«Wenn du nicht richtig kannst, dann habe ich da einen ganz speziellen Trick. Willst du, dass ich ihn mal ausprobiere?» frage ich, bevor die Vampirin endgültig das Steuer übernehmen kann. Doch als ich mich gerade gehen lassen will, packt mich Pierre, wirft mich auf den Rücken und drückt mich mit seiner Kraft in die Kissen. Seine Augen blitzen gelb.
«Ich brauche keine Tricks, um wegen dir heiß zu werden. Du bekommst deine Belohnung, aber ganz langsam. Ganz langsam. Du wirst heute noch um Gnade betteln, das verspreche ich dir.»
Damit verschlingt er mich in einem innigen Kuss, während eine Hand unter mein Nachthemd und in Richtung meiner Brüste wandert.
Eine Stunde später liegen wir in den wunderbaren Nachbeben unserer Liebe Arm in Arm. Meine Vampirin hat sich befriedigt zurückgezogen, die düsteren Gedanken meines Traums sind vertrieben. Eigentlich ist das eine ganz nette Form der Therapie. Unser Liebesleben war schon vor meiner Verwandlung heiß gewesen, doch seitdem meine Vampirin mitmischt, können wir froh sein, überhaupt noch außerhalb des Bettes Zeit für andere Dinge zu finden. Charles, der das als Teil des Haushaltes am ehesten mitbekommt, muss denken, wir wären verrückt geworden. Aber in seiner zurückhaltenden Art akzeptiert er alles, was seine Herrschaften sich so alles leisten.
Pierre ist wieder in einen Halbschlaf gefallen, weshalb ich ihm einen sanften Kuss auf die Stirn gebe, als die Sonne langsam in unserem Fenster erscheint.
«Ich dusche zuerst, Schatz. Was hast du heute vor?»
«Heute kommen ein paar Bewerber für die Stelle, die wir ausgeschrieben haben. Aber ich habe Zeit, der erste ist für elf eingeladen.» murmelt Pierre.
«Gut, ich warte dann unten, bis du fertig bist. Ich will Großvater besuchen.»
Pierre brummt zustimmend und ich winde mich aus der Bettdecke. Ich dusche so heiß, dass Dampfschwaden durch das Badezimmer ziehen. Als Vampirin macht mir weder Kälte noch Hitze sonderlich viel aus. Die Hitze erinnert mich an die Hitze zwischen Pierre und mir, so dass ich diese Art zu duschen mit sehr angenehmen Erinnerungen verbinden kann. Anschließend ziehe ich mich bequem an, Jeans und T-Shirt. Ich statte Großvater einen Arbeitsbesuch ab, um zu sehen, wie er die hinter uns liegende Lese kräftemäßig überstanden hat. In den letzten zwei Tagen haben wir das letzte Feld für die geplante Spätlese abgeerntet, und auch wenn Jules die meiste harte Arbeit leistet, lässt es sich Großvater nicht nehmen, in allen Phasen dabei zu sein.
Ich habe natürlich auch mit angepackt, wo es nur ging. Offiziell soll ich das Weingut einmal übernehmen, doch ich weiß bereits, dass das nicht möglich sein wird. Da Pierre und ich zu Tante Annas Clan gehören und die europäischen Vampire sie nicht als Herrscherin anerkennen, dürfen wir nur mit der Sondergenehmigung von Vlad Dracul hier wohnen, solange Großvater lebt. Sollte ich einmal das Weingut erben, dann müssen wir diese Gegend verlassen. Aber es war immer mein Traum gewesen, ein Weingut zu betreiben, also will ich alles lernen, was Großvater mir beibringen kann.
Während ich mich anziehe beobachtet mich Pierre aus halb geöffneten Augen, als wäre er ein fast verhungerter Löwe und ich eine schmackhafte Gazelle. Bevor ich nach unten gehe, gebe ich ihm einen Kuss auf die Nasenspitze.
«Und da ruft mich einer Madame Nimmersatt. Was denkst du wohl, wenn du mich dermaßen anstarrst?»
Blitzschnell zieht mich Pierre zu sich herunter, als ich mich gerade aufrichten will. Lachend gebe ich nach und küsse ihn.
«Ich komme lediglich meinen ehelichen Pflichten nach.»
Schnell winde ich mich aus seinen Armen, bevor er es schafft, mich ganz in sein Bett zu ziehen und meine Haare wieder durcheinander zu bringen. Es macht unendlich viel Mühe, die Haare zu ordnen, wenn man sich nicht in einem Spiegel sehen kann.
«So, so, lediglich Pflichten. Ich bedaure dich zutiefst. Aber ich frage mal den Priester, ich bin sicher, es gibt ein Gesetz gegen diese Lüsternheit, die du an den Tag legst.»
