REMEMBER HIS STORY. Celine Ziegler. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Celine Ziegler
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783738076646
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Augen zu wischen, weil es brennt wie die Hölle. Und es stinkt. Und es ist kalt. Und es tut einfach weh. „Was ist nur los mit euch?“, frage ich zu laut für meine Verhältnisse in die Runde, während ich den widerlichen Geschmack des Wodkas auf meinen Lippen schmecke, der mich fast dazu bringt, mich zu übergeben. „Was habe ich euch getan?“

      Connor wirft wieder lachend den Deckel der Wodkaflasche nach mir. „Halt’s Maul und heul nicht so rum. Du bist hier nicht weiter erwünscht, du machst alles nass.“

      Wie vor den Kopf geschlagen, starre ich Connor an, dann sehe ich zu Nathan, der – zu meinem Entsetzen – lachend in seinem Sessel sitzt. „Und du willst nichts dazu sagen?“, brülle ich ihn an.

      Er sieht mich amüsiert an. „Wozu?“

      Ich würde ihm am liebsten den Kopf abschlagen. „Darüber, wie deine Freunde mit mir umgehen?“

      „Mir doch egal, wie die mit dir umgehen. Dein Pech, wenn du dich verhältst wie die beschissene Jungfrau Maria.“

      Mir klappt der Mund auf. Was fällt ihm ein? Mag ja sein, dass Nathan einen schlechten Charakter hat, aber selbst so etwas hätte ich ihm niemals zugetraut. Das ist unter aller Sau. „Du bist widerlich“, zische ich und gehe eingeschnappt um den Tisch herum, remple mit Absicht seine Beine an, die mir im Weg stehen. „Ich werde gehen.“

      Auf hundertachtzig stürme ich aus dem Haus, ziehe mir währenddessen die durchnässte Mütze vom Kopf und stopfe sie angewidert in meine Jackentasche. Das ist das Allerletzte. Ich hatte viel erwartet, als ich auf Nathans Motorrad gestiegen bin, doch ganz bestimmt nicht das. Meine Mutter wird mich umbringen, wenn ich nach Rauch und Alkohol riechend nach Hause komme. Sie wird mich anbrüllen und ich bekomme Ärger, nur weil ich so naiv war und dachte, Nathan und ich könnten vielleicht Freunde werden.

      Ich laufe die mittlerweile dunkle Gasse entlang und ziehe mir die nasse Jacke von den Schultern. Ich kann sie keinen Meter mehr tragen, sie widert mich nur noch an. Ich kann sie nie wieder tragen. Sie wird wohl im Müllcontainer landen. Dank Nathan. Dank seinen bescheuerten Freunden.

      „Hey!“, ruft jemand nach mir, der eindeutig Nathan ist.

      Doch ich ignoriere ihn und stampfe weiter. Er kann mich mal. Ich lasse mir diese Beleidigungen nicht mehr bieten. Ich wollte immer nett zu ihm sein, immer, doch er ist noch genauso gemein wie damals.

      „Honor, jetzt bleib stehen, man!“, höre ich seine Stimme, die immer näher kommt.

      Als ich gerade um die Ecke gehen will, zieht er an meinem Arm, worauf ich mich aufgebracht zu ihm umdrehe. „Was?“, schreie ich. „Was willst du?“

      Er sieht mich ernst an. „Schrei mich nicht an, du hast dir die Scheiße selbst zuzuschreiben!“

      „Ich habe es mir selbst zuzuschreiben? Ich habe nichts getan!“

      Er lacht. „Wenn du nicht so beschissen langweilig wärst, würde dir der Mist gar nicht erst in den Haaren kleben.“

      „Du meinst wohl eher, wenn ich genauso asozial wie deine Freunde wäre!“

      „Nein, ich meinte, wenn du nicht so scheiße langweilig wärst“, sagt er locker.

      „Wieso rede ich überhaupt noch mit dir?“, rufe ich aufgebracht und werfe die Hände in die Luft. „Es hat doch keinen Zweck!“

      „Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass du dich nicht für meinen Mist interessieren solltest.“

      Erzürnt drehe ich mich von ihm weg und gehe in irgendeine Richtung. Ich habe keine Ahnung, wo ich bin, aber ich will einfach weg. Ich will von ihm weg.

      „Wo willst du hin?“, ruft er mir hinterher und ich höre seine Schritte. „Du hast doch keine Ahnung, wo du bist!“

      „Mir egal!“, rufe ich zurück und sehe nicht mal zu ihm. Ich bin froh, dass wir allein hier sind, denn Nathan ruft definitiv nicht die beste Seite in mir hervor. „Ich will einfach keine weitere Sekunde hier bei dir verbringen!“

      „Das hättest du dir vielleicht überlegen sollen, bevor du mit mir gekommen bist, meinst du nicht?“

      Diesmal ist er derjenige, der mir folgt, und ich diejenige, die ihn nicht in ihrer Nähe haben will.

