dunkel und war nicht wenig überrascht, als sich nach einem recht erschöpfenden zweiten Durchgang