«Wehe. Dann erzähle ich ihm von den verruchten Methoden, mit denen du harmlos schlafende Männer am Morgen weckst.»
«Du weißt doch Schatz. Jeder muss Opfer bringen, wenn die Pflicht ruft.»
Lachend verschwinde ich durch die Tür, bevor mich das Kissen treffen kann, das Pierre nach mir geworfen hat. Ich habe mir die vampirische Art zu gehen angewöhnt, deshalb bin ich sicher, dass ich kein für Menschen wahrnehmbares Geräusch mache, als ich unser Wohnzimmer betrete. Dennoch steht Charles fast unmittelbar danach in dem Durchgang zum Küchenbereich, der mehr oder weniger sein Herrschaftsgebiet ist. Pierre und mir ist es nur unter Auflage strenger Beschränkungen erlaubt, dort einzudringen.
«Guten Morgen Madame. Wünschen Sie das Übliche?»
«Guten Morgen Charles. Ja bitte.»
Eigentlich haben wir auch ein Esszimmer, aber da Pierre und ich nichts mehr essen, haben wir uns angewöhnt, im Wohnzimmer zu frühstücken, was eigentlich nur einige Tassen Kaffee bedeutet, für Pierre schwarz und für mich mit Milch. Charles bereitet den besten Kaffee zu, den ich kenne, er kocht und backt auch ganz hervorragend, aber diese Seite an ihm kann ich nun niemals wieder würdigen.
Während ich auf Pierre und meinen Kaffee warte, blättere ich ein wenig in der Lokalzeitung, die Charles für uns bereitgelegt hat. Eigentlich ist Lorgues tiefste Provinz, noch sehr dörflich im Charakter, wenn man von der zentralen Kirche mit angeschlossenem Kloster absieht. Im Grunde viel zu dörflich für ein Vampirehepaar, unsereiner fällt in so einer Umgebung viel schneller auf, als in der Anonymität der Stadt. Deshalb müssen Pierre und ich auch immer in eine größere Stadt fahren, wenn wir trinken müssen. Etwas, was mir noch sehr unangenehm ist, denn die freien Blutwirte stellen sich nur deshalb zur Verfügung, weil unser Biss sie so sehr erregt. Sex gegen Blut lautet das Geschäft, was schon schwierig genug ist, wenn man als einzelner Vampir einen Blutwirt sucht.
In diesem Augenblick kommt Charles mit meinem Kaffee herein, doch neben dem Duft des Getränks bemerke ich sofort einen anderen Geruch. Charles hat eine frisch gebackene Brioche neben meine Tasse gestellt, so wie er es früher oft gemacht hat. Ich habe diese Brioches immer geliebt, fast so sehr, wie Catherines Crêpes. Der Anblick des Gebäcks macht mich traurig. Ich bin dem Tod entkommen, ich habe viel gewonnen, aber ich habe auch sehr viel verloren.
Meine Kehle ist wie zugeschnürt, so dass ich gar nichts sagen kann, während Charles das Geschirr vor mir arrangiert, auch wie früher. Offenbar merkt er gar nicht, was er da anrichtet, deshalb überwinde ich mich, als er sich gerade abwenden will.
«Charles?»
Er wendet sich mir zu und schaut erwartungsvoll.
«Madame?»
Schweigend schiebe ich den Teller mit der Brioche von mir und schüttele leicht den Kopf. Charles starrt einen Augenblick verblüfft, dann wird er kreidebleich.
«Oh Gott. Was habe ich getan … Verzeihen Sie Madame, es tut mir schrecklich leid. Ich habe tatsächlich ganz vergessen … »
Hastig rafft er den Teller und das zugehörige Besteck zusammen, ohne in der Lage zu sein, mir in die Augen zu schauen. Für jemanden, der so sehr auf Korrektheit Wert legt, wie Charles, muss seine Vergessenheit eine mittlere Katastrophe sein.
«Es tut mir leid, Charles. Ich habe deine Brioches immer geliebt. Ich würde viel dafür geben, sie noch einmal kosten zu können.»
Doch die Traurigkeit in meiner Stimme macht die Sache nur noch schlimmer. Charles scheint den Tränen nahe.
«Ein unverzeihlicher Fehler, Madame. Ich diene ihnen schlecht. Ich bin in letzter Zeit so vergesslich. Bitte bestrafen sie mich, ich will alles auf mich nehmen, es ist alleine meine Schuld.»
Beladen mit dem Teller und dem Besteck will er in seinen Bereich fliehen. Doch das lasse ich nicht zu. Bevor er die Tür erreicht, bin ich bei ihm und halte ihn zurück.
«Halt Charles. Jeder kann mal einen