      Außer mir vor Wut drehe ich mich wieder zu ihm um.

      Er ist ungefähr zwei Meter von mir entfernt. Er steht in der Dunkelheit, als wäre er dort geboren. Nathan passt perfekt hierhin.

      „Ich hätte mir vielleicht auch vorher überlegen sollen, ob ich überhaupt auch nur einen einzigen Gedanken an dich verschwende!“, schreie ich ihm zu. „Ich wollte immer nur nett sein, Nathan, immer! Aber heute hast du mir einfach bewiesen, dass alles umsonst war, schon als ich klein war!“

      „Ich habe dir tausend Mal gesagt, dass ich kein Bock auf dich habe, also rede hier nicht so einen Mist!“

      Ungläubig schüttle ich den Kopf und drehe mich wieder um, gehe weiter geradeaus, spüre die Kälte, die meinen Kiefer zum Zittern bringt, weil die Nässe mich noch mehr zum Frieren bringt.

      „Warum renne ich dir eigentlich hinterher?“, höre ich Nathan fluchen. „Sieh zu, wie du nach Hause kommst, ich habe dir gesagt, dass es eine beschissene Entscheidung war, mit mir zu kommen!“

      Ein großer Teil von mir wusste, dass so was passieren würde, als ich auf Nathans Motorrad gestiegen bin, und ein anderer, kleinerer, dümmerer Teil hatte gehofft, dass man vielleicht leibhaftig mit ihm reden könnte und er mal kein arroganter Vollidiot ist. Schon seit einer Stunde frage ich mich selbst, wieso ich überhaupt zugelassen habe, dass er so viel Platz in meinem Kopf einnimmt.

      Er hat mir doch schon als Achtjährige ständig wehgetan, wieso lasse ich das selbst zehn Jahre später noch zu?

      Nathan ist ein arroganter Mistkerl mit einem riesigen Ego und so jemanden sollte ich nicht in mein Leben lassen, vor allem, wenn er mich schon zum zweiten Mal allein in der Kälte lässt. Ich habe keine Ahnung, wo ich bin, mein Handy ist kaputt durch den Wodka und ich stinke nach Alkohol, außerdem friere ich mich beinahe zu Tode, weil meine Haare einfach nicht trocknen wollen.

      Schlechte Entscheidung hat er gesagt, als ich mit ihm gekommen bin. Hätte ich doch nur auf ihn gehört. Mittlerweile ist es schon nach neun Uhr und meine Eltern werden stinksauer sein, weil ich nicht mal Mama geschrieben habe. Es würde mich nicht wundern, wenn sie die Polizei rufen, wenn ich nicht vor zwölf Uhr zu Hause bin. Meine Mutter ist in solchen Fällen sehr pingelig, dennoch wäre es mir recht, wenn sie nach mir suchen würde, denn ich bin mir sicher, dass meine Haarspitzen bereits Eispartikel bilden vor lauter Kälte.

      Ich presse meine Knie noch enger an meine Brust und lege meine mittlerweile nur noch halbnasse Jacke über mich. Den Wodkageruch ignoriere ich einfach, indem ich nur durch den Mund atme und an etwas Schönes denke.

      Blumen. Ja, Blumen. Ich stelle mir vor, ich würde in einem Blumenbeet liegen und ein paar davon in mein Buch kleben, das ich Papa zum Geburtstag schenken möchte.

      Ich schrecke auf, weil plötzlich ein lauter Motor gemischt mit quietschenden Reifen auf der Straße neben mir ertönt.

      Ich erkenne erst Nathans Gestalt, als er stehen bleibt und sein Licht ausschaltet, das direkt in meine Richtung geleuchtet hat. Er zieht seinen Helm ab, stemmt sein Motorrad auf den Ständer und kommt auf mich zugestampft. Nathan sieht mehr als zornig aus.

      Ich wende mich von ihm ab und beachte nicht mal ansatzweise seinen wütenden Ausdruck. Er beeindruckt mich damit nicht mehr, für mich ist er nur noch lächerlich.

      „Hast du Connors Brieftasche geklaut?“, fragt er mich aggressiv und stellt sich einen Meter von der Bank hin.

      Ich sehe ihn ungläubig an. Das kann doch nicht sein Ernst sein. „Wie bitte?“

      „Du hast mich verstanden“, zischt er. Selbst durch die Dunkelheit kann ich das Düstere in seinen Augen erkennen.

      „Warum sollte ich seine Brieftasche stehlen?“

      „Um